2. Februar 2009:Sammelsurium von Mathe-Reformen

Die SZ-Leser kommentieren die mathematischen Defizite der Studienanfänger und den Einsatz der Kirche für die Armen.

Sammelsurium von Mathe-Reformen

2. Februar 2009: Schüler an der Tafel im Mathematikunterricht. Ein Leser findet: "Lehrern kann man nur raten, sich nicht durch aufgebauschte "events" ins Bockshorn jagen zu lassen".

Schüler an der Tafel im Mathematikunterricht. Ein Leser findet: "Lehrern kann man nur raten, sich nicht durch aufgebauschte "events" ins Bockshorn jagen zu lassen".

(Foto: Foto: ap)

Jeder Hochschullehrer, der sich nicht in die Tasche lügt, wird die in "Angst vor Abstraktion" (15. Januar) beschriebenen mathematischen Defizite der Studienanfänger bestätigen. Eine Seite zuvor werden die mit freundlicher Unterstützung der Telekom-Stiftung entwickelten Ansätze zur Reform des Mathematikunterrichts beschrieben. Werden sie das Problem lösen? Ich glaube eher, dass sie es verschärfen. Das "Mathe-Schiff", der "Mathe-Koffer", "Fermi-Aufgaben", "mathemagische Momente", Kinder-Unis, Mathe-Ausstellungen, und was heute sonst noch alles propagiert wird: Dieses amorphe Sammelsurium von Einzelstücken erzeugt nur Verwirrung. Was wir stattdessen benötigen, sind schlüssige Konzepte, die an der Fachstruktur ausgerichtet sind und im Kindergarten beginnend ruhig und nachhaltig entwickelt werden. Nur auf diese Weise können Verständnis für Grundbegriffe und technische Fertigkeiten erworben werden. Lehrerinnen und Lehrern kann man nur raten, sich nicht durch aufgebauschte "events" ins Bockshorn jagen zu lassen.

Prof. Dr.Erich Ch. Wittmann Dortmund

Wo die Kirche die Ärmsten unterstützt

In "Die Saat der Widersprüche" (27. Januar) stellt Peter Burghardt pauschal die Kirche als Unterstützer der reichen Elite des Tieflandes hin. Es mag sein, dass einige Kirchenführer nach wie vor eine zu große Nähe zur Oberschicht haben, aber es gibt auch die äußerst segensreiche Arbeit der in den Indiopfarreien tätigen Priester, Diakone, Ordenschwestern. Meine Frau und ich unterstützen einen befreundeten Franziskanerpater, der seit dreißig Jahren im bolivianischen Hochland Pfarreien betreut. Er und seine deutschen, polnischen und bolivianischen Mitbrüder und -schwestern einschließlich des dortigen Bischofs leben und arbeiten unter einfachsten Verhältnissen. Sie unterstützen die Ärmsten unter den Armen, bauen Notkirchen, Schulen, Wasserversorgungen und kaufen neuerdings auch landwirtschaftliche Flächen, die dann die Pfarrei zu günstigen Bedingungen wieder an die landlosen Bauern verpachtet. Letzteres soll den Pfarreien und den Bauern eine nachhaltige Existenz sichern. Gegenüber der von Morales begonnenen Landübereignung hat die Verpachtung den Vorteil, dass die Bauern dieses Land nicht gleich wieder verkaufen können, um an schnelles Geld zu kommen.

Hans Grill Olching

Sammelsurium von Mathe-Reformen

Eine Definition von neokonservativ

Der Begriff "Neocon" wird oft missverstanden ("Neues Glück", 28. Januar). Die National Review und William Buckley waren nie neokonservativ, gerade weil sie nie links waren und nicht mit bestimmten Richtungen der neokonservative Bewegung einverstanden waren. Christopher Buckley, der liberal gesinnte Sohn William Buckleys, sowieso nicht. William Buckley und sein Blatt war beziehungsweise. ist eher "konservativ" oder, wie manchmal in den USA gesagt wird, "paleoconservative". Es scheint, als ob man in Deutschland dazu neigte, Neocon als einen Vorwurf statt als eine Beschreibung zu verwenden.

David Beffert Washington/USA

Vernachlässigte Hassverbrechen

Zu "Von wegen Toleranz" (27. Januar) darf ich ergänzen, dass das Konzept der "Hate Crimes" nicht nur in den USA Eingang in die Gesetzgebung gefunden hat, sondern auch in fast allen Staaten Europas und der ehemaligen Sowjetunion. Entsprechende Initiativen in Deutschland verlaufen dagegen regelmäßig im Sande. Zuletzt hat sich laut einer Meldung in der Deutschen Richterzeitung die Bundesregierung gegen den aktuellen Bundesratsentwurf (BR-Drs. 458/08) ausgesprochen, da aus ihrer Sicht kein Handlungsbedarf bestehe, was zu bezweifeln ist.

Dr. Andreas Stegbauer Eggenfelden

Sammelsurium von Mathe-Reformen

Eine sehr schlechte Geschäftsidee

Immer wieder lese ich von der "Geschäftsidee" einer Bank, langfristige Darlehen auszugeben und diese mit kurzfristigen Geldern zu refinanzieren. So auch in dem Beitrag über die Hypo Real Estate ("Verstaatlichung rückt näher", 29. Januar). Geschäftsidee, das klingt nach Innovation und Kreativität und letztlich nach Pech, wenn sie scheitert. Weit gefehlt. Es gehört zu den Grundregeln des Bankgeschäfts, Kredite möglichst fristenkongruent zu refinanzieren. Das lernt schon der Praktikant in der Bank. Entsprechend muss man etwa bei der HRE, bei der IKB, bei der KfW , die nach Staatshilfen rufen, von fahrlässigen bis gröbsten Fehlern der Verantwortlichen sprechen. Dabei ist schon Rudolf Münemann, Münchner Finanzier und Bankier der 60er Jahre (Investitions- und Handelsbank AG), an dem Prinzip "aus kurz mach lang" jämmerlich gescheitert. Man hätte es also wissen können.

Hellmut Boser München

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Mehr Schutz für geistiges Eigentum

Natürlich hat jeder Künstler (und auch jeder Autor) die Freiheit und Möglichkeit, sein Schaffen im Internet zu verschenken ("Kontrolle ist schlechter", 27. Januar). Aber all diejenigen, die das nicht wollen und heute von ihrer Kunst leben möchten, haben Anrecht auf den Schutz und die Einhaltung der Gesetze, die das geistige Eigentum vor "Kulturnutzern" schützen, wie der Autor illegale Downloader euphemistisch nennt. Selbst jemand wie van Gogh habe bei seinen Malerkollegen abgekupfert. Das mag stimmen, illustriert aber genau den Unterschied zwischen Inspiration und Diebstahl. Schließlich hat van Gogh seinen Kollegen Delacroix nicht wie eine CD eins zu eins kopiert und dann als MP3 an jeder Ecke ausgestellt. Genutzt hat ihm das Kopieren eh nicht: Van Gogh starb arm und ohne Ohr.

Michael Hess Hamburg

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