17. Februar 2009:Römische Panzerknacker

Die SZ-Leser schreiben über sture Schweizer, die Psyche von Soldaten und die Plünderung des italiensichen Staates.

Tausche Steuern gegen Arbeitsplatz

17. Februar 2009: Die Regierung Berlusconi dient vor allem der Sicherung des Privatvermögens des Regierungschefs, findet ein Leser. Im Bild: Silvio Berlusconi.

Die Regierung Berlusconi dient vor allem der Sicherung des Privatvermögens des Regierungschefs, findet ein Leser. Im Bild: Silvio Berlusconi.

(Foto: Foto: dpa)

"Sarkozy brüskiert Europa" hieß es in einem Artikel über Staatshilfen für Autobauer am 10. Februar, und der zugehörige Kommentar von Michael Kläsgen zielte auch in diese Richtung. Dass Frankreichs Präsident massive Finanzspritzen für seine angeschlagene Autoindustrie an Arbeitsplatzgarantien und einheimischen Lieferanten festmacht, ist zweifellos genauso protektionistisch wie das "buy american" eines Barack Obama. Aber ist es deshalb verkehrt? Eine unfaire Wettbewerbsverzerrung ist ein solches Vorgehen schließlich nur, solange es einseitig bleibt. Der "freie Handel" und die "unternehmerische Entscheidungsfreiheit" sind doch keine Werte für sich: Erlaubt ist, was den Menschen nützt. Nicht einigen wenigen Spekulanten und Spitzenmanagern, sondern der gesamten Bevölkerung, und das sind nunmal überwiegend Arbeitnehmer. Wo Manager in ihrer ach so schönen unternehmerischen Entscheidungsfreiheit Fehler machen, die mehr kosten, als Manager und Aktionäre bezahlen können, rettet der freie Handel nichts mehr; wenn dann aber unsere Arbeitsplätze durch befristete staatliche Hilfen gerettet werden können, gebe ich dafür lieber meine Steuergelder her als für manchen anderen Schwachsinn. Klar ist, dass das nur temporäre Maßnahmen sein können: So lässt sich keine dauerhaft kränkelnde Industrie retten, aber es kann verhindern, dass im Grunde gesunde Unternehmen auf einem Weg durch ein "Tal der Tränen" verschmachten, bevor sie die Oase erreicht haben. Der Deal "unsere Volkswirtschaft rettet dich, wenn du dafür auch unsere Volkswirtschaft rettest" ist legitim: Tausche Steuergelder gegen Arbeitsplätze.

Bernhard Tröger Feldafing

Diese sturen Schweizer

"Furchtbar" fanden es Kerr und Dürrenmatt, dass dieser zum "Schultheaterklassiker schlechthin" geworden sei ("Charlotte Kerr über Nähe", 10. Februar). Ein beklagenswertes Schicksal, das F.D. sich zudem noch mit seinem Kollegen Max Frisch teilen musste, der sich freilich meines Wissens nie darüber beklagt hat. Und wer trägt die Schuld daran? Charlotte Kerr will "den Erziehungsbeauftragten der Schweiz'' gefragt haben: "Warum ändern Sie nicht die Lehrpläne?" worauf dieser geantwortet habe: "Die werden nicht geändert." Immer diese sturen Schweizer! Dass die Kulturhoheit in der Schweiz bei den Kantonen liegt und von diesen mit Zähnen und Klauen verteidigt wird, ist Frau Kerr offenbar noch nie aufgefallen. Lehrpläne, deren Erstellung und Änderung, liegen gar in der Kompetenz der einzelnen Schulen. Das Letzte, was wir nötig haben, ist ein "Erziehungsbeauftragter der Schweiz".

Dr. Monika Beckedorf-Gasser Zürich

Römische Panzerknacker

In "Regierende Dackelbande" (9. Februar) über den intellektuellen Widerstand gegen das Berlusconi-Regime zitiert Henning Klüver Dario Fo, der von der "regierenden Dackelbande" Berlusconis gesprochen hatte. Der Dackel heißt zwar bassotto, die banda bassotti aber sind die Panzerknacker, die es auf Dagobert Ducks Vermögen abgesehen haben. In diese Richtung zielte Fos Bemerkung: Dass nämlich die Regierung Berlusconi, wie Klüver ansonsten zutreffend berichtet, vor allem der Sicherung des Privatvermögens des Regierungschefs dient, dass viele der Minister letztinstanzlich vorbestraft sind und dass es vor allem um die Plünderung des Staates zugunsten einer plutokratischen Schicht geht, die die für sie lästigen Regeln der Demokratie so weit wie nur irgend möglich missachtet. So gesehen ist der Vergleich mit den Panzerknackern fast noch zu schmeichelhaft.

Dr. Olaf Müller Weimar

Römische Panzerknacker

Rettende Insolvenz

Es ist ärgerlich, dass immer noch Insolvenz mit Tod des Unternehmens gleichgesetzt wird ("Warten auf den Retter", 11. Februar). Herr Seehofer will Staatshilfen für Schaeffler nicht sofort ablehnen, weil es ja immerhin um 20.000 Arbeitsplätze gehe. Damit setzt er wieder einmal gleich: Insolvenz ist Schließung. Das ist albern. Bei einem Insolvenzverfahren werden verantwortungsvolle Insolvenzrichter einen erfahrenen Insolvenzverwalter einsetzen, der sich mit allen Kräften bemüht, das Unternehmen zu erhalten. Der Staat kann in diesen Krisenzeiten nicht überall einspringen. Die Insolvenzverwalter sind aber sehr wohl in der Lage, die in der Krise befindlichen Unternehmen aus dieser Krise wieder herauszuführen, wenn es das Unternehmen wert ist.

Dr. Fritz Westhelle Kassel

Die Psyche der Soldaten

Die Parlamentarier wollen sich der "posttraumatischen Belastungsstörungen bei Soldaten" intensiv annehmen ("Geruch des Todes", 3. Februar). Das ist zweifellos "ein starkes Zeichen gegenüber denen im Ministerium". Die Gründe, die die Abgeordneten von Union und SPD dazu bewogen haben, im Verteidigungsausschuss ihre Anträge einzubringen, sind dagegen weniger erbaulich. Den Mandatsträgern scheint es nämlich in erster Linie nicht um die Sache selbst zu gehen, da sie ansonsten ähnlichen Anträgen von FDP und Linkspartei nicht schon vor Monaten eine Absage erteilt hätten.

Aus eigener Erfahrung und aufgrund von Gesprächen, die ich während meines UN-Einsatzes 1993 in Mogadischu und Belet Uen (Somalia) mit Kameraden geführt habe, weiß ich: Sowohl bei der psychologischen Einsatzvorbereitung als auch bei der psychologischen Therapie liegt der Schlüssel zum Erfolg stets in der Akzeptanz, die der Soldat dem psychologischen Personal entgegenbringt. Ist diese Akzeptanz nicht da, wird selbst genialstes psychologisches Fachwissen wirkungslos verpuffen. Erfahrungsgemäß findet ein Psychologe, der als Soldat selbst an einem Einsatz teilnimmt oder teilgenommen hat, wesentlich mehr Akzeptanz als dessen Kollege mit zivilem Status, da ein Soldat in ihm stets den Kameraden erkennen wird. Das Geschlecht des psychologischen Personals spielt ebenfalls eine wesentliche Rolle. Wer sich weigert, solche Erfahrungswerte zur Kenntnis zu nehmen, ignoriert die Realität und gefährdet dadurch den Erfolg psychologischer Vorbereitungslehrgänge.

Josef Schwab Furth

Verrat verjährt nicht

Nicht das Persönlichkeitsrecht steht zur Debatte ("Schutz für DDR-Spitzel", 6. Februar), sondern die Verantwortung eines jeden Menschen, zumal keine Verpflichtung zur Spitzeltätigkeit sogar gegen Nahestehende bestanden hatte. Diese Menschen sind für die schädigenden Folgen ihrer Tätigkeit nicht zu Verantwortung gezogen worden und erhalten weithin auskömmliche Altersbezüge, mit denen sie ihre Anwälte bezahlen können. Sie können sich darin sonnen, ein ehrbares Leben zu führen, wohingegen sich die Opfer bekanntlich für ihre Leiden haben abspeisen lassen müssen. Im Hinblick auf die Täter ist es nur recht und billig, wenigstens mit ihrem Namen für ihre Tätigkeit einstehen zu müssen, denn: "Verrat verjährt nicht" - so der Titel eines lesenswerten Buches.

Gotthold Gocht Bad Homburg

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