Mein Deutschland:Die Krise macht Theater

Bad Hersfelder Festspiele - 'Der Zauberberg'

Das Schauspiel "Der Zauberberg" nach dem Roman von Thomas Mann bei den Bad Hersfelder Festspielen in der Stiftsruine feierte am 27. Juni 2012 Premiere.

(Foto: dpa)

Wie bleiben Theater trotz finanzieller Kürzungen kreativ und lebensfähig?

Kate Connolly

Im Labyrinth der Gänge im Deutschen Theater zu Berlin stieß ich jüngst auf die European Theatre Convention (ETC), ein paneuropäisches Netzwerk staatlicher Theater. Nächstes Jahr feiert die ETC ihr 25. Jubiläum, und da überall Zuschüsse gestrichen werden und Theater kämpfen müssen, um ihr Budget zu halten, ist sie umso mehr von ihrem Wert überzeugt. Jüngst trafen sich die ETC-Mitglieder in Prato in der Toskana und ließen dabei erahnen, wie die Organisation arbeitet, um Verbindungen zwischen den doch sehr unterschiedlichen Ländern Europas zu knüpfen. Denn Zusammenarbeit zwischen den Theatern ist angesichts der Euro-Krise nötiger denn je.

Zur Überraschung aller erklärte ein norwegischer Dramaturg in Prato, dass Theater in seinem Heimatland keine Krise durchmachten. Schließlich würden sie als Ergänzung zum Wohlfahrtsstaat gesehen. Holk Freytag, Direktor der Bad Hersfeld Festspiele, dagegen beklagte, dass deutsche Politiker Theater nicht genügend unterstützten, obwohl die Deutschen passionierte Theatergänger seien. Freytag wurde das Budget nun zum ersten Mal gekürzt, weswegen er Klaus Manns "Mephisto" entgegen seiner Pläne nicht aufführen kann. Denn das hätte 18 Schauspieler erfordert. Er ersetzte es durch Lessings "Nathan der Weise". Dafür benötigt man nur neun Schauspieler.

Theatern in Spanien, Portugal, Griechenland, Irland und Großbritannien ergeht es noch ärger. Am schlimmsten trifft es offenbar Kulturschaffende in den Niederlanden, denen das Budget für das nächste Jahr um 14 Prozent gekürzt wurde. Dem entgegen stehen die Verkaufszahlen: Alle vertretenen Theater, auch die deutschen, berichteten, dass derzeit mehr Tickets verkauft würden, was beweise, wie nötig und beliebt Theater gerade in Krisenzeiten seien. Nirgendwo sieht man das besser als in Griechenland. Dort verarbeiten viele Dramatiker die Krise in ihren Stücken - und die Häuser sind voll. Die Schauspieler bekommen ihr Geld vielleicht erst Monate später oder werden in Naturalien ausbezahlt, doch die Theaterkultur blüht wieder dort, wo sie vor 2500 Jahren begann.

Aber wie bleiben Theater angesichts finanzieller Kürzungen kreativ und lebensfähig? Die Antwort ist: Zusammenarbeit. Ko-Produktionen auf europäischer Ebene seien eine positive Konsequenz aus der Krise, meint ETC-Präsidentin Dubravka Vrgoc. Sie hülfen zudem, sich zu öffnen und neue kreative Netzwerke entstehen zu lassen. Auch in Deutschland ist das angekommen.

Kate Connolly arbeitet in Berlin für die britische Tageszeitung The Guardian.

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