13. Januar 2009:Ruhestätte für 100.000 Jahre

So denken die SZ-Leser über die Risiken eines atomaren Endlagers und eine "strahlende Zukunft".

Zu "Europa setzt wieder auf Atomenergie" (6. Februar) und "Investieren in die strahlende Zukunft" (13. Januar) schreiben Leser:

13. Januar 2009: Berliner beim Protest gegen Atomenergie.

Berliner beim Protest gegen Atomenergie.

(Foto: Foto: Getty)

"Greenpeace Finnland hat interessante Informationen zum neu entstehenden Atomkraftwerk zusammengetragen, die der Bevölkerung offensichtlich nicht bekannt sind (www.olkiluoto.info/en). Vor dem Bau wurde beispielsweise versprochen, die CO2-Emissionen um 7,5 Millionen Tonnen zu reduzieren. Diese werden nun aber nur um ein Drittel dieser Menge gesenkt. Es wurde versprochen, dass zahlreiche Arbeitsplätze für Finnen entstehen würden - auch dies ist nicht eingetreten. Auch ist das Problem der sicheren Entsorgung hochradioaktiven Abfalls weder in Finnland noch sonstwo auf der Welt gelöst. Abgesehen von Umwelteinflüssen kann auch menschliches Handeln - beabsichtigt oder unabsichtlich - zu einem Austritt von Radioaktivität in den nächsten 100 000 Jahren führen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass das Wissen über das Endlager über einen solch langen Zeitraum hinweg weitergegeben wird. Unsere Nachkommen könnten zum Beispiel aus Versehen auf das Endlager stoßen, wenn sie nach Mineralienvorkommen suchen. Deshalb müssen wir unsere Ressourcen entschieden auf die Energiequellen konzentrieren, die man verantworten kann: Energie sparen, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien."

Karin Adolph, München

Das Licht brennt trotzdem noch

"Atommüll muss für 100000 Jahre sicher gelagert werden. Uran ist ebenso begrenzt wie Öl und Gas. Im August 2007 wurden sechs deutsche AKW vom Netz genommen - aus Sicherheitsgründen. Ist deswegen irgendein Licht ausgegangen? In den nächsten 15 Jahren müssen aus Alters- und Sicherheitsgründen weltweit 150 Kraftwerke stillgelegt werden. Wer ist da nicht ganz auf der Höhe der Zeit? In den letzten drei Jahren sind in dem Bereich der Erneuerbaren Energien etwa 130000 neue Arbeitsplätze allein in Deutschland entstanden. In allen deutschen AKW zusammen arbeiten 38000 Menschen."

Karsten Gerloff, Herford

Aussteiger importieren Atomstrom

"Wann werden die anderen Ausstiegsstaaten in Europa Italien und Österreich so weit sein wie Schweden? Italien stimmte bei einer Volksabstimmung ein Jahr nach dem Tschernobyl-Unfall für die Stilllegung seiner drei Kernkraftwerke. Inzwischen muss Italien die Kraftwerksleistung von 6000 Megawatt in der Grundlast einführen, das ist der Strom von sechs Kernkraftwerken. Der Strom stammt aus Frankreich - und ist natürlich Kernenergiestrom. Österreich nahm das Kernkraftwerk Zwentendorf nach seiner Fertigstellung 1977 aufgrund einer Volksbefragung nicht in Betrieb. Inzwischen ist Österreich Stromimportland geworden. Der meiste Strom kommt aus Tschechien (Kernkraftwerk Temelin). Man darf gespannt sein auf die Entwicklung in unserem Lande."

Dr. Lutz Niemann, Holzkirchen

Schweden will keine Kohle

"Gunnar Herrmann irrt, wenn er meint, die Schweden hätten nie ernsthaft versucht, auf ihre Kernreaktoren zu verzichten. Das waldreiche Schweden hat in den letzten Jahrzehnten den Ausbau der Energiegewinnung aus Biomasse vorangetrieben, die Wärmedämmung der Häuser wurde ausgebaut. Anders sieht es bei der Stromerzeugung aus: Die Schweden kamen nicht an der Erkenntnis vorbei, dass in windstillen kalten Winternächten weder der Wind noch die Sonne Ersatz für den Strom aus Kernkraftwerken bieten kann, der zur Zeit die Hälfte des Bedarfs deckt. Als Alternative können Kohlekraftwerke dienen, aber die klimabewussten Schweden wollten diesen Weg nicht gehen. Sie haben sich gegen den Neubau von Kohlekraftwerken und für die Verlängerung der Laufzeiten ihrer zehn Kernreaktoren beziehungsweise deren Ersatz durch Neubauten entschieden. Ähnliche Entscheidungen haben die Holländer und Schweizer mit der Verlängerung der Laufzeiten um 20 Jahre getroffen. Kein europäisches Industrieland kann in den nächsten zwei Jahrzehnten auf Kernenergie verzichten." Prof. Dr. Konrad Kleinknecht, München

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: