Mein Deutschand:Sand von Belgiens Schlachtfeldern

Britische Soldaten

Britische Soldaten des East Yorkshire Regiments marschieren 1915 im Gegenlicht zur Front am Frenzenberg bei Ypern, Belgien.

(Foto: Ernest Brooks/National Library of Scotland/dpa)

Für die Gedenkfeier an den Ersten Weltkrieg sollen 70 Sandsäcke voller Erde von 70 belgischen Schlachtfeldern nahe dem Buckingham-Palast aufgeschichtet werden.

Eine Kolumne von Kate Connolly

Als ich kürzlich in Großbritannien war, war ich erstaunt darüber, wie hitzig die Debatten über den 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs waren - vor allem darüber, wie man ihn begehen sollte. Dabei gab es auch viele Wortmeldungen über Deutschlands offensichtliches Desinteresse, dieses blutigen Konflikts zu gedenken. Es heißt, Deutschland habe wesentlich weniger Geld für Gedenkveranstaltungen bereitgestellt als andere Länder - nur vier Millionen Euro, im Gegensatz zu Großbritannien und Frankreich, die jeweils 60 Millionen Euro ausgeben wollen. Die Briten haben auch nicht übersehen, dass das Ereignis trotz der vielen Bücher, Filme und Seminare dazu in Deutschland ohne nationale Gedenkveranstaltung über die Bühne gehen wird. Die Öffentlichkeit scheint sich ebenfalls nicht sonderlich zu engagieren. Nun denken viele Engländer, der Erste Weltkrieg sei in Deutschland ein "vergessener Krieg". Begründet wurde dies vor allem damit, dass der Erste so sehr vom Zweiten Weltkrieg überschattet worden sei.

In Großbritannien dagegen scheint es, als bereite sich das Land auf ein großartiges Festival vor, das mehr einer Feier als einem Gedenken an einen Krieg gleicht. Die offiziellen Gedenkfeiern werden im August im schottischen Glasgow beginnen. Die Queen wird dabei sein. Und Sandsäcke voller Erde von 70 belgischen Schlachtfeldern sollen zu einem Kriegerdenkmal nahe dem Buckingham-Palast aufgeschichtet werden.

Allerdings besteht die Gefahr, dass die Erinnerungsfeiern in Großbritannien ins Hurra-Patriotische abgleiten und von einem wachsenden und durchaus verstörenden Anti-EU-Nationalismus instrumentalisiert werden. Bis zu den Parlamentswahlen dauert es nur noch ein Jahr, und die britische Regierung könnte versucht sein, den Jahrestag zu benutzen, um von der Finanzkrise abzulenken, die das Leben vieler britischer Familien immer noch beeinträchtigt. Mindestens ein prominenter britischer Historiker hat den britischen Ansatz bei den Feierlichkeiten schon zu "nationalistisch" genannt. Allerdings wird das Gedenken ja noch vier Jahre dauern. Vielleicht finden Deutschland und Großbritannien doch noch ein Gelegenheit, konstruktiver an einem gemeinsamen Gedenken an den "Krieg, der alle Kriege beenden sollte" zu arbeiten.

Kate Connolly berichtet für den Guardian und den Observer aus Berlin.

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