Themar:„Vision nazifreies Thüringen“: Punkband in Rechts-Hochburg

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Der Sänger der linken Punkband Feine Sahne Fischfilet kann die Frustration von Bewohnern in ländlichen Gebieten nachvollziehen. "Wenn auf dem Land keine Busse...

Direkt aus dem dpa-Newskanal: Dieser Text wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von der SZ-Redaktion nicht bearbeitet.

Themar (dpa/th) - Der Sänger der linken Punkband Feine Sahne Fischfilet kann die Frustration von Bewohnern in ländlichen Gebieten nachvollziehen. „Wenn auf dem Land keine Busse mehr fahren, der Handy-Empfang kacke ist, dann sind die Leute doch völlig zu Recht angekotzt“, sagte Jan „Monchi“ Gorkow am Samstag im thüringischen Themar im Gespräch mit der dpa. Das sei aus seiner Sicht aber kein Grund, rechte Parteien und Politiker zu wählen.

Die Gruppe aus Mecklenburg-Vorpommern, die sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus engagiert, spielte am Samstag in der als Hochburg für Rechtsrock-Veranstaltungen bekannt gewordenen Kleinstadt ein Konzert vor rund 300 Besuchern. Die Band hatte den Abend vor allem auch als Unterstützung für die Ehrenamtlichen der Region angekündigt, die sich gegen die rechte Szene dort einsetzen.

Die Band verwies auch auf die anstehende Landtagswahl in Thüringen am 27. Oktober. Er hoffe, dass das Konzert den Engagierten in Themar und Umgebung ein kleines bisschen Kraft gebe, sagte Gorkow während des Konzerts. Zuvor hatte er gesagt, er gehe davon aus, dass die AfD bei der Wahl viele Wählerstimmen erhalte. „Ich sage ja nicht, dass alle AfD-Wähler Nazis sind, aber sie sind zumindest bereit, Nazis zu wählen“.

Im Publikum in Themar fanden sich viele junge Leute, aber auch ältere Semester. „Wir wurden hier von Ü-50-Muttis begrüßt, die sich bedankten, dass wir gekommen sind - das ist für uns etwas Besonderes“, sagte Gorkow. Viele der Besucher, die vor allem aus der näheren Region und aus Themar selbst kamen, trugen T-Shirts der Band, oder auch Kleidung mit der Aufschrift „Die Vision - nazifrei - für Thüringen“. Das Publikum sang viele Liedzeilen mit und tanzte.

Die Polizei war in Themar mit vielen Einsatzkräften und -wagen vor Ort: Da ein bekannter Neonazi eine Gegenversammlung in der Nähe mit allerdings nur wenigen Teilnehmern angemeldet hatte, war die zuständige Ordnungsbehörde von einer potenziellen Gefahrenlage ausgegangen. Der Abend sei aber friedlich verlaufen, hieß es bei der Polizei.

Im Sommer fand in der 2800-Einwohner-Stadt Themar im dritten Jahr in Folge ein Rechtsrock-Festival mit Hunderten Besuchern statt. 2017 waren es 6000 Besucher aus ganz Europa gewesen. Initiativen organisieren regelmäßig Gegenveranstaltungen.

Feine Sahne Fischfilet setzt sich seit langem gegen Rechtsextremismus ein, erntet damit auch Kritik und sieht sich mit Anfeindungen und Linksextremismus-Vorwürfen konfrontiert, die die Gruppe zurückweist. Die Band war zeitweilig im Visier des Verfassungsschutzes und erhält regelmäßig Drohungen von rechten Gruppen.

„Man darf die Angst nicht die Seele aufessen lassen“, erklärte Gorkow zu den Anfeindungen. „Wichtig ist, dass es eben doch noch geile Leute gibt. Und zwar auch an Orten wie hier in Themar.“ Deshalb sei es für die Band genauso ein Privileg sowohl vor Zehntausenden auf großen Festivals als auch vor wenigen Engagierten Konzerte zu spielen.

Um Frustration im Engagement gegen Rechts vorzubeugen, empfahl Gorkow: „Die beste Medizin ist da, sich auch mal mit anderen Dingen als Politik zu beschäftigen; mal zu chillen, Fußball zu gucken oder FKK baden zu gehen. Wichtig ist, nicht die Lebenslust zu verlieren.“

Themars parteiloser Bürgermeister, Hubert Böse, sagte vor dem Konzert: „Auch zu Feine Sahne Fischfilet gibt es unterschiedlichste Auffassungen. Die Gruppe eckt wohl mit provokanten Texten in der Öffentlichkeit an - so wie das junge Leute schon immer für sich in Anspruch genommen haben.“ Er sehe in dem Konzert eine Veranstaltung, bei der sich Menschen gegen rechtsextreme Umtriebe einsetzten.

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