20. Februar 2009:Arme deutsche Mutter

SZ-Leser über Kinder und Karriere, Iris Berben, billiges Essen und die Not der Architekten.

"Ihr Kinderlein kommet zurück", 14. Februar

20. Februar 2009: Viele arbeitenden Mütter mit kleinen Kindern können sich mit der Ganztagsbetreuung in einer Krippe noch nicht so recht anfreunden.

Viele arbeitenden Mütter mit kleinen Kindern können sich mit der Ganztagsbetreuung in einer Krippe noch nicht so recht anfreunden.

(Foto: Foto: dpa)

"Ein hübsches Feindbild, das Franziska Brüning entworfen hat ('Ihr Kinderlein kommet zurück', 14. Februar). Die böse Frau von der Leyen treibt die armen deutschen Mütter in die Vollbeschäftigung, obwohl selbst Franzosen und Schweden zurückrudern. Und die (vor-vonderleyenschen) Betreuungsangebote Deutschland zum Musterteilzeitländle machen.

Haben Sie schon einmal versucht, das geschätzte Teilzeitmodell mit deutschen Kindereinrichtungen praktisch umzusetzen? Zum Beispiel im ländlichen Raum, wo die meisten Mütter nicht mal Teilzeit arbeiten, sondern Taxi für die lieben Kleinen und Größeren sind?

Wie meistern Sie denn Ihren Teilzeittag, wenn dieser Punkt 7.30 Uhr beginnt, Kindergärten aber auch erst zu dieser Zeit öffnen, und Wegezeiten nicht mit eingerechnet sind? (Im strukturschwachen Raum fahren Sie schnell mal zwanzig Kilometer oder mehr zu einem Arbeitsplatz.)

Ach so, Sie schlagen vor, erst später zu beginnen? Prima, leider müssen Sie den Sprössling um 12.15 Uhr wieder abholen. Wegezeiten nicht mit eingerechnet. Da müssen Sie den Rest Ihrer 20 Stunden in den Nachmittag verschieben.

Was aber tun, wenn Sie in der fünften oder sechsten Stunde unterrichten, in Ihrem schönen Teilzeitland Deutschland, und der Schulcomputer sich ebenso weigert, wie der Schuldirektor, die Arbeitszeiten den Öffnungszeiten der Kindergärten anzupassen? Schließlich müssen Sie ja nicht arbeiten. Das ging doch früher auch ohne solche weibliche Sperenzchen.

Natürlich kann man sich untereinander helfen. Wissen Sie aber, wie mühsam es ist, bei Gefälligkeiten im Gleichgewicht zu bleiben? Und wie dick ein Terminkalender werden kann, weil Sie alle Fahr- und Abholgemeinschaften notieren, nicht zu vergessen die wechselseitigen Mittagessen, Musikschule und Sportvereine des eigenen und des fremden Nachwuchses.

Das Volumen reicht bald für einen steuerlich absetzbaren Minijob als Koordinator aller dieser Aktivitäten... Und wie fragil solche Strukturen sind, wenn zum Beispiel Scharlach umgeht oder eine Grippewelle, Durchfall und Läuse Familien lahm legen?

Frau von der Leyen ist weit davon entfernt, Verhältnisse wie in der DDR einführen zu wollen, sondern sie versucht, Kinderbetreuung in Deutschland erst einmal auf ein europäisches Niveau zu heben. Und sie ist auf dem richtigen Weg, denn Strukturen, die der Gesetzgeber vorschreibt, kann sich auch der ländliche Raum nicht verschließen!

Pathetisch gesagt: Wo stünden wir hier, am Ende Deutschlands, ohne Frau von der Leyen? Das möchte ich mir gar nicht ausmalen! Mit ihr ist ein Wandel selbst in unserem Rathaus angekommen - so entstanden "normalere" Öffnungszeiten.

Kommen Sie mal vorbei in Isny im Allgäu, im äußersten Zipfel Baden-Württembergs. Ein Blick in die Praxis lohnt sich immer, statt (altbundesdeutsche) Polemik auf geduldigen Zeitungsseiten auszubreiten."

Claudia Beltz, Eisenharz

Elternliebe statt Krippenkälte

"Endlich wagt jemand einen kritischen Blick auf das ewige Loblied der Kinderkrippe, das alltäglich in Deutschland angestimmt wird. Es ist tatsächlich wahr, dass Frauen im Spagat zwischen Fulltime-Job und Mutterschaft kaputtgehen. Die Forderung danach ist extrem frauenfeindlich. Der Blick auf die hohe Zahl von Frühgeburten bei berufstätigen Frauen spricht da Bände.

Was der Artikel nicht erwähnt: Auch die Kinder zerbrechen an der frühen Trennung von den Eltern. Sie brauchen nichts dringender als eine verlässliche Bezugsperson, die sie in den ersten Jahren durch ihr Leben begleitet. Keine Betreuungsform kann die Elternliebe ersetzen.

Es geht eben bei der Bildung in den ersten Jahren nicht um die reine Vermittlung von Wissen und Know-how, sondern hier müssen Kinder so wesentliche Dinge wie Verlässlichkeit, Vertrauen, Sicherheit lernen und erfahren.

Auch das wurde in anderen europäischen Ländern erkannt, auch deshalb rudern die europäischen Nachbarn zurück und lassen Müttern in den ersten Jahren durch finanzielle und moralische Unterstützung die Wahl, ihrem Kind die Nestwärme zu geben, die es stark macht für dieses Leben. Und gesunde, stabile Persönlichkeiten werden wir brauchen, um die immensen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die unsere alternde Gesellschaft uns beschert, meistern zu können."

Susanne Mockler, St. Johann

Kehrtwende in Schweden

"Mit Erstaunen müssen wir also zur Kenntnis nehmen, dass die Vorbildländer Schweden und Frankreich bezüglich der Kleinkinderbetreuung dabei sind, eine Kehrtwende einzuleiten - weg von der Kita hin zu einem an den Bedürfnissen von Eltern mit Kindern angepassten Arbeitszeitregime inklusive Teilzeitarbeit.

Wurde uns nicht noch in der jüngsten Vergangenheit eingeschärft, wie wesentlich es für das Selbstverständnis der Frauen ist, einen Vollzeitjob neben der Kinderbetreuung auszuführen und dass der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze der einzig richtige Weg ist, diese Doppelbelastung zu mindern?

Direktzahlungen eines Betreuungsgeldes an die Familien mit anschließendem Recht auf Teilzeitarbeit, wenn die Kinder in den ersten drei Lebensjahren zu Hause bleiben, wie jetzt in Schweden offensichtlich praktiziert, wurden meiner Erinnerung nach in der Diskussion hierzulande als rückwärtsgewandt denunziert.

Da muss sich wohl Frau Claudia Roth doch fragen lassen, ob der 'durchgeknallte' Bischof aus Augsburg nicht doch die fortschrittlicheren Argumente hatte."

Dr. Peter Baumann, Bichl

Arme deutsche Mutter

"Abkehr vom Sonderweg", 26. Januar

Arme deutsche Mutter

"Iris Berben über Schwäche", 14./15. Februar

Koketterie à la Berben

"Das endlich einmal gelungene, weil relativ unkünstliche Foto von Iris Berben animierte mich, das Interview zu lesen ('Iris Berben über Schwäche', 14./15. Februar) und so hoffte ich, einmal etwas Anderes aus ihrem Mund zu erfahren.

Aber ach..., ja, diese von ihr selbst gegeißelte Disziplin und Kopflastigkeit, ihre eitle Koketterie...unerträglich. Schade eigentlich. Und Willi Winkler unterstützt leider diese Koketterie mit seinen unerträglich schmeichlerisch-bewundernden Fragen. Sie sei die Einzige, der man die Ernsthaftigkeit beim Lesen von Anna Politkowskaja abnehme...

Sie mag ja ganz schön, zierlich, ach-so-zerbrechlich und nett und engagiert sein - trotzdem zäh, diszipliniert, intelligent, kritisch (und was es da alles noch für tolle Attribute gibt). Aber sie ist auch nicht die Einzige, die mit dem Stiletto mal auf einem Mann stehen will.

Mit solchen furchtbar stillosen überhohen Stilettos übrigens habe ich sie bei einem sogenannten Event im Fernsehen gesehen und meinen Augen kaum getraut - es erinnerte eher an Kiez und unterstes Geschmacksniveau. Bei aller Liebe zu den berühmten 'Brüchen' - aber das war mal wieder eine typische schlechte Koketterie à la Berben."

Susanne Sölter, Hamburg

Arme deutsche Mutter

"Deutschland isst billig", 17. Februar

Teuer Essen mit billigen Produkten

"'Deutschland isst billig' hieß es am 17.Februar. Wer in einem teuren Restaurant speist, darf zwar ein gehobenes Ambiente genießen, bekommt aber oft keine bessere Qualität serviert als im Schnellrestaurant. Denn es werden auch in den vornehmen und exklusiven Lokalen offenbar die billigsten Produkte eingekauft.

Ich habe vor einigen Jahren in der Stadt Lindau am Bodensee in den Restaurants der gehobenen Klasse nachgefragt, was für Eier verwendet würden. Das ernüchternde Ergebnis war, dass die Gäste überall Käfigeier bekamen, und eine Umstellung war 'kalkulatorisch nicht drin'.

Das Gleiche in Berlin: Der Verein 'Tier und Mensch e.V.' schrieb vor zwei Jahren 45 renommierte Restaurants und Hotels an und bat um Auskunft, ob Eier aus artgerechter Haltung, Gemüse und Obst aus biologischem Anbau und das Fleisch aus artgerechter Nutztierhaltung bezogen würden.

Es gab nur drei Antworten, aber leider keine positiven. Was schließt man daraus? Wer Wert auf die Herkunft legt, kocht lieber selbst oder geht in ein Lokal, das ausdrücklich mit Bioprodukten wirbt."

