Süddeutsche Zeitung

Sprachlabor ( 255 ):Die Suchmaschine bestätigt

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger klärt auf.

DER TROST, dass andere den gleichen Fehler machen, ist so schwach, dass er gegen die "freundlich-garstigen Grüße" unseres Lesers Dr. F. natürlich nichts ausrichtet. Es geht um die Seriosität , die bei uns mit " ö" geschrieben wurde: Seriösität . Die Suchmaschine bestätigt den Verdacht, dass wir es hier mit einem beliebten Fehler zu tun haben, einem Fehler, der auch der Monströsität oder der Porösität zugrunde liegt. Man muss nicht alle Wortwurzeln kennen, kann sich aber an die Faustregel halten, dass das Adjektiv meistens dem Französischen verpflichtet ist, das Substantiv dagegen dem Lateinischen oder Spätlateinischen: sérieux versus seriositas .

FRÜH KRÜMMT SICH, was ein Häkchen werden will. Dieser Devise folgte auch ein bei uns beschriebener junger Mann, der bereits mit 16 "das erste Bier selbst gesudet" hat. Leser D. erinnert an das Konjugationsmuster sieden, sott, gesotten und ist im Übrigen der Meinung, dass ein Bier mit Himbeeraroma - so der Inhalt des Suds - eher gesudelt als gesudet ist.

ZU SEINER ZEIT, schreibt uns Leser Dr. H., wäre man "mit Pauken und Trompeten" durchs Abitur gerasselt, wenn man Wörter wie Energiewende, erneuerbare Energie, genfrei oder atomfrei verwendet hätte. Um Dr. H.s Argumentation etwas zu raffen, so gehöre es zu den Prinzipien der Physik, dass man Energie weder wenden noch erneuern kann; man könne nur die Energieversorgung ändern, also hierin eine Wende herbeiführen. Gen- oder atomfreie Zonen gebe es auch nicht, jedenfalls nicht auf unserem Planeten. Das ist alles richtig, doch bevor wir uns hier auf das heiße Feld des Energieerhaltungssatzes begeben, sollten wir doch bedenken, dass diese Verkürzungen nicht generell der Verdummung zuarbeiten: Oft dienen sie dazu, der Sperrigkeit fachlicher Termini mit Prägnanz zu begegnen. Statt genfrei sollte man freilich immer gentechnikfrei schreiben - so viel Zeit muss sein.

WER JE EINEN ERDRUTSCH erlebt oder beobachtet hat, wird sich hüten, ihn als ein triumphales Ereignis aufzufassen, und insofern hat es auch etwas komisch Verfehltes, bedeutende Wahlsiege als "Erdrutschsiege" zu feiern. Unser Leser Prof. H. gibt zu bedenken, dass es nur mit den Verlierern erdrutschartig dahingeht. Kurz und gut, so Herr H., "das Bild hinkt".

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Quelle:
SZ vom 21./22.06.2014
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