19. Januar 2009:Die Visionen der Künstler

Den Prado auf den Bildschirm holen: Was Google Earth heute möglich macht, gab es als Idee schon vor 80 Jahren.

"Lupenrein'" - Google Earth holt Meisterwerke aus dem Prado ins Wohnzimmer, 14. Januar

19. Januar 2009: Über Google Earth gelangt man auf Bilder des Prado in Madrid.

Über Google Earth gelangt man auf Bilder des Prado in Madrid.

(Foto: Foto: AFP)

Über ein Google Earth-Programm gelangt man auf diverse Bilder im Madrider Prado ("Lupenrein'" - Google Earth holt Meisterwerke aus dem Prado ins Wohnzimmer, 14. Januar). Und diese sind so präzise dargestellt, dass es ein "lupenreiner Genuss" ist. Da nun alles seine Mütter und Väter hat, seine Traditionen und Vordenker, ist es nützlich, sich daran zu erinnern, wie Friedrich Kiesler (1890 - 1965), der schon früh nach USA emigrierte Allround-Künstler, sich 1929 - vor genau 80 Jahren also - an ein Manuskript machte, das 1930 veröffentlicht wurde. Unter dem Titel "Zeitgenössische Kunst, angewandt im Schaufenster und dessen Displays" beschreibt Kiesler sein New Yorker, 1929 eröffnetes Film-Guild-Cinema als plastisches Medium der Licht-Kunst (nicht nur der Filmprojektion), und imaginiert ein "Tele-Museum" mit fernübertragenen Bildern auch aus dem Prado folgendermaßen:

"Ebenso wie heute (das heißt 1929) Opern drahtlos übertragen werden, so wird dies mit Bildergalerien geschehen. Aus dem Louvre, aus dem Prado zu Ihnen, von überall zu Ihnen. Sie werden das Vorrecht genießen, jene Bilder auszuwählen, die zu Ihrer Stimmung passen oder die den Bedürfnissen irgendeiner bestimmten Situation entsprechen. Mit Hilfe der Wahlscheibe an Ihrem Teleset werden Sie zum Teilhaber an den größten Schätzen der Welt." Die Archive der Kunst sind voller Antizipationen. Wer Visionen hat, sollte also keineswegs zum Arzt gehen, wie das uninspirierte Diktum unseres Ex-Kanzlers Helmut Schmidt lautete, sondern diese festhalten. Manche künstlerische Vision wird spät, aber nicht zu spät eingelöst.

Prof. Dr. Jürgen Claus München

Die Visionen der Künstler

"Klimakiller Google", 13. Januar

Über den Unterschied von Leistung und Energie

Grundsätzlich ist es angebracht, über den Stromverbrauch von Rechenzentren und folglich auch über Einsparpotentiale in diesen Bereichen nachzudenken ("Klimakiller Google", 13. Januar). Doch dann müssen auch die naturwissenschaftlich-technischen Überlegungen stimmen. Nur allzu oft, wie auch in vorliegendem Artikel, werden die physikalischen Größen Energie und Leistung verwechselt. 10,1 Terawattstunden ist die Energie, die jährlich zum Betrieb der Rechner aufgewendet wird. Ein mittelgroßes deutsches Kohlekraftwerk verfügt über eine Leistung von knapp zwei Gigawatt und erzeugt damit (ganz korrekt kann Energie nicht erzeugt, sondern nur umgewandelt werden) jährlich etwa zwölf Terawattstunden Strom. Folglich entspricht der "Stromverbrauch" der Rechenzentren in Deutschland nicht der Leistung von vier mittelgroßen Kohlekraftwerken, sondern der von einem. Gleichwohl sollte die gewaltige elektrische Gesamtleistung der Rechenzentren von über einem Gigawatt Anlass genug für den ansonsten durchaus aufschlussreichen Artikel sein.

Rüdiger Mrasek Cuxhaven

Die Visionen der Künstler

Lächerliche 15 Gramm CO2

Zwei Suchanfragen bei Google setzen 15 Gramm CO2 frei. Nicht mehr? Klimaschonender geht es doch gar nicht. Wenn der Redakteur 20 Kilometer von seiner Wohnung in die Redaktion fahren, verbraucht er etwa 1,5 Liter Sprit und hat damit 3,7 Kilogramm CO2 produziert. Es sei denn, er führe aus Sorge ums Klima mit dem Rad. Doch wie viel CO2 setzt jede israelische Artilleriegranate frei? Oder wie viel der Aufklärungsflug eines deutschen Tornados in Afghanistan? Gemessen an dem überflüssigen Militär dieser Welt mit einem gigantischen CO2-Rucksack, den kein Journalist in Frage stellt, kann sich unser Weltklima sicher viele Google-Suchmaschinen leisten. Ich bin für Googeln statt Bomben.

Emmo Frey Dachau

Die Visionen der Künstler

Behinderter Schüler, schlecht integriert, 13. Januar

Integrativer Unterricht ist nicht immer besser

Der gemeinsame Unterricht für alle Kinder ("Behinderte Schüler schlecht integriert", 13. Januar) ist sicher ein sehr positives und anzustrebendes Ziel. Als Pastorin für Schwerhörigenseelsorge befürchte ich dennoch, dass die Grünen mit der Forderung nach Abschaffung der Förderschulen das Kind mit dem Bade ausschütten. Denn beispielsweise für hörgeschädigte Kinder würde eine Schließung des Förderbereiches Hören bedeuten, dass sie von Lehrern unterrichtet werden, die nicht im Umgang mit ihrer Behinderung ausgebildet sind. Der bei integrativer Beschulung notwendige Förderunterricht wird nicht in der unerlässlichen Stundenzahl gegeben, da die Zahl der Förderlehrerinnen und -lehrer mit dem entsprechenden Spezialwissen zu gering ist. Die Klassenstärken sind in den Regelschulen zudem größer als in den Förderschulen.

Eine individuelle Betreuung der hörgeschädigten Kinder ist nicht in dem Maße möglich wie in den Förderschulen. Weiterhin sind in Regelschulen die zwingend erforderlichen technischen Hilfen nicht vorhanden. Nicht zuletzt sind Klassenräume in Förderschulen "Hören" oft zur Verringerung des Lärmaufkommens schallgedämpft. Eine Besserung all dieser Nachteile ist wegen der hohen Kosten auf lange Sicht nicht erreichbar. Hier wird nach meiner Einschätzung aus Kostengründen mit einer Schein-Integration argumentiert, die in Wahrheit hörgeschädigte und insbesondere stark schwerhörige Kinder noch mehr als heute benachteiligt.

Cornelia Kühne Hannover

Die Visionen der Künstler

Bürger als lästige Fragensteller", 31.Dezember

Wenn Schwerhörige zur Kasse gebeten werden

Das Informationsfreiheitsgesetz enthält Ausnahmen, die dazu führen, dass unberechtigt Informationen verweigert werden ("Bürger als lästige Fragensteller", 31.Dezember). Dies führt sicher nicht selten zu Nachteilen von Bürgern, die diese Informationen zur Durchsetzung ihrer Interessen benötigen. Schwerhörige Menschen mit Hörgeräten und deren Interessenvertreter, der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB), sind ebenfalls Opfer eines solchen Missbrauchs des Informationsfreiheitsgesetzes. Im Jahre 2004 haben die Spitzenverbände der Krankenkassen einen einheitlichen Festbetrag in Höhe von 421,28 Euro für ein Hörgerät festgelegt, ungeachtet der Schwere der Hörschädigung und des Umfanges der notwendigen Hörgeräteversorgung. Für das zweite Hörgerät wurde ein sachlich unbegründeter, nicht nachvollziehbarer Abschlag von 20 Prozent festgelegt.

Festbeträge sollen nach dem Gesetz eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Der Festbetrag von 421,28 Euro deckt jedoch nur einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten, den überwiegenden Kostenanteil - laut einer Erhebung des DSB im Durchschnitt etwa 1600 Euro pro hörgeschädigtem Patient - hat der Versicherte selbst zu tragen. Hörgeräteträger werden wie kaum eine andere Behindertengruppe zur Kasse gebeten!

Der DSB versucht daher seit langem zu erfahren, auf welche Weise dieser völlig unzureichende Festbetrag ermittelt worden ist. Das wird blockiert mit Hinweis auf die Ausnahmeregelungen im Informationsfreiheitsgesetz. Angeblich seien Geschäftsgeheimnisse berührt, wird behauptet. Dabei könnten alle bestimmten Betrieben eventuell zuordnungsfähigen Dateien problemfrei anonymisiert werden. Auf diese Weise wird Transparenz vermieden und eine Überprüfung des Festbetrages vereitelt.

