Mainz (dpa/lrs) - Nach seiner Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten hofft der Mainzer Arzt Gerhard Trabert auf tatkräftige Unterstützung für mehr soziale Gerechtigkeit. „Das war eine gute Geste“, sagte Trabert zu seiner Erwähnung durch das wiedergewählte Staatsoberhaupt Frank-Walter Steinmeier. „Jetzt hoffe ich, dass ein Austausch folgen wird, wie Armut in unserer Gesellschaft neu angegangen werden kann.“ Nach der Rückkehr aus Berlin traf der 65-Jährige mit wohnungslosen Menschen zusammen und kümmerte sich um einen jungen Mann, der auf die Ausreise seiner Frau aus Äthiopien hofft.
„Das macht viel aus, dass Obdachlosigkeit vom Bundespräsidenten so angesprochen worden ist“, sagte der Professor für Sozialmedizin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Bei den wohnungslosen Menschen wird das sehr genau wahrgenommen: Aha, wir werden gesehen, wir werden benannt.“
Nach dem Gespräch mit Wohnungslosen schaute Trabert bei einer Freundin vorbei, die vor gut sechs Jahren einen heute 28 Jahre alten Äthiopier mit dem Vornamen Haftom aufgenommen hat. Der junge Mann floh 2011 aus Eritrea über den Sudan nach Libyen. Auf der gefährlichen Mittelmeer-Route kam er schließlich 2014 nach Rheinland-Pfalz. Im Jahr darauf fand er Unterkunft bei der Mainzer Krankenschwester Angelika Ullmann-Schüler.
„Inzwischen ist er bestens integriert“, sagt Ullmann-Schüler und nennt eine Ausbildung bei den Stadtwerken Mainz sowie einen festen Arbeitsplatz. Bei einem Besuch seiner Familie habe er 2019 seine Frau Selam geheiratet, die er schon seit seiner Schulzeit kenne. Die 33-Jährige habe jetzt vor dem Bürgerkrieg in der Konfliktregion Tigray Zuflucht in der Hauptstadt Addis Abeba gefunden - mit dem gerade geborenen gemeinsamen Kind.
Salem sei mehrfach persönlich zur deutschen Botschaft gegangen und habe alle für ein Visum geforderten Unterlagen vorgelegt, sagt Trabert. „Das, was fehlt, ist das Okay, dass die Dokumente echt sind.“ Wenn dies wegen des Bürgerkriegs in Tigray problematisch sei, dürfe dem Paar nicht unterstellt werden, dass die Dokumente gefälscht seien.
Nach wiederholten Mail-Wechseln mit der deutschen Botschaft ist Trabert empört. „Ich finde, es ist ein Skandal, dass Haftom die Familienzusammenführung verwehrt wird. „Er arbeitet hier, verdient ausreichend Geld, es gibt grünes Licht von der Ausländerbehörde in Mainz.“
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