Sprachlabor (88):Man muss es nur richtig schreiben

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger erklärt den feinen Unterschied.

"JEDER WEISS, was so ein Mai-/ käfer für ein Vogel sei", sagt Wilhelm Busch. Das gilt auch für den Algorithmus. Jeder weiß (so auch der Brockhaus, dem wir das Folgende entnehmen), dass er eine Folge von exakten Arbeitsanweisungen ist, durch die der Lösungsweg einer Rechenaufgabe eindeutig beschrieben wird. Trotzdem wissen viele nicht, wie er geschrieben wird, und wenn, wie kürzlich geschehen, ein Kollege von "Algorhythmen" berichtet, ist bei den kundigen Lesern der Schmerz groß und die Süffisanz noch größer: Ob da, fragen sie listig, wohl Alko-Rhythmen im Spiel gewesen seien. Der Algorhythmus hält unter den Fehlern einen der vorderen Plätze, was wohl damit zusammenhängt, dass alles Rhythmische hoch im Kurs steht. Eine gewisse Mitschuld kann man aber auch dem Algorithmus selbst nicht absprechen. Wenn stimmt, was man allenthalben liest, ist er selbst - sprachlich gesehen - eine Missgeburt, eine Verballhornung des Namens al-Chwarizmi. Dieser Muhammad al-Chwarizmi war ein so bedeutender Mathematiker, dass man ihn gern als Kronzeugen anführte, was im Mittelalter auf Latein erfolgte: Dixit Algorismi (Algorismi hat gesagt), woraus sich im Lauf der Zeit der nach gelehrtem Griechisch riechende Ausdruck Algorithmus entwickelte.

Kartellamt genehmigt Verkauf von Brockhaus

Der Brockhaus.

(Foto: ag.ddp)

"BEIM FEUILLETON kapiert das niemand", schreibt Leser St. Mit "das" meint er die Tatsache, dass die Einwohner von Zürich keine "Züricher" sind, sondern "Zürcher", ungeachtet dessen, dass Gottfried Keller, ein Zürcher immerhin, seine Zürcher Novellen als "Züricher Novellen" herausbrachte (im Text ist dafür immerhin von "zürcherischen Genies" die Rede). Herr St. hat recht, man denke nur an Monumente wie die Zürcher Bibel, die Zürcher Kantonalbank, die Neue Zürcher Zeitung oder "Die Zürcher Verlobung", Letztere mit Liselotte Pulver, Paul Hubschmid und Bernhard Wicki als "Büffel". Offenbar lockert sich dieses Gesetz, je weiter das Zürcherische um sich greift. Das wiederum belegt ein anderes Monument: das Züricher Geschnetzelte, zu dem man freilich Zürcher Rösti serviert.

IN KRASSER, unseren Leser B. irritierender Ballung eines diffizil verzweigten Sachverhalts war kürzlich zu lesen: "Die Verfassungsrichter bleiben gentechnisch unverändert . . ." Für die Richter ist das ebenso gut wie für uns, allenfalls für die Firma Monsanto könnte es eine Herausforderung sein.

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