Rolf Erdmann Hannover

Die Visionen der Künstler

Ein Verhältnis voller Komplikationen, 10. Januar

Jedes Opfer ist eines zu viel - auch in Gaza

Auch wenn für die jüdischen Gemeinden Israel als Lebensversicherung gilt und deshalb Kritik an der Politik Israels an dieser Versicherung rührt, wie Matthias Drobinski anführt ("Ein Verhältnis voller Komplikationen", 10. Januar), ist es schwer hinnehmbar, wenn nach den schrecklichen Ereignissen im Gaza-Streifen die Solidarität mit den unter den mörderischen Bombenterror geschundenen Menschen in den Verdacht gerät, als antisemitisch diskriminiert zu werden. Wie anders sollte der Aufruf des Zentralrates der Juden in Deutschland als Antwort auf die weltweite Empörung über das entsetzliche Gemetzel zu interpretieren sein? Als Rechtfertigung der militärischen Führung Israels kann er kein Beitrag zur Lösung des Konfliktes sein, der ja nicht erst seit der Hamas das Nah-Ost-Szenarium bestimmt. Es sollte - bei aller Ursachenforschung - nicht verdrängt werden, dass Hunger und Verzweiflung, gnadenlose Erniedrigung von Menschen sich zu einem explosiven Sprengstoff verdichten können.

Im Übrigen muss nicht stereotyp wiederholt werden, dass die Solidarität mit dem Staat Israel Teil der deutschen Staatsräson ist. Aber seit dem Ende der Naziherrschaft gilt in unserem Land auch der moralische Imperativ, aufzubegehren, wenn Unrecht geschieht. Denn auch durch Schweigen kann man schuldig werden, wie wir aus unserer tragischen Geschichte gelernt haben sollten. Es ist Zeit, sich zu Wort zu melden, wenn selbst UN-Resolutionen skrupellos missachtet werden. In Fragen der Menschenrechte sollte es keine Tabus geben! Die Lebensbedingungen im Gaza-Streifen, die Drangsalierung der dort Eingeschlossenen mit der Hilflosigkeit in einem Konzentrationslager zu vergleichen, wie es der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Kurienkardinal Renato Martino, getan hat, lässt sich nicht - wie geschehen - mit Hamas-Propaganda gleichsetzen. Schließlich heißt es auch in dem Aufruf des Zentralrates der Juden, dass jedes Menschenleben zählt, jedes Opfer eines zu viel ist. Dann sollte auch beherzigt werden, dass Krieg und Hass kein Problem löst.

Dr. Hermann Beck Hof

Die Visionen der Künstler

Liebling Israel

Typisch deutsch. Da tritt der sattsam bekannte Oberlehrer zutage, allenfalls durch historisch bedingte Beißhemmungen irritiert, wie Matthias Drobinski in einer ziemlich mutigen Selbstanalyse offenbart hat (möchte er von der Androhung des Liebesentzuges zügig zur körperlichen Züchtigung übergehen?). Gegenüber dem selbsterklärten Liebling Israel ist der moralische Oberstudienrat D. schon aus pädagogischer Sicht gern besonders streng. Den US-Amerikanern gestanden wir nach dem 11. September 2001 grundsätzlich durchaus noch so etwas wie ein Recht auf Reaktion zu. Bei Israel fordert der Mainstream gleich gerne kategorisch das katholische Prinzip der totalen Vergebung: von wegen die andere Wange hinhalten und so. Noch besser wäre natürlich Selbstgeißelung! Militärs moderner Prägung, gleich welcher Religion oder Nation, lassen sich bei einem Waffengang ungern in die Karten schauen. Bestenfalls Propaganda bekommen Journalisten in einem Krieg (der also bedauernswerter Weise nicht das ideale Feld für Glasnost, Perestroika oder demokratische Transparenz ist!) zu sehen. Eigentlich Binsen. Nur bedingt glaubhaft ist daher jetzt die beleidigte Überraschung, dass hier eine ganz normale Armee zu Werke geht und keine Herz-Jesu-Bruderschaft .

Frederik Birghan Ottobrunn

Die Visionen der Künstler

Adenauer sei Dank

Die Nähe zu Israel sei deutsche Staatsraison, schreibt der Autor - dem ist zuzustimmen und auch den Begründungen. Konrad Adenauer, der dieses Fundament deutscher Außenpolitik eher subversiv und gegen viele seiner Wähler und andere Bürger in der postfaschistischen Bundesrepublik durchgesetzt hat, muss man dafür noch heute öffentlich rühmen.

Heinz Klunker Berlin

Die Visionen der Künstler

An der Grenze, 12. Januar

Auch Mexiko gehört zu Amerika

"In einem mexikanischen Dorf können Touristen für 14 Euro die Flucht nach Amerika durchspielen" heißt es in dem interessanten Bericht "An der Grenze" (12. Januar). Das wäre wie hierzulande aus einem deutschen Nest "nach Europa" abzuwandern. Jeder Ort Mexikos ist Teil von Amerika. Die ständige Identifizierung der USA, gegen die ich keine Ressentiments hege, mit dem gesamten Kontinent oder gar Doppel-Kontinent ist eine sprachliche Sünde zugunsten der ohnehin vorhandenen Dominanz

Hans-Ulrich Knies Unna

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