Sprachlabor (271):Okay, und so

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Fans von Hertha BSC jubeln. (Foto: dpa)

Die Abkürzung "o.k.", ausgeschrieben "okay", hat nicht nur eine etwas schillernde Herkunft, sondern ist auch als Wort leicht verhaltensauffällig.

Von Hermann Unterstöger

FALSCH IST FALSCH, da beißt die Maus keinen Faden ab. Man kann Fehler allerdings auch zur stilistischen Steigerung einsetzen, wobei es sich versteht, dass solche Einsätze die Ausnahme bleiben sollten. So einen Fall lieferte der Sportteil, als er den Terminplan der Bundesliga beleuchtete und dabei die Paarung Hertha BCS/SC Freiburg fand. Da 812 Kilometer zu fahren seien, gebe es derzeit "kein auswärtseres Auswärtsspiel", schrieb unser Kollege, was in Leser W. den Verdacht weckte, der Mann sei Franke. Er stammt aus Karlsruhe, aber ein okayeres, ja primaeres Wortspiel hätte wahrscheinlich auch kein Franke hinbekommen.

(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

APROPOS "OKAY": Die im "Streiflicht" verbreitete Formulierung "ein okayes Leben" hat einige Leser verstört. Es kam zu Sprachverfallsklagen à la "O tempora, o mores!", und man sagte uns, die SZ sei bislang doch ein "sozusagen okayes Blatt" gewesen. Das will sie auch bleiben, und zwar nicht nur sozusagen; darum hier ein kurzes Wort zu dieser Angelegenheit. Das Kürzel o.k., ausgeschrieben okay, hat nicht nur eine etwas schillernde Herkunft, sondern ist auch als Wort leicht verhaltensauffällig. Der Duden führt es als Adverb und als Adjektiv, und den Sprung zum Substantiv - Er gab sein Okay - hat es auch schon geschafft. Indes ist das mit dem Adjektiv-Status so eine Sache. Um okay zwanglos deklinieren zu können, müsste es nach den Regeln der Wortbildung erst korrekt adjektiviert werden, am besten mit dem Suffix -ig, wie das bei dort/dortig oder jeweils/jeweilig geschieht. Zur Neubildung okayig hat es bis jetzt noch nicht gereicht, wohl aber schleichen sich über die Jugendsprache Formulierungen wie ganz okaye Klamotten in die Umgangssprache ein, Wendungen, die sich in ihrer Saloppheit an das zue(ne) Fenster oder den abben Knopf anlehnen. Ältere Grammatiken führen in dieser Sparte auch das kaputte Klavier, an dem sich heute, vom Pianisten abgesehen, niemand mehr stoßen würde. Das okaye Leben, das bei uns Ärgernis erregt hat, ist in umgangssprachlichen Texten derart verbreitet, dass man es "auf dem Weg in die Wortart Adjektiv" (Duden-Grammatik 1959) sehen könnte, ein Weg, den Adverbien auf -weise schon hinter sich haben: die strafweise Versetzung. Im Streiflicht war von Heine die Rede, und dass der Autor diese hohe literarische Ebene mit seinem okayen Leben ironisch konterkarieren wollte, scheint wahrscheinlich zu sein. Er selbst, daraufhin streng befragt, sieht es auch so.

© SZ vom 11.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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