Süddeutsche Zeitung

Sprachlabor (77):Warum nicht Personenausweis?

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger arbeitet sich in entlegene Grammtik ein und gibt ein Statement ab.

DIESE RUBRIK hat die Aufgabe, hausgemachte Fehler zu erörtern, und daran hat es keinen Mangel. Manchmal grasen wir aber auch in anderen Gärtchen, besonders wenn das öffentliche Wohl es erfordert. Leser W. hat so eine Causa vorgetragen: Wieso der Personalausweis so und nicht Personenausweis heiße, wo er doch deutlicher als jedes andere Dokument auf die Person gerichtet sei, und ob wir womöglich das Personal der Firma BRD GmbH & Co. KG seien? Nun gibt es in der Tat vergleichbare Komposita, die immer aufs Personal bezogen sind: Personalakten, -berater, -kosten und so weiter. Andererseits weisen Wörter wie Personalbogen, -union oder gar -pronomen in eine völlig andere Richtung, und dort sehen wir auch wieder unseren Personalausweis stehen. Die Sache ist so einfach, dass wir fast vermuten, Herr W. habe sich einen Jux machen wollen. Der Personalausweis hat seinen Namen von den in ihm verewigten Personalien, ersatzweise daher, dass er laut § 1 PersAuswG "auf Verlangen einer zur Prüfung der Personalien ermächtigten Behörde vorzulegen" ist.

ÄHNLICH GEFÄHRDET ist das öffentliche Wohl bei der Deklination der Wörter Philosoph und Apostroph . Leser H. klagt den Duden und uns Schreiber der Inkonsequenz an, indem es einerseits des Philosophen und die Philosophen heiße, andererseits aber des Apostrophs und die Apostrophe . Wir haben uns in entlegene Grammatiken vorgearbeitet, wo von der "Motiviertheit der Deklinationstypen" und vergleichbar schönen Sachen gehandelt wird, doch leider ohne vorzeigbares Ergebnis. Es sieht ganz danach aus, als müsste man gewisse Flexionsfinessen als gottgegeben hinnehmen, wobei sich allenfalls beim Apostroph so etwas wie ein Lichtlein zeigt. Es gibt neben ihm ja noch die Apostrophe , eine rhetorische Figur, bei der sich der Redner respektive Dichter vom bisherigen Publikum ab- und einem überraschend gewählten Zweitpublikum zuwendet. Das ist, wie wenn dieser Text plötzlich so weiterliefe: "Götter, welche Schmach, gibt es denn keine einheitlichen Regeln im weiten Erdenrund!" Der Philosoph hat es da leicht: Ihm macht keine Philosophe Konkurrenz.

OB NUN DIE BEATLES wirklich vor fünfzig Jahren aufgetaucht sind oder nicht, soll uns hier nicht kratzen, wohl aber, dass dazu bei uns ein Zwischentitel erschien, dem zufolge die Band sich über ihre eigene Bedeutung anfänglich "keine falschen Illusionen" machte. Leser S. schreibt dazu "Na, na!", ein Statement, dem wir uns vollinhaltlich anschließen.

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Quelle:
SZ vom 4./5.09.2010/ib
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