25. März 2009:Bürgerwohl und Politik

SZ-Leser diskutieren über iranische Drohgebärden, verpulverte Steuergelder und die Verlockungen universitärer Imagekampagnen.

Obamas neue Iran Politik

25. März 2009: Was ist neu an Obamas Politik?

Was ist neu an Obamas Politik?

(Foto: Foto: dpa)

"Da wird behauptet, es solle jetzt mit "gegenseitigem Respekt" verhandelt werden, gleichzeitig aber die Drohung eines möglichen Militärschlages aufrecht erhalten, sollte sich der Iran nicht willfährig verhalten. Was ist an dieser Politik neu?

Gleichzeitig wird mit zunehmender Selbstverständlichkeit nur noch vom militärischen Nuklearprogramm des Irans geredet. Mit welchem Recht wird davon ausgegangen, der Iran selber hat bisher immer gesagt, die Atomenergie ausschließlich zivil nutzen zu wollen. Nun kann man zwar einiges an der Atomkraft auszuestzen haben, aber das Land nimmt nur Rechte in Anspruch die ihm zustehen, wie vielen anderen Ländern auch.

Es ist außerdem geradezu lächerlich, davon zu sprechen, falls der Iran sich nuklear bewaffne, würde ein nukleares Wettrüsten ausgelöst, in Anbetracht von Hunderten Atomwaffen in Israel-mit deren Vorhandensein immer wieder subtil gedroht wird, ohne ihre Existenz wirklich zuzugeben. Mit welchem Recht mischt sich die Großmacht USA in die Innenpolitik des Irans ein?

Ein Land, das seine Nachbarn bisher nicht angegriffen hat, im Gegensatz zu Israel, das mit allen Krieg führt und sich in beispielloser Weise über alle UN-Konventionen hinwegsetzt. Gerne wird auch noch immer die angebliche Äußerung Ahmadinedschads zitiert, Israel "müsse von der Landkarte entfernt werden", obwohl es lange bekannt ist, dass es sich dabei um eine (wissentliche?) Fehlübersetzung handelte.

Die Aggressionen gehen nicht vom Iran aus. Auch nach Jahrzehnten können die USA nicht ertragen, dass ihnen der Einfluss ihm Iran entzogen wurde. Wenn die Drohungen auch netter verpackt sind, von einer wirklich anderen Politik kann keine Rede sein."

Marion Dilki, Haar

Bürgerinteressen bleiben auf der Strecke

"Was würde man wohl tun, wenn man als Bauherr einem Konsortium verschiedener Firmen den Auftrag zum Bau einer großen Wohnanlage erteilen würde und gut sechs Monate vor Beendigung des Projekts erführe, die Mitglieder des Konsortiums hätten das Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit verloren?

Man würde vor Gericht gehen, die Fertigstellung der Anlage einklagen und für den zu erwartenden finanziellen Schaden Ausgleich fordern. In der Politik geht das leider nicht. Hier kann man die Arbeit einfach einstellen, denn der durch die Wähler erteilte Regierungsauftrag kennt kein Pflichtenheft, Leistungen sind nicht definiert und deshalb nicht einklagbar. Es ist dem Gewissen der Abgeordneten überlassen, wie stark sie sich dem Wählerinteresse verpflichtet fühlen - eine etwas diffuse Geschäftsgrundlage. Deshalb bleibt es in der Regel nicht aus, dass Parteiinteressen Vorrang vor Sachinteressen bekommen. Das Wohl der Bürger bleibt dabei auf der Strecke.

Nun hatte man gerade zu Beginn der großen Koalition gehofft, dass lange im Parteienstreit liegen gebliebene Reformprobleme zügig gelöst werden könnten, da jetzt beide großen Parteien in der Verantwortung sind und die langen Jahre gegenseitiger Blockaden aufgrund der klaren Mehrheitsverhältnisse überwunden wären. Das hat sich schon früh als Irrtum herausgestellt.

An Stelle einer überparteilichen Kooperation erleben wir die Diktatur der Parteien, die Probleme der Gesellschaft bleiben weiter auf der Strecke. Bei der Vorstellung, dass demnächst die große Koalition durch eine neue Koalition ersetzt wird, lässt einen schier verzweifeln, denn viele Probleme werden wieder im ideologischen Gezänk der Parteien auf der Strecke bleiben. Wieder würden Milliarden an Steuermitteln verpulvert. Man fragt sich, wie lange das noch gut geht."

Dr. Günter Küppers, Bielefeld

Geschäftsessen ja, Arbeitszimmer nein

"In Ihrer Ausgabe vom 3.3.09 berichten Sie unter der Überschrift "Fürstlich tafeln, Steuern sparen" von der steuerlichen Absetzbarkeit von, je nach Branche "angemessenen", Bewirtungskosten für Geschäftsessen, die für entsprechende Berufsgruppen weiterhin Gültigkeit hat.

Dieser Sachverhalt macht mich im Zusammenhang mit Ihrem vor einigen Tagen erschienenen Bericht "Zoff ums Arbeitszimmer" (SZ vom 27.2.09) regelrecht zornig. Denn dort erfahren wir, dass ein Gericht die nicht mehr mögliche Absetzbarkeit von Kosten für ein Arbeitszimmer für meine Berufsgruppe der Lehrer für rechtens erklärt. Das geschieht mit dem, man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen, unsäglichen Hinweis, die vorbereitenden und nachbereitenden Tätigkeiten könnten auch "in sonstigen Räumen oder einer Arbeitsecke", also sonst wo in der Wohnung erledigt werden.

Diese Begründung ist von unglaublicher Ignoranz und Arroganz. Ich kenne so gut wie keinen Kollegen, der nicht definitiv wegen seines Berufs ein eigenes Arbeitszimmer unterhält und damit teuer bezahlen muss. In meinem Büro beispielsweise sind neben entsprechender Literatur, diverser Hängeregister, Schreibtisch und EDV weitere 40 gut gefüllte Ordner mit relevanen Arbeitsmaterialien unterzubringen. Wohin denn damit?

Diesen Sachverhalt zu ignorieren, während luxuriöse und missbrauchsanfällige Steuerprivilegien wie das oben erwähnte Bestand haben, bedeutet in meinen Augen eine willkürliche Ungleichbehandlung, die ich, und ich glaube, ich spreche nicht für mich allein, als regelrecht verletzende Ungerechtigkeit empfinde."

Andreas Veit, Freiburg

Lehrer in die Arbeitsecke?

"Das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz belegt es: Auch Richter sind Bestandteil unserer Gesellschaft. Die Richter (und die Gesellschaft) glauben offensichtlich weiterhin mehrheitlich, dass Lehrer neben dem Unterricht in der Schule diesen nur etwas vor- und nachbereiten und dies wie ein Grundschüler seine Hausaufgaben in kurzer Zeit "in sonstigen Räumen oder einer Arbeitsecke" durchführen können.

Ruhe durch eine geschlossene Türe und Platz ist dafür nicht erforderlich. Hefte und andere Arbeiten wie Aufsätze müssen nicht korrigiert und zwischengelagert werden. Ein PC zur Erstellung von Arbeitsblättern und dergleichen oder gar von Zeugnissen existiert auch nicht. Für den Unterricht sind auch keine Unterrichtsmaterialien erforderlich, die Platz zur Bearbeitung und zur Lagerung benötigen.

Ich werde meine Ehefrau fragen, was sie als Grundschullehrerin neben den Werktagen auch am Wochenende in dem nicht existenten Arbeitszimmer eigentlich macht und dort alles ausbreitet und sie dann in die richterlich verordnete Arbeitsecke vertreiben. Oder träumte ich nur? Gibt es all die vielen Kisten, Ordner und auf eigene Kosten gekaufte Arbeitsmaterialien von Büchern und Arbeitsheften bis hin zum Klebestift, Unterlagen etc., für die meine Frau so viele qm Platz benötigt, gar nicht?

Benötigen Richter und Politiker in den Justizgebäuden und im Parlament auch kein Büro, sondern bearbeiten alles im Gerichtssaal bzw. im Plenum? Leider ist der Traum Realität: Es ist bereits schlimm genug, dass die Arbeit und der Einsatz von Lehrern, die den wichtigsten "Rohstoff' unseres Landes, das menschliche Wissen "bearbeiten" und im doppelten Sinne fördern, in unserer Gesellschaft von allen Seiten missachtet und nicht unterstützt werden. Wenn aber der Großteil der Arbeit der Lehrer wirklich nur in einer (Arbeits-) Ecke stattfindet, dann bleiben mir nur große Zweifel an der Zukunft unseres Landes."

Michael Gerling, München

Wie Universitäten Studenten locken

"Sehr geehrter Herr Fehrmann, der Tenor Ihres Artikels − die Universität Potsdam wirbt intensiv um Studenten aus dem Ausland und aus den westdeutschen Bundesländern und begegnet damit dem "drohenden Studierendenmangel" − wird von konkreten Zahlen in Frage gestellt.

Ein Beispiel: Zum Wintersemester 2008/2009 standen im Fach Soziologie 995 Bewerbern (ohne Ausländer) 180 Studienplätze gegenüber, der interne NC lag damit bei 1,9. Wenn 5,5 Bewerber auf einen Studienplatz kommen, kann von mangelndem Andrang wahrlich nicht die Rede sein.

Innerhalb des Hochschulrankings (s. ZEIT-Studienführer 2008/2009, S. 155) nimmt der Studiengang einen mittleren bis unteren Platz ein. An der besonderen Güte der Ausbildung kann das massenhafte Interesse der Studienbewerber demnach nicht liegen. Es drängt sich vielmehr der Gedanke auf, dass die Universität ohne Not eine weiträumige Imagekampagne pflegt, um Gelder zu verbraten, die im Rahmen des "Hochschulpakts 2020" reichlich fließen. Bereits im September 2008 berichtete die Süddeutsche Zeitung auf ihrer ersten Seite über millionenschwere Werbemaßnahmen ostdeutscher Universitäten, wobei insbesondere Potsdam erwähnt wurde, das Erstsemestern aus dem Westen eine kostenlose Bahncard zur Verfügung stelle.

Bekanntlich werden öffentliche Mittel ersatzlos gestrichen, wenn sie innerhalb des vorgesehenen Zeitraums nicht ausgegeben werden. Das kritische Hinterfragen von Pressemitteilungen der Universitäten und sorgfältige Recherche könnten zu dem Ergebnis führen, dass die Soziologie in Potsdam kein Einzelfall ist: Nebelhafte Prognosen über schwindende Studienbewerber verschleiern das tatsächlich zu knappe Studienplatzangebot, weil keine Hochschulleitung den Verlockungen einer finanziell sehr gut ausgestatteten Imagekampagne widerstehen kann."

Katharina Möller, Bimbach

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: