Süddeutsche Zeitung

Sprachlabor (250):Eine Großmacht unter den Satzzeichen

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger erklärt irrige Wege, Computertrennungen und Preise.

KARL FRELLER (CSU) ist ein vielseitiger Mann und war auch schon Staatssekretär. Nun aber pocht das Schicksal an seine Tür, indem er bei uns so bezeichnet wurde: "Karl Freller, Direktor der Gedenkstättenstiftung und ein namentlich noch nicht genannter Staatssekretär." Unser Leser G. fragt sich voll Mitgefühl, seit wann Freller "gleichzeitig Staatssekretär ist und trotz der Nennung seines Namens namentlich nicht genannt". Dankenswerterweise belässt er es nicht bei der Frage, sondern belegt die Notwendigkeit und Nützlichkeit richtig gesetzter Kommata auch gleich mit dem Mustersatz "Wir essen(,) Opa". Der Satz erinnert an Lynne Truss' 2003 erschienenes witziges Buch "Eats, Shoots & Leaves", dessen Titel in dieser Fassung heißt: "Frisst, schießt und haut ab", während in Wahrheit vom Panda die Rede ist: "Frisst Sprösslinge und Blätter". Das Komma ist, seiner Winzigkeit und Bescheidenheit ungeachtet, eine Großmacht unter den Satzzeichen.

EIN GROSSES LOB spendet Leserin M. unserem Feuilleton für die Kurz-Typologien Shakespeare'scher Bühnengestalten, mit einer Einschränkung: dass König Lear von allen Wegen stets den "irrigsten" gewählt habe. Frau M. ist der Ansicht, dass Lear immer den irrsten/irresten Weg gewählt habe, und man muss ihr schon deswegen zustimmen, weil der irrigste Weg ja ein sicheres Zeichen dafür wäre, dass so etwas wie eine Wahl gar nicht stattgefunden hat.

SO GRAUSIG ES BEI LEAR auch zugeht, es ist nichts im Vergleich mit den computererzeugten Trennungen. Unlängst wurde der Name "Elsaesser" so zerhackt, dass ein "Elsa-esser" dabei herauskam, ein gefundenes Essen für unsere Leserin Dr. W., die derlei sammelt und uns von Zeit zu Zeit in schaurigen Dateien zustellt: Salt-zwedel statt Saltz-wedel, Kip-phardt statt Kipphardt, Win-nacker statt Winn-acker. Wer da nicht fehlergestählt ist, um dessen Nachtruhe wär's übel bestellt.

AN DER MELDUNG, dass Michael Köhlmeier einen der "höchstdotierten" Literaturpreise bekomme, stieß sich Leser Dr. L. Ob sich, fragte er, der mit 20 000 Euro dotierte Preis neben dem Nobelpreis nicht mickrig ausnehme und ob es überhaupt mehrere höchstdotierte Preise gebe. Sagen wir's mal so: Im Vergleich mit dem Prix Goncourt, der mit ganzen zehn Euro dotiert ist, steht Köhlmeiers Preis noch ganz gut da.

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Quelle:
SZ vom 17./18.05.2014
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