6. März 2009:Von Gentechnik bis Bildungsreform

SZ-Leser diskutieren über AKWs, Händchenhalten der Schuldenrberater und Deutschlands krankendes Schulsystem.

Die Anti-Atombewegung als Budget-Risiko?

6. März 2009: Die Meinung der SZ-Leser zum Atomausstieg ist geteilt.

Die Meinung der SZ-Leser zum Atomausstieg ist geteilt.

(Foto: Foto: ddp)

"Der Mahnung von Michael Bauchmüller zum Atomendlager Asse möchte ich entgegen halten, dass die Sanierung der oberirdischen Deponie Georgswerder in Hamburg nur rund 100 Millionen Euro gekostet hat. Dort wurde lange Zeit giftiger Sondermüll eingelagert und in 1983 wurde im Sickerwasser das Gift Dioxin gefunden. Heute ist die Deponie eingekapselt und gefährdet offenbar niemanden mehr.

Ich kann deshalb nicht glauben, dass wirklich zwei Milliarden Euro notwendig sein sollen, um das Atomlager Asse zu sanieren. Plausibler scheint mir, dass die hohe Kostenschätzung erheblich durch den Kampf gegen die Atomenergie motiviert ist. Mit zwei Milliarden lässt sich halt besser argumentieren als mit 100 Millionen Euro.

Auch wird bei der Entrüstung über den Atommüll völlig übersehen, wie geringfügig die radioaktiven Abfallmengen vergleichsweise sind. Jährlich werden hunderttausend Tonnen hochgiftiger, mit Arsen, Quecksilber oder Cyaniden belasteter Müll in Untertagedeponien im Salzgestein endgelagert, ohne dass davon die Öffentlichkeit Notiz nimmt. Die gesamte in Asse eingelagerte Menge dürfte geringer sein, als dass was jährlich hier eingelagert wird. Ungefährlicher ist der Müll in Asse sowieso.

Nach meinem Eindruck wird die Anti-Atombewegung langsam auch zum Budget-Risiko für den Staat, seine Bürger und Unternehmen. Ein Risiko für den Klimaschutz ist die Bewegung schon lange. Natürlich müssen wir auf Dauer auch von den chemotoxischen Abfällen wegkommen. Aber man darf doch nicht die Bürger darüber täuschen, was zur Förderung des Gemeinwohls jetzt am dringendsten zu tun ist und was mehr Zeit hat."

Christoph Barthe Hamburg

Eine strahlende Zukunft ohne Hunger, Atomenergie und Gentechnik

"Es ist nicht nur bedauerlich, sondern bezeichnend wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)als Anhängerin der gentechnisch veränderten Pflanzen im Sommer 2008 sagte, das Welternährungsproblem sei "ohne den Einsatz von Gentechnik" nicht zu lösen. Gleichzeitig spielt sie sich als Klimaschützerin auf und redet bei Energiefragen mit, konkret befürwortet sie auch die Atomenergie und möchte eine Verlängerung der Laufzeiten der AKW`s. in Deutschland.

Ähnlich denken ja noch weitere CDU- Spitzenleute. All das zeigt, wie uninformiert, unwissend oder auch nicht fähig sie sind, interdisziplinär, vernetzt zu denken. Auch wenn es zunächst etwas seltsam klingt: Erst wenn man die Bereiche Landwirtschaft, Tierzucht, Ernährung, Gentechnik im Zusammenhang mit der Frage der künftigen Energie-versorgung, Klimawandel, Notwendigkeit der Kernenergie und Sicherstellung der Welter-nährung betrachtet, kommt man zu einem klaren, für viele auch überraschendem Ergebnis:

Atomenergie ist weltweit keine Lösung des Energie - und Klimaproblems, sie kann und darf keine Zukunft haben. Der ökologischen Landwirtschaft ohne Tierzucht oder zumindest sehr stark reduzierten Tierzucht und damit einer radikale Abkehr vom Fleisch- und Milchkonsum gehört die Zukunft. Die Gentechnik, die das Einfallstor für die Futtermittelndustrie ist, schafft neue, unerträgliche Abhängigkeiten von Agrarkonzenen, leistet keinen wirklichen Beitrag zur Welternährung, eher das Gegenteil und ist , abgesehen von sonstigen ökologischen und gesundheitlichen Bedenken, energetisch eine Hemmschuh, eine Blockade für eine zukunftsfähige, umweltfreundliche Energieversorgung.

Die Energieversorgung kann, wie in zahlreichen unabhängigen Energienstudien nachge-wiesen, durch eine bei weitem noch nicht ausgeschöpfte Energieeffizienz, Energie-einsparungsmöglichen in Industrie, Handel, Gewerbe, in öffentlcih Einrichtungen, Verkehr und nicht zuletzt im privaten Bereich und insbesondere durch erneuerbare Energien und die im Gange befindlichlich Weiterentwicklung von entsprechenden Energietechnologien sichergestellt werden.

In diesem Zusammenhang ist ferner eine wichtige Tatsache zu erwähnen und das ist bisher oft nicht berücksichtigt worden, dass durch eine Umstellung der konventionellen auf konse-quent ökologische Landwirschaft auch in Deutschland mehr Energie eingespart werden kann als alle Atomkraftwerke in Deutschland produzieren. Erklärung: Eine Tonne Kunstdünger braucht zur Herstellung und Verteilung die Energie von 2 to Erdöl. Hinzu kommt dann noch der erhebliche Aufwand für die Herstellung von Pflanzenschutzmitteln.

Wenn man dann noch berücksichtigt, dass durch den Öko-Landbau die Wasserspeicherung wesentlich erhöht wird und große Mengen an CO2 aus der Luft gefiltert und im Boden gespeichert , sollte eigentlich klar sein, wie eine zukunftsfähig Landwirtschaft aussieht. In der Gentechnik in der Landwirtschaft wird Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel in erheblichem Umfang verwendet. Kommen wir jetzt zum Kernpunkt dieser Betrachtung.

Durch die Tierzucht werden in hohem Maße Energie-Wasser, Rohstoffe verschwendet und sonstige gravierende Umweltschäden angerichtet, so daß in der Summe nach Aussage der FAO die Landwirtschaft mit Tierzucht eine größere Umweltverschmutzung bedeutet als der gesamte weltweite Autoverkehr und ist nach dem Energieverbrauch für Gebäude die zweitwichtigste Ursache für den Klimawandel. Der damit zusamenhängende Milch-und Fleischkonsum ist im Übrigen überflüssig, ungesund, ethisch fragwürdig, volkswirtschaftlich unsinnig. Es ist der helle Wahnsinn eine solche Produktion in hohem Maße (zig- Milliarden) zu suventionieren.

All das ist schon gravierend genug, um eine entsprechende Umstellung der Landwirtschaft schnell voranzubringen. Am schlimmsten ist jedoch die Tatsache, daß durch den Futter-mittelanbau riesige Flächen (in Deutschland z.B. 80% der landwirtschaflich genutzten Fläche) verwendet werden. Würden allein die US-Amerikaner 10% weniger Fleisch essen, würde das eingesparte Getreide ausreichen, um alle Hungernden der Welt zu ernähren.

Die Rinder sind die effektivsten Nahrungsmittelvernichter. Ähnliche Zahlen gelten für viele andere Länder. Mais, Getreide, Sojabohnen u.a.m. könnten wesentlich effektiver genutzt werden, wenn man sie direkt zum menschlichen Verzehr einsetzen würde statt zur Tierfütterung. Wer sich mit den genauen Zahlen beschäftigt, kann das Ausmaß einer solchen Landwirtschaft mit Tierzucht nur als unverantwortlich bezeichnen, ganz abgesehen von den damit zusammenhängenden ethischen Fragen in Bezug auf Tiertötungen, Tierleid u.ä..

Eine ökologische Landwirtschaft ohne Tierzucht, zumindest aber mit stark reduzierter Tierzucht ohne Gentechnik ist daher aus den dargestellten Gründen ein ganz wichtiger Königsweg für das Überleben der Menschheit, einer der wichtigsten Beiträge zur Sicherung der Welternährung und damit des Friedens. Es wird höchste Zeit, dass die in Führungs-verantwortung stehenden Politiker sich dieses Grundwissen schnellstens aneignen und danach handeln. Alles Andere ist menschenverachtend, rücksichtslos gegenüber den Tieren und der gesamten Umwelt, kurzum eine Wirtschaft, Landwirtschaft ohne überzeugende Ethik. Der Agrar- und Ernährungswandel muß kommen. Yes, we can, we must!"

Reiner Degen Stockach

Schuldnerberatung fünf nach Zwölf

"Schuldnerberatung ist ein sehr ernstes Thema. Viele Menschen kommen durch verschiedenste Ursachen in finanzielle Schieflage: Trennung/Scheidung, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Eintritt ins Rentenalter, eine gescheiterte Selbständigkeit, Krankheit, Tod von geliebten Angehörigen .... oder sie verlieren den Überblick über ihren Dispo (an dem die Banken gut verdienen), die Kreditkarten, die Null-Zinsen-Ratenzahlungen für Elektrogeräte oder das Null-Komma-Nix Leasing, das heute überall angeboten wird. Die dann zu leistenden monatlichen Ratenzahlungen überschreiten schnell das Budget, kommt noch irgendetwas Unvorhergesehenes dazu, bricht das ganze Kartenhaus zusammen.

Durch das Versprechen weiterer Ratenzahlungen, versuchen die Menschen die Gläubiger still zu halten. Das funktioniert nur kurzfristig. Meist werden durch die Zahlungen, die sich die Schuldner vom Munde absparen, nicht mal mehr die Zinsen abgedeckt. So wächst der Schuldenberg unaufhaltsam weiter und weiter. Erst dann, wenn gar nichts mehr geht," fünf Minuten nach Zwölf" kommen die Schuldner durch Vollstreckungsbescheide, Gerichtsvollzieher und schlaflose Nächte getrieben zu den Schuldnerberatungen.

Für viele ist es dann sehr schwierig noch 5 bis 6 Monate auf einen Termin warten zu müssen, wie es bei vielen caritativen Stellen der Fall ist. Dort braucht zwar anders als bei den gewerblichen Schuldnerberatungen von den Schuldnern selbst nichts bezahlt zu werden (das übernimmt der Steuerzahler!). Durch das "Weiterzahlen der Raten wie bisher" kostet es sie aber, bis es endlich zum Termin kommt, eine Menge Geld! Wartezeiten vertragen sich nicht mit dem Anliegen der Schuldner! Sie brauchen wirtschaftlich/juristisch geschulte Kräfte, die ihre Probleme sofort in Angriff nehmen und nicht nur "Händchenhalten"! Dies leisten viele gewerbliche Schuldnerberatungen.

Ein großes Problem für die Schuldner: Wie gerät man nicht in die Hände von "Abzockern", sondern findet eine seriöse gewerbliche Schuldnerberatung? Zunächst einmal gibt es "staatlich anerkannte Stellen", die von den jeweiligen Regierungen nach einem strengen Verfahren zugelassen werden (Liste unter www.stmas.bayern.de, Sozialhilfe, Schuldnerberatungsstellen). Außerdem gibt es Anhaltspunkte für seriöse Schuldnerberatung:

- Seriöse Schuldnerberatungsstellen vereinbaren auch nur in Ausnahmefällen Termine zu Hause, in der Regel in ihren Geschäftsstellen/Büros (anders als im Fernsehen).

- Die Gebühren sollten sich nach der Anzahl der Gläubiger und nicht etwa nach der Schuldhöhe richten und der Schuldner sollte darüber vorab informiert werden und sich dann frei entscheiden können, ob er die jeweilige Hilfe in Anspruch nehmen will!

- Es sollte nur einen -und nur einen!- Vertrag geben, in dem genau aufgeführt ist, welche Leistungen für Ihr Geld gewährt werden. Wichtig ist für den Schuldner neben der Unterstützung bei der außergerichtlichen Einigung auch eine Unterstützung bei der eventuell notwendigen Insolvenzantragsstellung an das Gericht! Der Schuldner sollte nur den Schuldnerberatungsvertrag unterschreiben, keine weiteren Verträge!

