01. August 2009:Im Zweifel für das Kind

Lesezeit: 6 min

Wenn es nach Brigitte Zypries geht, sollen homosexuelle Paare demnächst Kinder adoptieren dürfen. SZ-Leser finden aber: Als Bezugspersonen sind Mutter und Vater wichtig.

Zum Kommentar und den Berichten über das geplante Adoptionsrecht für homosexuelle Paare schreiben Leser:

Mutter - Mutter - Kind: Wenn es nach Justizministerin Brigitte Zypries geht, sollen gleichgeschlechtliche Paare demnächst Kinder adoptieren dürfen. Kritiker sind allerdings der Meinung, dass die Gleichbehandlung Homosexueller nicht über das Wohl der Kinder gestellt werden darf. (Foto: Foto: Robert Haas)

"'Es geht darum, die Rechte einer Minderheit zu stärken, um nichts weiter.' Mit diesem Satz werden die wahren Motive derer, die mit Vehemenz ein Adoptionsrecht für homosexuelle Paare in unserer Gesellschaft durchsetzen wollen, deutlich. Meine tägliche Erfahrung als Psychiater und Psychotherapeut zeigt mir die fundamentale Bedeutung der Beziehung zu Vater und Mutter in der so genannten Triangulierung für die Identitätsbildung eines Menschen. Diese grundlegende Erfahrung teile ich mit einer Vielzahl von Psychotherapeuten, Pädagogen und Seelsorgern, die sich aufgrund der Atmosphäre der Political Correctness in unserer Gesellschaft offensichtlich nicht trauen, in die Öffentlichkeit zu treten.

Gestützt wird diese Erfahrung durch jahrzehntelange Forschung im Bereich der Entwicklungspsychologie. Ein paar wenige oberflächliche und in ihrem Ansatz fragwürdige Studien können über diese Erfahrungen nicht hinwegtäuschen. Was die Gleichberechtigung anbelangt, so gilt der Grundsatz, dass man nur Gleiches mit Gleichem rechtlich gleichstellen muss.

Vater und Mutter zu haben ist aber für das Kind etwas grundlegend anderes, als zwei gleichgeschlechtliche Bezugspersonen zu haben. Insofern greift das Argument der Gleichstellung nicht. Hier werden wider besseren Wissens vermeintliche abstrakte Rechte einer Minderheit über das Kindeswohl gestellt."

Dr. Christian Spaemann Braunau/Inn

Punkte sammeln für den Wahlkampf

"Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat vorgeschlagen, gleichgeschlechtlichen Paaren das volle Adoptionsrecht zu geben. Gegen diesen Vorschlag ist nichts einzuwenden. Kinder brauchen zum Aufwachsen eine liebevolle und vertrauensvolle Erziehung. Diese können sie in einer hetero- oder homosexuellen Beziehung finden - oder auch nicht.

Allerdings stellen sich zwei andere Fragen: Warum hat Frau Zypries das Adoptionsrecht für Schwule und Lesben sieben Jahre lang abgelehnt? Damit im Wahlkampf noch schnell Punkte sammeln zu wollen, wird dem Thema nicht gerecht. In den Wahlkampf gehört das Thema, anders als der CSU-Generalsekretär meint, indes auf jeden Fall. Denn die Wähler wollen wissen, was die Parteien nach der Wahl vorhaben."

Dr. Axel Bernd Kunze Bamberg

Mehr Erziehung, weniger Egoismus

"Den Unionsparteien geht es nicht um Sachargumente, sondern darum, ihre in großen Teilen erzkonservativen Wähler zufriedenzustellen. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass gleichgeschlechtliche Paare einen Erziehungsauftrag ganz besonders ernst nehmen, weil für sie eine Elternschaft niemals eine gelegentlich zu vernachlässigende Selbstverständlichkeit, sondern immer etwas ganz Besonderes sein wird.

Eine gewissenhafte Wahrnehmung von Elternpflichten kann und darf zu einer bereicherten Selbstverwirklichung führen. Letztere ist frei von dem unterstellten Egoismus und steht der Erfüllung des Erziehungsauftrags nicht im Weg. Wer gleichgeschlechtliche Paare voll in die Gesellschaft integriert sehen will, stimmt dem Adoptionsrecht als einem besonders wichtigen Schritt dorthin zu."

Hans Gerbig Gersthofen

Eine Studie, die Fragen aufwirft

"Das Justizministerium stützt sich beim Entwurf für das Adoptionsrecht homosexueller Paare auf ein Gutachten der Universität Bamberg. Wenn man die Homepage der jungen Projektleiterin Dr. Marina Rupp anschaut, bekommt man Zweifel an ihrer Studie.

