Zollfahndung:Geschmuggelter Schrott

Viagra, falsche Parfüme und eine neue Rauschpflanze: Waren im Millionenwert hat der Zoll in Deutschland 2009 sichergestellt.

Susi Wimmer

Christian Hamberger wirft die Straßenwalze an, Staatssekretär Werner Gatzer greift nach der Lenkstange und gibt Gas: Laut brummend rollt die wuchtige Maschine an, durchpflügt ein etwa vier Quadratmeter großes Beet, Glas zersplittert knirschend, Plastikteilchen fliegen durch die Luft. Die gut 1000 MP3- und MP4-Player sowie Armbanduhren mit Glitzersteinchen und Schriftzügen wie "Cartier" sind Schrott. Was der Zoll hier eindrucksvoll demonstriert, ist das Ergebnis seiner Arbeit vom letzten Jahr: Allein in München stellten die Beamten 61.700 gefälschte Produkte im Wert von 5,1 Millionen Euro sicher.

Zoll München, Foto: Einfeldt

Der Münchner Zoll zieht Plagiate aus dem Verkehr.

(Foto: Foto: SZ/Einfeldt)

Bundesfinanzminister Schäuble wollte eigentlich zur Jahrespressekonferenz des Zolls am Münchner Flughafen anreisen, "doch die Ärzte haben ihm abgeraten", sagt Staatssekretär Gatzer. So verkündet er die Jahreszahlen: 103 Milliarden Euro habe der Zoll 2009 eingenommen, was fast der Hälfte der Steuereinnahmen des Bundes entspricht. In München kassierten die Zöllner gut 2,3 Milliarden Euro an besonderen Verbrauchersteuern, Zöllen, Energie- oder Tabaksteuern.

"Hannah Montana ist momentan hipp", sagt Klaus Hoffmeister, Leiter der Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz. Rosa Kissen des Teenie-Stars liegen auf dem Tisch aus, ebenso Puma-Schuhe und Dolce & Gabbana-Parfüme. "Daran hätten sie keine Freude", meint ein Zöllner grinsend, "die gefälschten Parfüme verursachen oft Hautreizungen". Der Zoll steht in engem Kontakt mit großen Firmen. Die erklären den Beamten, wie Plagiate zu erkennen sind, beziehungsweise wie sie ihre Produkte etwa durch Hologramme fälschungssicher gemacht haben.

Das Fell einer Löwin hängt über der Stelltafel, darunter die Haut einer Boa Constrictor, ein Gürtel aus dem Leder eines Grünen Leguan, dessen Kopf drangeblieben ist und als Gürtelschnalle fungiert. 2786 Artenschutzexponate stellten die Zöllner 2009 am Münchner Flughafen sicher. Dazu 419 illegale Waffen wie Schlagringe, Wurfsterne oder Munition.

Nahezu neu in München eingetroffen ist Khat. Die hauptsächlich in Afrika angebaute Pflanze wird im Mund gekaut und entfaltet dann seine berauschende Wirkung. 185 Kilo dieses Grases stellten die Münchner Zöllner im letzten Jahr sicher. Mit einer Gesamtmenge von 237 Kilogramm hat sich die aufgefundene Drogenmenge im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht, sagt Thomas Meister, Pressesprecher vom Hauptzollamt München. Außerdem entdeckten die Beamten 239.000 Stück verbotener Arzneimittel. Laut Thomas Meister handelte es sich hauptsächlich um Viagra-Tabletten.

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