Berlin (dpa/bb) - Kurz nach der Silvesternacht in Berlin mit erneuten Angriffen auf Polizei und Feuerwehr werden Forderungen nach einer Ausweitung der neuen Böller-Verbotszonen laut. Der Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD, Jörg Stroedter, und der CDU-Fraktionschef Burkard Dregger machten sich am Donnerstag dafür stark. Innensenator Andreas Geisel (SPD) bezeichnete die von der Polizei eingerichteten Verbotszonen als Erfolg, wollte sich bei der Frage einer möglichen Ausweitung nicht festlegen.
In der Silvesternacht war es in den Böller-Verbotszonen am Alexanderplatz und an der Pallasstraße in Schöneberg ruhig geblieben. An zahlreichen anderen Stellen verhielten sich allerdings vor allem Gruppen junger Männer rücksichtslos und zum Teil sehr aggressiv. Sie warfen Böller auf andere Menschen und auch auf Polizisten und Feuerwehrleute. Raketen wurden quer durch die Gegend geschossen, zunehmend beliebter wurden häufige Schüsse mit Schreckschusspistolen in die Luft. Bei einem Polizeiauto wurde eine Scheibe zerstört.
Ein Video, das die „Bild“-Zeitung veröffentlichte, zeigt auch die Explosion von Profi-Feuerwerkskörpern, sogenannten Kugelbomben, auf einer Kreuzung der Sonnenallee.
Feuerwehr-Chef Karsten Homrighausen sagte der RBB-„Abendschau“, ihn habe entsetzt, „dass die Schwere der Angriffe immer weiter zunimmt, dass wir jetzt mit Schreckschusspistolen bedroht werden und auch teilweise beschossen werden“.
SPD-Fraktionsvize Stroedter forderte, gezielten Böller-Angriffen gegen Einsatzkräfte oder andere Menschen müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Das gelte auch für Gegenden wie den Hermannplatz und die Sonnenallee in Neukölln oder für Großsiedlungen wie das Märkische Viertel und Gropiusstadt, wo Menschen in der Silvesternacht in Gefahr seien. Sein Fernziel sei eine Stadt, in der wie in Paris gar nicht individuell geböllert werde.
CDU-Fraktionschef Dregger sagte zu möglichen Verboten: „Man sollte solche Zonen auf die Gebiete ausdehnen, in denen Einsatzkräfte in der Silvesternacht gezielt angegriffen wurden.“ Das Böller-Verbot müsse dann von der Polizei konsequent durchgesetzt werden. „Ehrlich gesagt, dass einzige, was da wirkt, ist, dass man ihnen mal mit einem Gummiknüppel auf die Finger haut“, sagte Dregger dem Radiosender 104.6 RTL.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) betonte: „Die Polizei hat mit ihrer Präsenz sehr klar gemacht, dass sie Übergriffe wie beim Jahreswechsel 2018/19 nicht mehr hinnehmen wird. Unser Konzept ist voll aufgegangen. Man werde nun die Silvesternacht auswerten und dann über das weitere Vorgehen entscheiden. „Es ist jetzt zu früh, über weitere Verbotszonen zu spekulieren. Das werden wir nach eingehender Analyse entscheiden.“
Der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber hatte Silvester eine Polizeieinheit in Schöneberg begleitet und sprach von einer ruhigen und angenehmen Stimmung in der Verbotszone. Anwohner hätten mit Kindern auf der Straße gestanden und sich bei der Polizei bedankt. Das Problem mit weiteren Verbotszonen sei aber der Aufwand, den die Polizei betreiben müsse. Das sei in so einer Nacht an vielen weiteren Stellen in der Stadt kaum machbar.
Die Polizei hatte Silvester rund 500 Leute eingesetzt, um die Verbotszonen und deren große Umgebung zu kontrollieren. Ingesamt waren 2000 Polizisten zusätzlich zu der Normalbesetzung unterwegs.
Die AfD lehnte die Verbotszonen ab und erklärte, es gehe um „reine Symbolpolitik“, weil der Senat „das Problem gewaltbereiter junger Männer aus gewissen Kulturkreisen“ nicht ernsthaft angehen wolle. Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe kritisierte, die Böllerei habe sich nur um wenige Meter verlagert.