In der Studienbeschreibung heißt es unter anderem: 'Der Zugang zu den Zielgruppen gestaltete sich ausgesprochen schwierig.' Auf so ein Gutachten stützt sich Frau Zypries? Sie sagt, die schulische und berufliche Entwicklung der Kinder sei normal. Das mag stimmen, aber reicht das? Wie ist es mit Emotionen, mit der Fähigkeit zu gutem zwischenmenschlichen Verhalten? Bekommen die Kinder die Liebe, die sie brauchen, um selbst lieben zu können?"

Hans Josef Schramm Oettingen

Notwendigkeit der Natur

"Homosexualität beeinträchtigt Wert und Würde eines Menschen nicht im Geringsten. Sollten homosexuelle Paare auch Kinder adoptieren dürfen? Die Antwort muss ja lauten, wenn alle wichtigen Voraussetzungen für das Glück und die Entwicklung eines Kindes gegeben sind. Nun bestreitet kein ernstzunehmender Psychologe, dass eine nicht ganz unwichtige Voraussetzung bei homosexuellen Paaren fehlt: Das Kind braucht einen Vater und eine Mutter, eine männliche und eine weibliche Bezugsperson. Diese Notwendigkeit ist in der Natur verankert.

Die Annahme, Vater und Mutter seien für die beste Entwicklung eines Kindes nicht nötig, ist derart radikal und unwahrscheinlich, dass sie der sorgfältigsten Begründung bedarf. Peter Fahrenholz setzt diese Annahme in seinem Kommentar stillschweigend voraus, liefert die Begründung nicht, kann sie auch nicht liefern. Deshalb ist seine Schlussfolgerung (Ja zum Adoptionsrecht von homosexuellen Paaren!) nicht erlaubt."

Wolfgang Illauer Westheim

Das würde Naturgesetze auf den Kopf stellen

"Erschreckend ist es zu lesen, welche Reaktionen die Ablehnung des Adoptionsrechts durch die Union hervorgerufen hat. Seit Jahrtausenden ist die Familie die kleinste Einheit jedes Gemeinwesens und sie war in ihrem Kern nie anders definiert als bestehend aus Vater, Mutter und Kindern. Was seit Urzeiten unverrückbar steht, soll auf einmal, so Herr Beck von den Grünen, realitätsfremd und antiquiert sein.

Hier schwingt sich der Frontmann einer inzwischen überaus hofierten und mehr als genug gesellschaftsfähig gemachten Minderheit zum Präzeptor einer zunehmend verunsicherten Mehrheit auf, der langsam die klaren Maßstäbe abhanden kommen. Das befördert z. B. auch die SPD-Politikerin Humme, die postuliert, eine 'einseitige Fixierung auf die Ehe' müsse überwunden werden. Wirklich? Immer noch? Haben das nicht die letzten 40 Jahre schon gründlich besorgt? Nicht genug: Aus der Linken tönt der Abgeordnete Heilmann, es sei mittelalterlich, dass Kinder am besten in einer Mann-Frau-Beziehung aufgehoben sind. Ob er schon einmal ein Kind gefragt hat? Nie wird sich ein Kind etwas anderes wünschen als eben eine solche, natürlich intakte Beziehung.

Und es ist wahrlich auf dem Rücken der Kinder ausgetragen, wenn man, so die FDP-Forderung, den homosexuellen Paaren mehr Rechte geben soll, hier konkret das Adoptionsrecht. Auch der SZ-Kommentator Fahrenholz sagt, es gehe darum die Rechte der Minderheit zu stärken. Es gehört natürlich zu unserer freiheitlichen Gesellschaft, dass jeder sein Privatleben nach seiner Fasson gestalten kann und dass der Staat dafür sorgt, dass dieses nicht gestört und diskriminiert wird. Aber gehört dazu wirklich ein Recht auf etwas, das schlicht und einfach die Natur nicht vorsieht ? Was für eine Gesellschaft wollen diejenigen, die meinen, Naturgesetze auf den Kopf stellen zu können?"

Siegfried Tröger Goldkronach

Die Kinder bleiben auf der Strecke

"Peter Fahrenholz bemängelt, dass die Kritik der Union an den SPD-Plänen, homosexuellen Paaren das volle Adoptionsrecht zu gewähren, 'an der Lebenwirklichkeit vorbei' gehe - leider konstruiert Fahrenholz dabei höchstselbst eine Scheinwirklichkeit, die die jüngste politische Wirklichkeit ausblendet. Nicht zuletzt Justiz-Ministerin Zypris (SPD) hat sich in der jüngeren Vergangenheit vehement dafür eingesetzt, dass Scheidungskinder Zugang zu beiden Elternteilen behalten. Mutter und Vater.

Die SPD hat stets die Position vertreten, dass auch jener Elternteil, bei dem die Kinder nach einer Scheidung nicht dauerhaft leben, Kontakt zu den Kindern behalten kann. Die Begründung lautete nie, dass das Interesse der jeweiligen Väter respektive Mütter gewahrt werden müsse, sondern es ist stets auf das Kindeswohl verwiesen worden. Diesem sei dann am besten Rechnung getragen - jedenfalls bisher -, wenn Kinder zu Vater und Mutter Kontakt haben.

Eben dieses Kindeswohl spielt anscheinend keine Rolle mehr, wenn es um homosexuelle Paare geht. Da steht dann nur noch der Wunsch dieser Paare nach einem Kindern respektive Kindern im Vordergrund. Dass Kinder, um sich selbst später aus eigenem Empfinden heraus als Mann oder Frau definieren zu können, zu beiden Geschlechtern familiären Kontakt haben sollten, bleibt dabei auf der Strecke.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich halte Homosexualität für eine absolut natürliche Angelegenheit. Homosexualität ist ebenso normal wie jede andere aus eigenem Antrieb und Willen gelebte Sexualität. Homosexualität ist genau so natürlich, wie die Tatsache, dass aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften kein Nachwuchs hervorgehen kann. Wenn Homosexuelle (mit vollem Recht) als natürlich anerkannt werden wollen, dann sollten sie auch die Natur entsprechender Partnerschaften akzeptieren.

Der SPD hingegen sei geraten, sich schlicht an Grundsätze eigener Politik und nicht den wetterwendischen Launen von Wahlkampfstimmungen hinzugeben."

Roland Bösker Bremen

Es zählen die wissenschaftlichen Ergebnisse

"Man/frau muß schon ein ideologisch verblendeter Anhänger des sog. 'Gender Mainstreaming' sein, um die unterschiedliche biologische und verhaltensmäßige Bedeutung der Vater- und der Mutterrolle für Söhne und Töchter politisch-korrekt zu ignorieren. Es geht also nicht um das Festhalten an traditionellen Werte, sondern um anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse."

Klaus Winkler München

Ein Risiko für die Kinder

"War es bisher nicht so, daß ein Ehepaar, welches ein Kind adoptieren wollte, sich peinlichster Begutachtung unterziehen mußte? Sicher gehen wollte man, daß das Adoptivkind Eltern übergeben wird, die der Aufgabe gewachsen sind, einem fremden Kindein sicheres, dem Kind zu seiner Entwicklung förderliches Zuhause zu geben. Wenn sich beim Begutachten eines adoptionswilligen Paares Zweifel erhoben, hatte ein solches Paar keine Chance. Und nun sollen gleichgeschlechtliche Paare Kinder adop­tieren dürfen!

Ich selbst habe zwei Kinder, eine Tochter, einen Sohn. Als sie heranwuchsen, hoffte ich, daß sie nicht schwul oder lesbisch würden. Nicht weil ich Schwul- und Lesbischsein für eine Krankheit hielte, die es zu heilen gälte - es war nur so, das ich ja wußte, daß Menschen, die dem gleichen Geschlecht geneigt sind, es nicht einfach haben: zwar drohen jemandem, der sich heutzutage als homosexuell zu erkennen gibt, nicht mehr derart massive Repressalien wie noch vor 30 Jahren, aber noch immer treffen Schwule und Lesben auf heterosexuell orientierte Zeitgenossen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen ablehnen. Das alles ist mir wohlbekannt. Aber ein Kind zwei Männern oder zwei Frauen überlassen?

Von 10 Kindern finden 9 eines Tages Gefallen am anderen Geschlecht! Und da soll einen kein Zweifel beschleichen, an der Vernünftigkeit Kinder gleichgeschlechtlichen Paaren zuzuführen? Den Kindern also wird ein Risiko aufgelastet, damit die vermeintlichen Rechte einer Minderheit gestärkt werden!

Was ist das für eine abstruse Logik, der Adoption eines Kindes durch gleichgeschlechtliche Paare das Wort zu reden und zu rechtfertigen, weil Kinder manch gemischtgeschlechtlicher Paare mißraten und unglücklich werden!"

Manfred Römer Königsstein

© SZ vom 01.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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