Karin Ulich, Sigmarszell

Arme deutsche Mutter

"Ein Wort sagt mehr als tausend Pläne", 14./15. Februar

So können Architekten nicht überleben

"Noch ein Strohhalm, der in die Architekten vernichtende Gischt geworfen wird, um das Überleben einer einst so angesehenen Zunft zu sichern ('Ein Wort sagt mehr als tausend Pläne', 14./15. Februar).

Das Zauberwort heißt jetzt 'Architekturkommunikation', doch es wird das Aussterben der Architekten weder verlangsamen noch stoppen, wie uns Gerhard Matzig glauben machen will.

Die Frage ist, ob mit der Flut der Zusatzqualifikationen, der zunehmenden Verkomplizierung der Verfahren, der zunehmenden Bürokratisierung , der mit ISO-Normen und DIN-Vorschriften vollgestopften 'Baukultur', der rasend wachsenden unbezahlten Arbeitsbelastung, sprich Verantwortungsübernahme, der Architekturbüros und der vorlauten Spezies der Fahrgäste im Architekturzug, die bar substantieller Beiträge ohne gelöste Fahrkarten Verantwortungsübernahme vortäuschen, ohne für ihr Tun wirklich verantwortlich zu sein, dabei prächtig abkassieren, dafür aber keine umsatzbezogene Haftpflichtversicherung abschließen müssen, der Berufsstand wirklich gerettet werden kann?

Die Antwort aus der Praxis lautet: nein! Die Verbesserung der Arbeits- und Lebensumstände der gesamten Architektenschaft und ihres Berufsalltages, und dazu gehören auch die sogenannten namenlosen, hoffentlich engagierten und hochqualifizierten Vertreter und Vertreterinnen der schützenswerten, weil aussterbenden Art, die niemals einen Platz in der lobbyistischen 'Hall of Fame' finden werden und trotzdem unverzichtbare Beiträge zum Stadtbild leisten, wäre der zielführendere Weg.

Den architektonischen Alltag bestimmen nicht die, denen die Schreibenden und geschmäcklerischen Laienprofis ohnehin das Label 'Stararchitekten' verliehen haben. Allerdings ist die Zahl der Kollegen, die mangels überlebensrettender Auftragslage mittlerweile gezwungen sind, quasi gratis auf den Strich zu gehen, mittlerweile erdrückend groß geworden.

Der Streit ist aber auch ein politischer, auch wenn ebendiese Politik grenzenlos unterqualifiziert und uninteressiert erscheint, den Dialog im Sinne des mittelstandsangehörigen Architekten zu führen.

Die Zauberformel heißt jetzt nicht Architekturkommunikation, sondern zum Beispiel Anpassung der Honorarordnung an die sich veränderte Wirtschaftslage, selbstbewusstes und qualifiziertes Auftreten einer Zunft, die immerhin die Umwelt gestaltet, sowie Widerspruch gegenüber all den Uninspirierten. Erleiden wir alle nicht gerade die Konsequenzen dieser Uninspiriertheit der sich im täglichen Rhythmus selbst korrigierenden Wahrsager?"

Heinz Franke, München

Arme deutsche Mutter

"Glühen oder nicht glühen", 10. Februar

Die gute Glühlampe

"Für Energiesparlampen wird heftig geworben ('Glühen oder nicht glühen?', 10. Februar) und man kommt sich schon hinterwäldlerisch vor, eine ganz normale Glühlampe in den Einkaufskorb zu legen.

Dabei haben Energiesparlampen aber mehrere gravierende Nachteile, über die nur nie gesprochen wird. Erstens geben sie nach dem Einschalten zunächst nur recht spärlich Licht und brauchen ganz schön lang, um hell zu leuchten.

Zweitens hängt die Lebenszeit einer Energiesparlampe nicht nur von der tatsächlichen Brenndauer, sondern auch ganz wesentlich von der Zahl der Einschaltvorgänge ab. Verwendet man sie in Treppenhäusern, Fluren, Kellerräumen oder Toiletten, wo sie üblicherweise nur ganz kurz brennen, aber häufig ein- und ausgeschaltet werden, dann schmilzt die viel gerühmte lange Lebensdauer in etwa auf Glühlampenmaß oder noch weniger. Drittens müssen sie schließlich wegen ihres Quecksilbergehaltes als Sondermüll entsorgt werden.

Die Energiesparlampe ist daher keineswegs die billige Universallösung für alle Anwendungen. Auch heute noch ist manchmal die Glühlampe über die gesamte Lebensdauer gesehen die billigere und bessere Lösung.

Sinnvoller als ein Verbot der Glühlampen wäre daher eine vernünftige Aufklärung, wo der Einsatz der Energiesparlampen sinnvoll ist und wo nicht - aber wer kann sich schon so viel Sinnvolles leisten?"

Dr. Hans Becker, München

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: