Medikamentenkosten in Deutschland:Deutschlands Sucht

Lesezeit: 1 min

Die Deutschen gehören zur internationalen Spitze, was die Ausgaben für Medikamente anbelangt. SZ-Leser diskutieren über die Gründe für die hohen Ausgaben.

Zu teure Arzneien ("Verantwortungslose Preispolitik", 18. September):

In Deutschland wir viel zu viel Geld für Arzneimittel ausgegeben. (Foto: Foto: ddp)

"Faire Arzneimittelpreise fordert Ulla Schmidt, und ganze 3,4 Milliarden Euro Einsparpotential will der Arzneiverordnungsreport 2009 aufgedeckt haben. Wer den Taschenrechner bemüht, wird feststellen, dass der Deutsche statistisch sieben bis acht Arzneimittelverordnungen jährlich für durchschnittlich 44 Euro pro Verordnung und damit im Gegenwert von etwa 330 Euro jährlich entgegennimmt.

Rechnet man den Konsum nicht verschreibungspflichtiger Medikamente hinzu, könnte man meinen, der Deutsche ernähre sich nicht nur von Brot allein, sondern auch von Tabletten im "Wert" von etwa 400 Euro jährlich. Ein Großteil dieser Medikamente wandert allerdings ungenutzt in die ohnehin schon prall gefüllten Medikamentenschränke der Deutschen Haushalte und gut ein Viertel anschließend in den Müll. Die Packungen waren nämlich wieder einmal viel zu groß, oder die Beschwerden dann doch schneller verflogen als gedacht.

Allein dieses eine Viertel Sondermüll würde den Beitragszahlern ein jährliches Einsparungspotential von 6,6 Milliarden Euro bescheren. Sicherlich ein weiteres Viertel der Arzneimittelkosten ist den Folgen einer verfehlten Gesundheitspolitik geschuldet und dient nebenbei der Suche nach Unterhaltung und Ansprache. Wer einmal in den Vormittagsstunden die Wartezimmertüren der Ärzte einen Spaltbreit öffnet, wird sie sehen, die vorwiegend älteren Herrschaften, von Bewegungsmangel, Rauchen und Überernährung gezeichnet."

Gisbert Glass Gauting

Internationaler Rekord im Arzneischlucken

"In Deutschland seien 29,2 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben worden, womit Medikamente 18 Prozent der 160 Milliarden Euro aus dem Gesundheitstopf der Krankenkassen ausmachten, heißt es. Dabei werden hier nur die Gesetzlichen Krankenkassen erwähnt. Denn auch die privaten Krankenkassen und privaten Zusatzversicherungen, die Berufsgenossenschaften, Beihilfestellen, die Rentenversicherung (Reha) und Selbstzahler geben Geld für Arzneimittel aus.

Außerdem gehen 33 Prozent der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Krankenhausbehandlung drauf, und dort werden davon bekanntlich auch Medikamente bezahlt. Ich schätze, dass in Deutschland etwa 700 Euro pro Kopf und Jahr für Arzneimittel ausgegeben werden. Ein Rekordwert im internationalen Vergleich. Und das, obwohl die Deutschen weder kränker als die Menschen in anderen Industrieländern sind, noch dadurch gesünder gemacht werden als andere."

Dr. Dieter Wettig Wiesbaden-Dotzheim

© SZ vom 29.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: