Familie:Die erschöpften Dauerlerner - Diagnose Burnout bei Schülern

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Leipzig (dpa) - Sie kommen aus der Schule und lernen. Sie sagen Treffen mit Freunden ab und lernen. Für sie zählt nur die Note Eins in jedem Test und ein sehr gutes Abitur. Spielen? Spaß? Gute Laune? Selten.

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Leipzig (dpa) - Sie kommen aus der Schule und lernen. Sie sagen Treffen mit Freunden ab und lernen. Für sie zählt nur die Note Eins in jedem Test und ein sehr gutes Abitur. Spielen? Spaß? Gute Laune? Selten.

Was auf den ersten Blick nach vorbildlichen Schülern klingt, bereitet vielen Eltern Sorgen. Auch der Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Michael Schulte-Markwort hat lange gerätselt, was viele Schüler so runterzieht. Seine Diagnose: Burnout.

„Ich habe vor fünf Jahren zunehmend depressive und erschöpfte Kinder gesehen, die nicht in die normale Kategorie der Depressionen passten“, berichtet Schulte-Markwort, der am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf lehrt und arbeitet. Mit seinen Erfahrungen hat er das Buch „Burnout-Kids“ verfasst. Am Donnerstag (12. März) war er Gast beim Deutschen Lehrertag in Leipzig, um die Pädagogen für das Thema zu sensibilisieren.

Den erfahrenen Kinder- und Jugendpsychiater habe man bewusst als Hauptredner zu der Tagung eingeladen, sagt Udo Beckmann. Er ist Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung, der den Lehrertag organisiert. „Viele Lehrer haben Veränderungen bei den Schülerinnen und Schülern bemerkt“, bestätigt er. „Die Kollegen sehen, dass Kinder oft schon frühzeitig überfordert werden.“ Das Abitur sei der ersehnte Abschluss, das sorge für Druck auf die Kinder - immer häufiger schon in der Grundschule.

Woher der Druck kommt? Seltener als vermutet seien es die sogenannten Helikopter-Eltern, die ihre Kinder mit unzähligen Zusatzangeboten überfordern, sagt Schulte-Markwort. „Das sind vielmehr die Leistungsorientierungen, die wir in unserer Gesellschaft verankert haben, gekoppelt mit dem Gefühl der Kinder, wenn sie kein gutes Abitur schaffen, dann ist ihr Leben gelaufen.“

Schulte-Markwort schätzt, dass sich bei ihm im Schnitt etwa zwei betroffene Schüler pro Woche vorstellen. Das ergäbe allein in seiner Behandlung 500 Burnout-Kids. Valide Studien zum Phänomen gebe es noch nicht. Allerdings sagten 20 bis 30 Prozent der Schulkinder, dass sie sich erschöpft fühlten. Der 58-Jährige nimmt an, dass zwei bis drei Prozent von ihnen an Burnout leiden - Tendenz steigend.

Auch der Bundesverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie (BKJPP) verweist auf fehlende Statistiken zum Thema, bestätigt aber: Das Phänomen gibt es schon bei Kindern und Jugendlichen. „In unseren Praxen werden sehr oft Kinder wegen schulischer Belastung und Stress vorgestellt“, beschreibt der BKJPP-Vorsitzende Gundolf Berg die allgemeinere Tendenz. Die Kinder zeigten oft eine Mischung aus Symptomen wie Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Verstimmungen oder auch auffälligem Verhalten.

Lehrer wie Eltern sollten auf plötzliche Verhaltensänderungen achten, empfiehlt Schulte-Markwort. „Wenn Eltern über einen längeren Zeitraum das Gefühl haben, da stimmt etwas nicht, dann sollten sie zu einem Facharzt gehen.“ Bisher habe er allen Betroffenen helfen können, häufig unterstützt von Lerntherapeuten, die den Kindern andere Strategien beibrächten.

Für Schulte-Markwort kann nur eine gesamtgesellschaftliche Wertedebatte das Problem entschärfen. „Wir müssen uns fragen: Muss es wirklich immer mehr sein? Muss die Latte wirklich immer höher liegen?“ Zu der Debatte gehöre auch, dass Schule sich ändere. Seine Empfehlung: kleinere Klassen, mehr pädagogisches Rüstzeug für Gymnasiallehrer und mehr gegenseitige Hilfe unter den Lehrerkollegen.

Literatur:

Michael Schulte-Markwort: Burnout-Kids: Wie das Prinzip Leistung unsere Kinder überfordert, Pattloch Verlag, 2015, 272 Seiten, 19,99 Euro, ISBN-13: 978-3-629-13065-5

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