Afghanistan-Einsatz:"Was soll das hysterische Gezeter?"

Ein deutscher Offizier hat den Luftangriff auf einen Tanklaster in Afghanistan befohlen. Nötige Maßnahme oder unverhältnismäßige Gewalt? SZ-Leser diskutieren.

Zu Berichten über den Luftangriff in Afghanistan, den ein deutscher Offizier vergangene Woche befohlen hatte:

Afghanistan-Einsatz: Ein deutscher Offizier hat in Afghanistan den Befehl zum Luftangriff auf einen entführten Tanklaster gegeben. Deswegen steht die Bundeswehr in der Kritik. Das Bild zeigt einen deutschen Isaf-Soldaten.

Ein deutscher Offizier hat in Afghanistan den Befehl zum Luftangriff auf einen entführten Tanklaster gegeben. Deswegen steht die Bundeswehr in der Kritik. Das Bild zeigt einen deutschen Isaf-Soldaten.

(Foto: Foto: AP)

"Fast unbeachtet blieb leider, was der Bundespräsident wenige Tage vor dem Bombardement der Tanklaster bei einem Besuch des Gefechtsübungszentrums in Letzlingen sagte: "Wir alle, vor allem die Politik, haben die Aufgabe, den Einsatz in Afghanistan zu erklären."

Das knüpfte an seine fulminante, gleichwohl bis heute weitgehend unerhörte Rede zum fünfzigjährigen Bestehen der Bundeswehr 2005 an, in der er über dessen Aufgaben und Verankerung in der Gesellschaft sprach: "Das freundliche Desinteresse" hat sich "noch nicht wirklich in ein auch sorgenvolles Interesse" gewandelt. Leider sind wir mit der kardinalen Debatte - zu welchem Zweck wollen wir militärische Gewalt einsetzen und was sind die belastbaren Erträge - extrem spät dran, für diesen Wahlkampf viel zu spät."

Dr. Karl Ulrich Voss Burscheid

Jeder Krieg fordert Opfer

"Was soll das hysterische Gezeter ? Glauben denn unsere Gutmenschen, in einem bewaffneten Konflikt (eigentlich ist es Krieg, ein Begriff, den unsere Politiker ungern benutzen - aus Feigheit?) ginge es ohne Schrammen und Blessuren ab? Wo gehobelt wird, dort fallen auch Späne:

Diese alte Weisheit haben jene Politiker, welche unsere Soldaten seinerzeit nach Afghanistan geschickt haben, aus Unwissenheit nicht bedacht oder aber aus Charakterlosigkeit der Öffentlichkeit verschwiegen. Es ist leicht, hinterher über den Entschluss des Kommandeurs herzuziehen."

Alfred Scheid Landsberg am Lech

Unter der Burka kann sich ein Taliban verstecken

"Immer wieder wird von "Taliban-Kämpfern" und "Zivilisten" geredet. Unter jeder blauen Burka kann ein Selbstmordattentäter mit einem Sprengstoffgürtel daherkommen. Der handelnde Oberst aber soll sie auf Livebildern eines B-1-Bombers unterscheiden können.

Es ist endlich an der Zeit, das Volk über diesen Krieg aufzuklären, in welchen Deutschland ohne Not hineingestolpert ist: ohne Kriegsziel, ohne einen klaren Auftrag an die Truppe, ohne die erforderliche Ausrüstung, die ein solches Unternehmen fernab der Heimatbasis erfordert, und ohne zu überlegen, wie dieser Krieg denn zu beenden ist, wie man aus ihm mit Mann und Maus herauskommt."

Franz Heinrich Kreitz Tübingen

Eine Armee mit dem Staatsanwalt im Nacken

"Es ist die klare Absicht der Taliban, möglichst viele Zivilisten von der Nato töten zu lassen, weil der dadurch erzeugte Druck der Weltöffentlichkeit schneller zum Abzug aus Afghanistan führen wird. Eine schlaue Waffe, vor der die Nato unweigerlich kapitulieren muss.

Es gibt keinen sauberen Krieg, und Kriege muss man gewinnen wollen. Aber eine Armee, der die Öffentlichkeit und die Staatsanwälte so im Nacken sitzen, wie wir das tun, geht keine Risiken ein, kann deshalb nicht gewinnen, sondern nur verlieren. Bleibt da nicht die einzige Konsequenz, die Bundeswehr sofort aus Afghanistan abzuziehen und dann aufzulösen, weil wir ihr das, was sie leisten soll, unmöglich machen?"

Peter Müller Bredenbeck

Es geht nicht ohne Militärjustiz

"Obwohl ich davon überzeugt bin, dass der kommandierende Oberst in jeder Beziehung richtig gehandelt hat, wäre es schon längst notwendig, eine Militärjustiz zu schaffen. Eine solche Justiz wäre nicht zu milde, sondern gerechter, weil deren Mitglieder wissen, wovon sie reden."

Gertraud Konradt Germering

Fragen eines Reservisten an den Minister

"Lieber Kriegsminister, als Leutnant der Reserve der Gebirgsdivision erlaube ich mir folgende Fragen: Warum eskortiert man nicht zwei Sprit-Lastzüge, die doch so gefährlich werden könnten, besser auf ihrer Fahrt?

Warum befreit man nicht die Steckengebliebenen, nur ein paar Kilometer vom Stützpunkt entfernt, mit Bodentruppen? Warum verteilt man nicht anschließend - eine gute Sympathiewerbung bei der armen Landbevölkerung - ein paar Liter Benzin an die Anwesenden?"

Karl Kozmiensky Eschwege

Schlachtfeld ohne klare Fronten

"Was haben ausländische Truppen in Afghanistan verloren? In einem Land doppelt so groß wie die Bundesrepublik, ohne klare Fronten, und wo die Feinde auszumachen einem Suchen im Dunkeln gleichkommt? Soll vielleicht die militärische "Hilfe" in Afghanistan auch eine Hilfe für den Militärapparat und die Rüstungsindustrie sein?"

Anne Vester München

Recht auf Leben statt Recht auf Demokratie

"Es ist zynisch zu behaupten, man wolle den Afghanen die Demokratie bringen, während man ihnen nicht einmal das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gewährt. Der Krieg der Allianz hat Wirtschaft und Landwirtschaft zum Erliegen gebracht. Terrorismus ist die Folge der Besatzung und des Mordens. Afghanistan hat nicht nur einen 11. September erlebt, dieser Horror findet dort alle paar Tage statt."

Volker Schmitz Kreuzlingen, Schweiz

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