Mein Deutschland:Die Bahn machts vor

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Deutsch ist wirklich eine großartige Sprache, gespickt mit aufregenden Wörtern, für die es keinen angemessenen Ersatz gibt.

Kate Connolly

Endlich! Eine tragende Säule der deutschen Gesellschaft hat entschieden, dass es an der Zeit wäre, besser auf die deutsche Sprache zu achten. Schon der große Mark Twain stellte fest: "Jemand, der Deutsch nie gelernt hat, kann sich kein Bild davon machen, wie verblüffend diese Sprache ist."

Ich kann Deutsch, und ich würde es auch gern anwenden. Doch in den letzten paar Jahren haben sich immer mehr englische Begriffe in den allgemeinen Sprachgebrauch eingeschlichen. Manchmal drängt sich mir der Verdacht auf, dass der Tag nicht fern ist, an dem ich hierzulande besser verstanden werde, wenn ich nur noch Englisch spreche.

Deshalb bin ich dem Rentner dankbar, der im Alleingang die explosionsartige Ausbreitung englischer Begriffe im Sprachgebrauch der Deutschen Bahn stoppen will. Deutsch ist wirklich eine großartige Sprache, gespickt mit aufregenden Wörtern, für die es keinen angemessenen Ersatz gibt. Zum Beispiel Nacktschnecken, Fernweh oder Fremdschämen, um nur einige meiner Lieblingswörter zu nennen.

Selbst an weit entfernten Orten wird deutlich, wie sehr die deutsche Sprache geschätzt wird. So teilte mir etwa in Kuwait ein hilfsbereiter Automechaniker mit, dass mein Wagen "kaputt" sei. Ein polnischer Freund überraschte mich damit, dass er seinen jährlichen "urlop" (Urlaub) antreten werde.

Wie seltsam mag es da anmuten, dass Mitarbeiter der Bahn, einer Telefongesellschaft oder der Post Weltoffenheit demonstrieren wollen, indem sie englische Begriffe wie cancel, counter, rebooten, service point oder city to city call verwenden. Ich habe sogar Ärzte von einem stroke sprechen hören, anstelle von Schlaganfall. "Welchen Grund hat die Bahn, uns eine Sprache aufzuzwingen, die nicht die unsrige ist", schreibt der Rentner aus Bayern in seiner Petition an die Deutsche Bahn. Dem kann ich nichts hinzufügen.

Möglicherweise ist dies der Anfang einer neuen Bewegung, der sich bald auch andere anschließen werden, von der Deutschen Telekom bis zu den Rednern im Bundestag. Dann ist endlich Schluss mit den flyers, hotlines, call a bikes.

Equal goes it loose , wie einst der zweite deutsche Bundespräsident Heinrich Lübke unserer Königin entgegenrief.

Gleich geht es los!

An dieser Stelle schreiben Auslandskorrespondenten über Deutschland. Kate Connolly berichtet für den britischen Guardian aus Berlin.

© SZ vom 19.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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