Sprachlabor (97):Es hat mit der Herkunft zu tun

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger weist Kritik zurück und erläutert "il latte".

WAS LESER R., überspitzt gesagt, auf den Tod nicht abkann, ist das Verb abkönnen im Sinn von ertragen können . Die Aversion hat mit seiner Herkunft zu tun: R. stammt aus dem Zollernalbkreis, wo dieses Wort nicht gebräuchlich war. Seit er sich nach Niedersachsen verheiratet hat, ist er damit hin und wieder konfrontiert, und jetzt sprang es ihm auch noch aus unserem Feuilleton entgegen, wo Peter Alexander - Friede seiner Asche - bescheinigt wurde, er habe viele bezaubert, "die den Gassenhauern und den Witzen, die er so meisterhaft beherrschte, eigentlich nichts abkonnten". Herr R. war nicht nur von dem Wort überrascht, sondern auch von der exquisiten Dativ/Akkusativ-Konstruktion, die vermuten lässt, der Autor habe "nichts abgewinnen konnten" schreiben wollen. Ein korrekt konstruiertes, wenn auch sonst höchst schräges Beispiel fand sich in einem Internet-Palaver: "Das einzige was ich auf den Tod nicht abkann bei Frauen: Ne hässliche Nase. Darauf komme ich gar nicht klar." Alles klar darauf?

Das Wort "Latte-Macchiato-Mama" ist im neuen Szene-Wörterbuch des Dudenverlags zu sehen. Der "Duden - Das neue Wörterbuch der Szenesprachen" stellt nun in sechs Kapiteln mit künstlichen englischen Namen wie ´Stylelife" mehr als 700 Begriffe aus verschiedenen Lebenswelten vor. (Foto: dpa)

EIN SCHARFER Zwischenruf kommt von unserem Leser Sch., der den literarischen Namen Törleß in einem Bildtext als Törless geschrieben sah und dazu anmerkt, dass die Rechtschreibreform über Eigennamen denn doch keine Gewalt habe. Das ist richtig. Trotzdem müssen wir die Kritik zurückweisen, da in dem Text von Volker Schlöndorffs Film die Rede war, und dessen Titel lautete nun mal "Der junge Törless". Das Doppel-"s" war entweder eine Art Echo auf das Doppel-"f" in Schlöndorffs Namen, oder aber es sollte dem Film jene weite Welt eröffnen, die mit Robert Musils "ß" nichts anfangen kann.

"PORCA MISERIA" schreibt Leser V. am Ende seines Briefes, in dem er daran erinnert, dass die Milch im Italienischen il latte heißt, also männlich ist, und dass insofern "die Latte Macchiato", die unlängst im Streiflicht serviert wurde, ein Murks war. Für Murks oder Pfusch hat der Italiener den schönen Ausdruck lavoro mal fatto . Das heißt der schlechte gemacht Arbeit oder so.

© SZ vom 12./13.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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