24. März 2009:Motivation ohne Geld

SZ-Leser über Mitarbeitergespräche, Tibets Geschichte, Reifendruck und angebliche "Küchenpsychologie".

Tibets lange Geschichte

24. März 2009: Tibetische Mönche.

Tibetische Mönche.

(Foto: Foto: Reuters)

"Sie berichten immer sehr engagiert über Tibet ('In schwarzen Gefängnissen verschwunden', 10. März), doch erklären sie nicht, warum China überhaupt einen Anspruch erhebt. Seit dem 13. Jahrhundert waren die Beziehungen zwischen China und Tibet sehr eng, da einige Kaiser dem Lamaismus anhingen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde Tibet administrativer Teil des Kaiserreichs.

Die bei uns übliche Darstellungsweise des Konflikts erweckt den Eindruck, als ob die Kommunisten unbegründet und aus reiner Machtgier 1950 in Tibet eingedrungen seien. Alle chinesischen Politiker des 20. Jahrhunderts haben Tibet aufgrund der langen Zusammengehörigkeit als Teil Chinas betrachtet - der Republikgründer Sun Yatsen ebenso wie der Mao-Konkurrent Chiang Kaishek. Was natürlich nicht die heutige Politik rechtfertigt."

Dr. Martina Egle-Schäferling, Unterschleißheim

Motivation durch Führung

"'Wenn es keine Prämien gibt, gibt es auch keinen Anlass, dass Chef und Mitarbeiter darüber reden, wo es hakt', sagt Dr. Thomas Böhle ('Ende des Leistungsprinzips', 13. März 2009) Präsident der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände zur Streichung der Leistungsprämien in den Bundesländern.

Leistungsprämien sind demnach das Vehikel, um eine intensivere und zielorientierte Kommunikation in der Verwaltung zu etablieren. Dem Ziel, Mitarbeitergespräche zu führen, in denen die Stärken, aber auch ihre Schwächen aufgezeigt werden, stimme ich ausdrücklich zu. Dafür sind jedoch Prämien nicht notwendig. Richtig ist, dass ein Teil der Führungskräfte im öffentlichen Dienst der Aufgabe, konstruktive Feedbackgespräche zu führen nicht im gewünschten Maße nachkommt. Das ist allerdings in privaten Unternehmen nicht anders.

Der Leistungsprämientopf im öffentlichen Dienst wird aus gekürzten Einkommensbestandteilen wie dem früheren Urlaubsgeld und dem Weihnachtsgeld gefüllt. Künftig soll das Volumen durch nicht ausgezahlte Lohnerhöhungen erhöht werden. Weil ein (kleiner) Teil der Führungskräfte nicht richtig funktioniert, wird allen Beschäftigten Geld genommen, das dann an rund ein Drittel wieder ausgeschüttet wird. Die Verteilung dieses Topfes zwingt die (wenigen) schwachen Führungskräfte, ihrer Aufgabe, für die sie bezahlt werden, ordentlich nachzukommen. Das ist grotesk!

Ob ein Mitarbeiter zwölf Monate lang engagiert arbeitet, hängt mitnichten davon ab, ob am Jahresende eine Prämie winkt. Vielmehr kommt es darauf an, ob seine Führungskraft motivieren und konstruktiv kritisieren kann. Exakt an dieser Stelle habe ich immer großen Applaus bekommen.

Meine Lehre daraus ist, die öffentlichen und privaten Arbeitgeber sollten Geld in die Hand nehmen und eine Qualifizierungsoffensive zum Thema 'Motivation durch Führung' starten. Das würde nicht nur zu zufriedenen und engagierten Mitarbeitern führen, sondern auch noch enorme Produktivitätsreserven heben. Eine Feststellung, bei der mir Dr. Thomas Böhle sicher nicht widersprechen wird."

Heinrich Birner, München

Wir sind keine Sterndeuter

"Sebastian Beck kritisiert, dass sich Fachleute bereits in den ersten Tagen nach der Tat von Winnenden in Talkshows und Interviews über den Amoklauf geäußert haben ('Die Stunde der Sterndeuter' 14./15.März).

Er beschimpft uns als 'Küchenpsychologen' und 'Sterndeuter' und meint, die Tat würde auch in Zukunft unbegreiflich bleiben. Dabei übersieht er den entscheidenden Punkt. Weder Prof. Adler noch ich oder die anderen befragten Experten haben zu den konkreten Tatmotiven von Tim K. detailliert Stellung genommen. Das konnten wir auch gar nicht, weil weder ein Abschiedsbrief vorliegt, noch sonst aus der Familie oder dem Umfeld des Täters sachdienliche Hinweise gekommen sind.

Stattdessen haben wir über die Erkenntnisse gesprochen, die zu den Tätern der vielen Amokläufer aus den letzten 20 bis 30 Jahren vorliegen. Und die ermöglichen sehr wohl detaillierte Aussagen dazu, was typischerweise die Risikomerkmale sind, die derartige Täter kennzeichnen.

Hinzu kommen die breit fundierten Erkenntnisse, die es nun einmal zu jungen Menschen gibt, die Morddelikte begangen haben. Aus den genannten Gründen halte ich auch Herrn Becks Einschätzung für sehr voreilig, die Tat von Tim K. würde unbegreiflich bleiben.

Entscheidend wird hier sein, ob sich die Eltern umfassend und ehrlich äußern werden und ob die Psychiater und Psychologen, die Tim angeblich behandelt haben, von den Eltern eine Aussagegenehmigung erhalten. Meine Einschätzung ist, dass in der Vater-Sohn-Beziehung ein Hauptansatzpunkt zur Erklärung der Tat liegen könnte."

Prof. Dr. Christian Pfeiffer, Direktor Kriminologisches Forschungsinstitut, Hannover

Aktionismus beim Klimaschutz

"Die vom EU-Parlament angekündigte Zwangsmaßnahme einer Reifendruck-Anzeige im Pkw ('Reifendruck-Anzeige im Auto wird Pflicht', 11. März) ist wenig durchdacht und soll wohl Aktionismus beim Klimaschutz vortäuschen.

Die Vorstellung, ein optimaler Reifendruck würde das Klima retten, reichlich naiv ist. Denn die Kraft, die ein Motor aufbringen muss, um die Rollwiderstandskraft zu überwinden, ist entscheidend auch vom Gewicht des Fahrzeugs abhängig. Und da die Pkw leider immer schwerer werden, weil die Autobauer den Komfort (motorgetriebene Scheibenheber und vieles mehr) meinen erhöhen zu müssen, ist das Herumbasteln am Reifendruck nahezu wirkungslos.

Die Wirkungslosigkeit wird noch größer, wenn eine zweite Kraft miteinbezogen wird, die beim Autofahren eintritt: der Luftwiderstand. Dieser erhöht sich mit dem Quadrat der Geschwindigkeit. Selbst der Rollwiderstand nimmt unabhängig vom Reifendruck mit zunehmender Geschwindigkeit zu.

Der Umwelt zuliebe müsste die Europäische Union also den Hebel beim Leergewicht und bei den Geschwindigkeiten ansetzen anstatt am Reifendruck herumzudoktern, was nachweislich zu keinem Erfolg führt. Mit der angekündigten Zwangsmaßnahme werden die Autofahrer nur zusätzlich zur Kasse gebeten.

Bevor die knapp 800 EU-Parlamentarier Entscheidungen zur Rettung der Umwelt treffen, sollten sie in Zukunft verpflichtet werden, Grundkurse in Physik zu belegen."

Dieter Meyer-Ensenbach, Otter

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: