Dresden (dpa) - Empörung, Irritationen und eine Entschuldigung: Die umstrittene Verleihung des St.-Georgs-Ordens des Dresdner Semperopernballs an Ägyptens Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi hat für Proteste auf breiter Front gesorgt. Am Dienstagabend entschuldigte sich Ballvereins-Chef Hans-Joachim Frey: „Wir möchten uns für diese Preisverleihung entschuldigen und davon distanzieren. Die Verleihung war ein Fehler“, teilte Frey mit.
Schlagersänger Roland Kaiser und „Tagesschau“-Sprecherin Judith Rakers, die am 7. Februar durch den Abend der 15. Ausgabe des Balls führen sollen, zeigten sich am Dienstag „irritiert“ und sind nach eigenen Angaben „in Gesprächen über die Konsequenzen“. Proteste gab es auch in der Politik und bei Partnern der Veranstaltung.
Zuvor hatte auch der Oberbürgermeister der sächsischen Landeshauptstadt, Dirk Hilbert (FDP), mitgeteilt, seine Teilnahme zu prüfen. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) behält nach Angaben der Staatskanzlei die Schirmherrschaft und wird den Ball wie geplant eröffnen.
„Uns sind die entstandenen Irritationen bewusst und wir bedauern sie von Herzen“, teilte Frey weiter mit. Er bekräftigte, dass die Preisverleihung beim Ball keine Rolle spielen werde. „Sie wird weder in Wort noch im Bild im Programm des Semperopernballs oder im Fernsehen stattfinden.“ Der Verein nehme die Debatte zum Anlass, über sein Selbstverständnis als Kulturbotschafter nachzudenken.
„Mich irritiert diese Verleihung sehr, und ich bin seitdem in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich als Moderatorin des Balls ziehen möchte“, schrieb Judith Rakers auf Twitter vor der Entschuldigung Freys. Aus dem „rauschenden kulturellen Ereignis“ sei „ein politisches geworden“, schrieb Kaiser auf Facebook - ebenso irritiert wie seine Kollegin. Seit Bekanntwerden dieser Verleihung sei er „in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich voraussichtlich ziehen werde“.
Der Opernballverein hatte Al-Sisi am Sonntag trotz öffentlicher Kritik in Kairo einen seiner St.-Georgs-Orden überreicht - in der Kategorie Politik und Kultur. Der frühere General und Armeechef war 2013 nach einem Militärputsch an die Macht gekommen und 2014 als Präsident vereidigt worden. Seitdem geht er mit harter Hand gegen Oppositionelle und Kritiker vor, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt.
Vereinschef Frey hatte die Auswahl damit gerechtfertigt, dass der Ball eine Kultur- und keine politische Veranstaltung sei. Al-Sisi sorge in Ägypten für Stabilität, den Aufbau der Gesellschaft, für Kultur und Bildung - und er sei als Präsident der afrikanischen Union die Stimme Afrikas.
Die Auszeichnung sorgte für Aufruhr, aber es gab auch Verständnis. Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Kai Gehring, Mitglied im Menschenrechtsausschuss, und Erhard Grundl, Kulturexperte, forderten Frey auf, die Entscheidung zurückzunehmen, auch um Schaden von der „hochgeschätzten“ Semperoper abzuwenden. Al-Sisi sei „ein lupenreiner Autokrat und Anti-Demokrat“, die Preisverleihung an ihn „ein Affront“ gegen alle friedlichen Regimekritiker.
Nach dem MDR hatte sich mit der „Sächsischen Zeitung“ auch der langjährige offizielle Medienpartner des Balles distanziert. Die DDV-Mediengruppe twitterte: „Missachtung von Menschenrechten einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung sind mit Haltung und Selbstverständnis von Verlag und Redaktionen der Mediengruppe unvereinbar.“
Frey hatte in der Vergangenheit schon mit einer anderen umstrittenen Entscheidung Schlagzeilen gemacht: 2009 war Russlands Präsident Wladimir Putin Ballgast und Preisträger.
Der undotierte Ballorden ist eine Nachbildung eines barocken Anhängers aus dem Grünen Gewölbe Dresden mit dem Heiligen Georg als Drachentöter - er stand für den Sieg des Guten über das Böse.