Die besten Blogs zu:"TATORT INTERNET"

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Eine heftige Debatte über die Serie ist entfacht.

Ausgewählt von Johannes Boie

Darf man möglicherweise pädophile Männer vor laufenden Kameras in eine Falle locken, sie dann als Kinderschänder an den Pranger stellen? So verfährt RTL2 derzeit in der zehnteiligen Serie "Tatort Internet". Die potentiellen Täter werden in der Sendung zwar vollständig verpixelt gezeigt, mindestens einer konnte jedoch schon enttarnt werden. Der Mann ist seit Freitag als vermisst gemeldet. In der Blogwelt wächst die Wut über die Sendung, aber auch Zustimmung ist für das umstrittene Format zu finden.

Stephanie zu Guttenberg steht in München (Oberbayern) in einem Studio von RTL II. Der Am 07.10.2010 startet der Sender das Magazin ´Tatort Internet". Darin will RTL II Sexualtätern, die Kindern im Netz nachstellen, auf die Schliche kommen, wie der Sender in Berlin mitteilte. Für die Sendung, die insgesamt zehn Mal zu sehen ist, gewann RTL II Stephanie zu Guttenberg, die Ehefrau des Bundesverteidigungsministers, und Hamburgs Ex-Innensenator Udo Nagel als Präsentatoren. (Foto: dpa)

Eine reine Publicity-Show für die an der Sendung mitwirkende Stephanie zu Guttenberg und ihren Kinderschutzverein "Innocence in Danger" nennt Jörg-Olaf Schäfers die Sendung bei netzpolitik.org . Obwohl die Kritiken inzwischen durchweg vernichtend seien, obwohl man meinen könnte, das Format stünde unmittelbar vor der Absetzung und die Beteiligten hätten ihren Ruf endgültig ruiniert, sei vermutlich das Gegenteil der Fall: "RTL2 und Innocence in Danger haben erreicht, was von Anfang an Sinn und Zweck der Sendung war: Sich ins Gespräch zu bringen. Der Zweck heiligt die Mittel."

Ein Blogger auf tutsi.de stört sich dagegen daran, dass die Debatte über die Serie mittlerweile auf einer Meta-Ebene befindet, während niemand mehr über missbrauchte Kinder und Prävention spreche: Er ist sich sicher, dass "genau die jetzt geführte Diskussion leider nichts daran ändert, dass in Deutschland Sexualstraftäter immer noch ihren widerlichen Trieben nachgehen können". Diese müssten hierzulande, sofern sie "überhaupt juristisch zu Rechenschaft gezogen werden", größtenteils "nur mit lächerlichen Strafen für ihre Verbrechen rechnen."

Rechtsanwalt und Blogger Thomas Stadler lehnt das Format aus prinzipiellen Überlegungen ab. "Wenn man gelegentlich in das Programm des Senders RTL 2 reinzappt, denkt man sich zumeist, dass der qualitative Boden bereits erreicht ist und keine Luft mehr nach unten besteht. Das ist freilich ein Irrtum, wie die gestern erstmals ausgestrahlte Sendung ,Tatort Internet' belegt", schreibt er in seinem Beitrag "Noch Luft nach unten" auf internet-law.de . Der Jurist glaubt, dass RTL2 mit der Sendung geltendes Recht breche. "Das unbefugte Aufnehmen des nichtöffentlich gesprochenen Worts, wie auch das Gebrauchmachen von einer solchen Aufnahme, ist danach grundsätzlich strafbar."

Grundsätzliche Hinweise zum Umgang mit Kameras, die einen gegen den eigenen Willen aufnehmen, gibt der Jurist Udo Vetter in seinem lawblog.de unter der Überschrift "Nichts sagen, gehen". Die wichtigste seiner "kurzen Verhaltensregeln" sei, "in erster Linie, schlicht nichts zu sagen und einfach zu gehen." Fall man am Gehen gehindert werde, empfiehlt Vetter, "der Aufnahme freundlich zu widersprechen und den Namen und die Adresse des redaktionell Verantwortlichen verlangen - gern auch in gleichförmiger Wiederholung." Reporter wie jene von RTL2 hätten "keinerlei Rechte, das einfache Weggehen (oder das Zuknallen der Tür) zu verhindern." Sollte den Medienmenschen eben dies nicht bewusst sein, sieht Vetter nur noch eine Möglichkeit: "Dann hilft vielleicht noch ein Anruf bei der Polizei."

© SZ vom 20.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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