Handwerk - Rellingen:Bäckereien kämpfen: Aber Corona mobilisiert die Stammkunden

Bremen
Ein Mitarbeiter schiebt Brote in einen Ofen. Foto: Swen Pförtner/dpa (Foto: dpa)

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Hannover/Bremen (dpa/lni) - Für viele Bäckereien haben die langen Pandemie-Monate die ohnehin heikle Lage noch einmal schwieriger gemacht. Etliche von ihnen konnte sich jedoch auch mit Angeboten für Stammkunden im Homeoffice um die Ecke behelfen oder von der Öffnung der Supermärkte profitieren. Die Bäcker- und Konditorenvereinigung Nord schätzt die Umsatzeinbußen der Bäckereibetriebe in der Region 2020 auf durchschnittlich 10 bis 12 Prozent. "Das klingt einigermaßen akzeptabel, war allerdings in den einzelnen Gebieten Niedersachsens sehr unterschiedlich", sagt Verbandsgeschäftsführer Jan Loleit.

Örtlich seien die Verkaufserlöse um bis zu 30 Prozent abgerutscht - etwa dort, wo der Tourismus wegen der Corona-Beschränkungen komplett ausfiel. "Wir hoffen, dass jetzt wieder breiter geöffnet wird."

Ein Problem seien für zahlreiche Bäcker neben den fast komplett weggebrochenen Aufträgen von Hotels, Kantinen, Schulen oder Gastronomie die Schließungen ihrer eigenen Café-Bereiche gewesen. "Da haben die Betriebe schon ganz schön gelitten", berichtet Loleit. Durch den Zwang, sich auf die neue Lage einzustellen, hätten indes etliche Bäckereien umgekehrt Chancen ergriffen.

"Dabei kamen die Kleineren manchmal sogar besser weg", so Loleit. "Betriebe auf dem Land, aber auch in städtischen Wohngebieten haben ihre Kundschaft oft halten können. Die Menschen haben gesagt: Jetzt sitze ich hier im Homeoffice, da muss man sich doch wenigstens noch ein bisschen etwas gönnen." Wichtig sei es besonders für die Größeren gewesen, als systemrelevante Versorger offen bleiben zu dürfen. Das gelte nicht zuletzt für die Verkaufsstellen im Eingangsbereich von Supermärkten - wenngleich es hier oft schwierig gewesen sei, alle Standards der Betreiber im Wartebereich vor den Kassen umzusetzen.

Die Konzentration in der Branche hielt 2020 an. Zum Jahreswechsel waren in Niedersachsen und Bremen insgesamt 886 Betriebe bei den Handwerkskammern registriert - nach 917 vor einem Jahr und 960 vor zwei Jahren. Ende 2010 hatte es im Nordwesten 1378 Bäckereibetriebe gegeben. Seither nahm die Zahl stetig ab. "Aus unserer Sicht wird das wohl noch eine Zeit lang so weitergehen", schätzt Loleit.

Weniger Einzelbetriebe müssten jedoch nicht automatisch weniger Beschäftigung bedeuten, weil vor allem größere Filialisten auch mehr Niederlassungen eröffnet hätten. "Die Mitarbeiterzahl ist so relativ konstant geblieben. Gleichzeitig bekommen Nischen, die man mit guten eigenen Produkten ausfüllen kann, eine größere Bedeutung."

Sorgen macht der Branche - wie vielen anderen Handwerksbereichen - der Nachwuchsmangel, und zwar besonders im Verkauf. "Die Produktion ist gar nicht mal so die Herausforderung wie die steigenden Anforderungen am Tresen", sagt Loleit. Ende 2020 beschäftigten die niedersächsischen und bremischen Betriebe 545 Bäckerinnen- und Bäcker-Azubis. Vor fünf Jahren waren es noch über 200 mehr.

Bei den Fachverkäuferinnen und Fachverkäufern in den Geschäften war der Rückgang von insgesamt 2025 Lehrlingen im Jahr 2015 auf zuletzt 1317 deutlich stärker. Betriebe müssten mit ihrem jeweiligen Profil stärker um junge Fachkräfte werben, so der Verbandsgeschäftsführer. In der Unternehmensnachfolge hake es häufig ebenso - auch wegen steigender bürokratischer Belastungen. "Mit jedem Betrieb, der aufgibt, geht immer ein Stück Handwerkskunst verloren."

© dpa-infocom, dpa:210525-99-729517/2

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