- Kann die Schuldnerberatung eine Bescheinigung ausstellen, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern vergeblich versucht wurde? Ohne diese Bescheinigung kann die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht beantragt werden! Ausstellen dürfen solche Bescheinigungen nur "geeignete Personen" wie Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare und "geeignete Stellen" , nämlich die, die von den Regierungen als Beratungsstellen anerkannt sind ( www.stmas.bayern.de, s.o.). Achtung: Die Anerkennung sollte in dem Bundesland ausgestellt sein, in dem der Schuldner beraten wird.

- Auch manche Amtsgerichte/Insolvenzgerichte führen Listen mit Schuldnerberatungsstellen.

- Hände weg von "Schuldenverwaltungs- oder Vermögensverwaltungsverträgen" oder "Umschuldungen"! Dabei handelt es sich oft genug lediglich um Kreditvermittler, die hohe Gebühren kassieren oder um Leute, die Ihre Schulden gegen Gebühren nur von rechts nach links schieben.

- Vorsicht auch bei Angeboten, die ausschließlich und unpersönlich über das Internet oder Telefon abgewickelt werden." Carola Ortolf Seeshaupt

Eine Bildungspolitik sieht anders aus

""Die Abkehr vom Grundschulabitur" - "Schavan bringt Lehrer gegen sich auf" - "Woran die Schulen leiden" - "Notpaket für Schulen". Das sind Überschriften von Artikeln der letzten Tage in der Süddeutschen Zeitung, die sich mit der Situation der Schule befassen.

Allen gemeinsam ist die Erkenntnis, dass unsere Schule krank, unser Schulsystem nicht in Ordnung ist. Diese Einsicht ist nicht neu. Die internationalen wissenschaftlichen Untersuchungen wie PISA oder das OECD-Gutachten haben das schon vor Jahren festgestellt. Und was ist geschehen?

Außer der Festlegung von Standards und einem erhöhten Leistungsdruck durch fortlaufende Tests sowie ein Wettbewerb um einen möglichst guten Platz in der Rankingliste- alles im Schnellschuss-Verfahren durchgesetzt- haben die Kultusminister der Länder sich selbstgefällig bestätigt, auf dem richtigen Weg zu sein und handeln nach dem Motto "Weiter so". Außer Reparaturarbeiten im Schulbereich, die keinen durchgreifenden Wandel bringen können, ist wohl auch künftig nichts zu erwarten.

Ein Umbau des Schulsystems, den Tausende von Eltern und Schulträgern, den Verbände und Kirchen, ja auch die Wirtschaft für notwendig halten, erfolgt höchstens halbherzig oder bleibt in der Sackgasse "Zwei-Säulen-Modell" stecken. Zu einer umfassenden Reform der Schule, die jedem einzelnen und unserer Gesellschaft dienen würde, fehlen vor allem ideologiefreie Offenheit und Entschlossenheit. Dazu müsste nämlich über eine umfassende Bildung nachgedacht und "Schule neu gedacht" werden (von Hentig).

Und so werden wir in Deutschland wohl weiter mit unserem in Europa einzigartigen Schulsystem leben und leiden, werden auch weiterhin viele Kinder und Jugendliche sehr oft aus sozial bedingten Gründen "auf der Strecke" bleiben, und wir werden uns mit "Flickschusterei" abfinden müssen. Ich frage mich, wovor die Kultusminister und anderen für die Bildung in Deutschland Verantwortlichen sich so sehr fürchten, dass sie die Gesamtschule als die "Schule für alle" verhindern oder, wie in Niedersachsen, wenigstens erheblich behindern Wissen sie es nicht oder wollen es bewusst nicht wahrhaben, dass diese Schulform auch in Deutschland mehrfach und als "beste Schule Deutschlands" mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet worden ist? Haben Sie doch mehr Mut, meine Damen und Herren, und erkennen Sie die Not-Wendigkeit einer umfassenden Neugestaltung unserer Schule!"

Herbert Kastner

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: