Süddeutsche Zeitung

Kolumne: Hin und weg:Endlich Schnee - na super!

Wer Wintersport liebt, findet gerade beste Bedingungen vor. Aber was ist, wenn einem Ski, Schlittschuhe und Rodel gestohlen bleiben können?

Glosse von Stefan Fischer

Endlich kalt. Endlich Schnee in den Bergen. Endlich Winter also. Die Skipisten sind bestens präpariert, etliche Rodelstrecken sind befahrbar. Natureisbahnen locken zum Schlittschuhlaufen, Loipen zum Langlaufen. Wer mit Schneeschuhen oder Tourenski ins freie Gelände will, muss zwar die Gefahr durch Lawinen ernst nehmen und bestimmte Hänge meiden - aber auch dieser Herde selbsternannter Individualisten steht das ersehnte Winterland offen.

Also auf in die Alpen! Nichts wie los in die Mittelgebirge! Tatsächlich? Was ist, wenn man das alles gar nicht möchte? Den elenden Schnee, die lausige Kälte, den ätzenden Wind. Die Hefe-Pappmaché-Klumpen, die einem auf Hütten als Germknödel angedreht werden. Die Zillertaler-Schürzenjäger-Musik dort. Das stundenlange Tragen unbequemen Schuhwerks. Das mühsame Schleppen der Ausrüstung mit steif gefrorenen Fingern, durch die einem zuvor schon ein halber Wochenlohn geronnen ist an der Gondelkassa. Die Blutergüsse, weil es einen eben doch wieder vom Schlitten gehauen oder einem beim Eislaufen die Füße weggezogen hat.

Da muss es doch Alternativen geben. Möchte man zumindest meinen. Es kann einfach nicht sein, dass man dem Winter nur schwer entrinnen kann. Wie, kann es doch? Nun, es sieht ganz danach aus. Ein spezielles Problem gibt es in Berlin, wo aber immerhin vier bis fünf Prozent der Bevölkerung Deutschlands leben: Der Flughafen der Stadt verdient seinen Namen ohnehin nicht. Und jetzt, da man womöglich am dringendsten in wärmere Regionen müsste, ist er durch einen Warnstreik endgültig lahmgelegt worden. Die Ahnung: Bei diesem einen Streik wird es nicht bleiben, und auch nicht bei der Beschränkung auf Berlin und auf den Flugverkehr. Die Post ist auch bereits in Streiklaune, da wird sich die Bahn nicht lange bitten lassen. All das macht das Bestreiken des Winters nicht leichter.

Doch selbst wenn Flugzeuge abheben sollten: Wohin fliegen? Auf Mallorca: liegt Schnee. An den Stränden der griechischen Halbinsel Chalkidiki: liegt Schnee. Klar ist an einen Badeurlaub hier wie dort ohnehin nicht zu denken im Februar. Aber an laue Temperaturen, die einem zumindest die Idee vermitteln, dass es womöglich irgendwann einmal wieder Sommer werden könnte, ja wohl doch. Aber selbst in Indiens Hauptstadt Delhi - und die liegt auf Höhe der Kanarischen Inseln - sind unlängst die Winterferien verlängert worden, weil es für Schüler ansonsten zu kalt gewesen wäre in den häufig nicht beheizbaren Schulgebäuden.

Bleiben tatsächlich einzig die Tropen sowie die Südhalbkugel der Erde? Und wenn: Will - und kann - man es gleich dermaßen übertreiben? Gibt es wirklich nichts zwischen einer Fernreise und einer kitschigen Fototapete fürs Wohnzimmer mit Karibikmotiv, um aufzutauen? Schon gut. Fügen wir uns ins Unvermeidliche. Bringen die Schlittschuhe zum Schleifen, wachsen die Langlaufski. Raus in die Kälte, raus aus der Komfortzone. Alles im Leben ist eine Phase. Auch der Winter.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5747827
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.