Süddeutsche Zeitung

Tourismus in der Coronakrise:Welche Winterziele bleiben derzeit erreichbar?

Während Deutschland runterfährt, gibt es in manch ferneren Urlaubsländern momentan kein gravierendes Infektionsgeschehen. Aber selbst Risikogebiete werden von Reiseveranstaltern angeboten. Ein Überblick.

Von Eva Dignös, Hans Gasser und Monika Maier-Albang

Die Zahl der europäischen Regionen, für die momentan keine Reisewarnung des Auswärtigen Amts gilt, schrumpft von Tag zu Tag. Zuletzt wurden auch Bulgarien, Kroatien, Slowenien und Ungarn komplett zu Risikogebieten erklärt. Auch die Türkei, deren touristische Hauptreisegebiete zeitweise von der Warnung ausgenommen waren, ist jetzt wieder komplett als Risikogebiet eingestuft. Eine Reisewarnung ist kein Reiseverbot, aber, so das Auswärtige Amt, ein "dringender Appell, entsprechende Reisen nicht zu unternehmen". Urlauber können jetzt auch nicht mehr damit rechnen, wie im Frühjahr mit Hilfe der deutschen Botschaft heimgeholt zu werden. Derzeit stehen mehr als 130 Länder ganz oder mit einzelnen Regionen oder Städten auf der vom Robert-Koch-Institut veröffentlichten Liste. Es gibt allerdings auch Fernziele, die nicht als Risikogebiete gelten und ihre Grenzen weiter offen halten. Da die Flugverbindungen dorthin teilweise eingeschränkt sind, ist es von Vorteil, wenn man zeitlich flexibel ist - und Geduld bei der Buchung aufbringt. Ein Überblick.

Afrika

Wer Afrika erleben möchte, wie es in Sachen Tourismus zuletzt vielleicht in den Fünfzigerjahren gewesen ist, der kann dies tatsächlich tun. Einige spezialisierte Reiseveranstalter bieten in Deutschland nach wie vor Afrikareisen an, unter anderem Jacana, Abendsonne Afrika oder Chamäleon. "Hier ist Lockdown, dort ist Freiheit", sagt etwas überspitzt der Inhaber von Abendsonne Afrika, Michael Merbeck. Seine Frau sei gerade mit einer zwölfköpfigen Gruppe in Sambia unterwegs. Die gehörten zu den "etwa fünf Prozent Mutigen", die sich nicht abhalten lassen von einer Reise, so Merbeck. Ansonsten sei die Nachfrage ziemlich am Boden, die Kunden seien verunsichert, hätten Angst vor dem Fliegen oder dass sie nicht mehr zurückkommen. Wer sich dennoch traue, komme zurzeit in den Genuss von sehr gutem Service (wegen der wenigen Reisenden) und auch günstigeren Angeboten, da manche Lodges Specials anbieten.

In vielen klassischen Safariländern sind die offiziellen Corona-Fallzahlen gering. Die meisten dieser Länder verlangen von Einreisenden einen aktuellen negativen PCR-Test. So fordert etwa Namibia bei Einreise einen Test, der nicht älter ist als 72 Stunden. Ein zweiter Test nach fünf Tagen im Land ist seit Kurzem nicht mehr notwendig. Namibia ist kein Risikogebiet, also braucht man nach der Rückkehr nach Deutschland auch nicht testen oder in Quarantäne. Dies gilt auch für Uganda und Ruanda. Vor diesen Ländern wird nur abgeraten, nicht gewarnt. Beide verlangen einen negativen PCR-Test. In Ruanda muss man gleich nach Ankunft einen zweiten machen und 24 Stunden in Kigali bleiben. In Uganda braucht es zur Ausreise einen aktuellen Test, der meist über den Reiseveranstalter organisiert wird. Wer eine Reise auf die Seychellen plant: Hier muss ein maximal 72 Stunden alter negativer Test bei Einreise vorgezeigt werden, auch eine Buchungsbestätigung für maximal zwei Hotels in der ersten Woche sowie eine Auslandskrankenversicherung, die eine Corona-Erkrankung abdeckt, sind notwendig.

Auch in Sambia braucht man im Land einen zweiten Negativtest, Ärzte kommen dazu in die Lodges. Bei der Rückkehr aus Sambia nach Deutschland muss man in Quarantäne, beziehungsweise (ab 8. November) sich nach fünf Tagen testen lassen. Botswana lässt nur private Charterflüge rein und dürfte damit wohl für die meisten Reisenden ausscheiden. Nach Kenia können Deutsche mit einem negativen PCR-Test einreisen, der nicht älter ist als 96 Stunden. Nach der Rückkehr fällt man unter die Quarantänepflicht. Südafrika lässt zurzeit keine Deutschen einreisen, weil Deutschland dort als Hochrisikogebiet gilt. Tunesien lässt deutsche Pauschalreisende ohne PCR-Test einreisen, gilt aber wegen hoher Infektionszahlen als Risikogebiet. Auch in Marokko gibt es viele Infektionen, Touristen dürfen nicht einreisen. Ägypten ist laut Auswärtigem Amt stark betroffen und also Risikogebiet.

Kanaren

Teneriffa, Gran Canaria, Fuerteventura, Lanzarote sind schon lange ein beliebtes Winterreiseziel. Die Kanaren gehören zwar zu Spanien, der dort ausgerufene Nationale Gesundheitsnotstand gilt aber nicht für sie. Wer jetzt fliegt, erlebt etwa Lanzarote so ruhig wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Veranstaltungen sind abgesagt, die Kulturzentren von César Manrique haben aber geöffnet. Die Tourismus-Verantwortlichen der Inseln haben sich zudem etwas einfallen lassen: eine Versicherung, die Folgekosten und den Rücktransport bei einer möglichen Corona-Erkrankung abdeckt. Urlauber müssen sich online registrieren. Zudem gilt von 14. November an eine Testpflicht: Einreisende ab einem Alter von sechs Jahren, die in einer touristischen Unterkunft übernachten, haben dann ein maximal 72 Stunden altes negatives Ergebnis eines Corona-Tests vorzuweisen. Akzeptiert werden sowohl PCR- als auch Antigen-Tests. Im Urlaub muss man sich auf zahlreiche Einschränkungen gefasst machen: In der Öffentlichkeit gilt eine Abstandsregel von eineinhalb Metern. Das Tragen eines Mundschutzes ist im Freien Pflicht, für Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren. Die Maske muss also auch beim Spaziergang am Strand aufgesetzt werden. Im Liegebereich sowie von dort bis zum Wasser und beim Baden darf sie abgelegt werden. Das Nachtleben ist in offenen Räumen und an Tischen mit einer maximalen Auslastung von 75 Prozent gestattet. Bars und Lokale dürfen nur noch bis Mitternacht öffnen.

Portugal: Algarve, Madeira und Azoren

Während in Portugal der Großraum Lissabon sowie die Regionen Norte und Centro als Risikogebiet gelten, ist derzeit die Südhälfte des Landes noch nicht so eingestuft. Das gilt auch für die Algarve sowie die Insel Madeira und die Azoren. Urlauber müssen allerdings bei Einreise ihren geplanten Aufenthaltsort angeben und eine Telefonnummer hinterlassen, unter der sie erreichbar sind. Bei allen Einreisenden wird die Temperatur gemessen, wer mehr als 38 Grad hat, muss mit weiteren Untersuchungen und Maßnahmen rechnen - zum Beispiel Quarantäne.

Griechenland

Griechenland gehört zu den wenigen EU-Ländern ohne komplette Reisewarnung. Lediglich die Region Westmakedonien wurde zuletzt als Risikogebiet eingestuft. Für die Einreise ist ein QR-Code erforderlich. Die griechische Regierung hat nach Regionen abgestufte Hygienevorschriften, je nachdem, wie das Infektionsgeschehen ist. Vielerorts gilt Maskenpflicht in Außenbereichen, wo sich viele Menschen ansammeln. Kinos, Theater, Museen und archäologische Stätten haben Kapazitätsbeschränkungen. In Restaurants dürfen an einem Tisch maximal sechs Personen sitzen. In Bars, Clubs, Cafés und Restaurants ist der Aufenthalt im Stehen verboten, archäologische Stätten und Museen, Friseursalons, Spa- und Wellnesseinrichtungen sind in der Regel geöffnet.

Malediven

Für die Malediven hat das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgesprochen. Der Reiseveranstalter Tui hat die Inseln trotzdem wieder ins Programm genommen. Offenbar rechnet man mit einer Nachfrage nach Zielen, in denen es warm ist und man unter Palmen am Strand liegen kann. Unkompliziert wird der Malediven-Urlaub nicht. Bei der Einreise müssen Urlauber einen negativen Covid-19-Test in englischer Sprache vorlegen. Der Abstrich darf maximal 72 Stunden vor Abflug genommen worden sein. Und nach der Rückkehr gilt für die Urlauber ab dem 8. November eine Quarantänepflicht. Auch auf den Malediven haben sich die Touristiker ein Lockangebot für Urlauber ausgedacht: Im Rahmen eines "Treueprogramms" erhalten Gäste Punkte auf Grundlage der Anzahl der Besuche und der Dauer des Aufenthalts.

Karibik

Hier gibt es einige Inseln ohne Reisewarnung. In vielen Staaten gilt allerdings Maskenpflicht an öffentlichen Orten. Wer Antigua und Barbuda ansteuert, muss bei der Einreise einen negativen Test vorweisen. Barbados, Grenada, St. Vincent und die Grenadinen verlangen zudem eine Online-Registrierung. Dieselben Voraussetzungen muss erfüllen, wer nach St. Lucia reisen möchte, hier ist der Aufenthalt zudem auf den Hotelbereich beschränkt. Kuba gestattet Einreisen derzeit nur in bestimmte Gebiete, unter anderem Cayo Coco und Varadero, das etwa FTI im Angebot hat. Die Dominikanische Republik hat ihre Grenzen und die Hotels im Juli wieder geöffnet. Es gelten aber eine nächtliche Ausgangssperre und Masken-Pflicht in der Öffentlichkeit.

Amerika

Einige Länder kehren langsam zur Normalität zurück, trotzdem gelten für den Großteil des Kontinents Reisewarnungen. Costa Rica erlaubt seit 1. November wieder die Einreise von Touristen per Flugzeug unabhängig vom Abflugort; eine Online-Registrierung ist notwendig. Guatemala und Honduras verlangen zudem einen Test vor Einreise. Kanada sowie die USA haben die Grenzen noch geschlossen, eine Ausnahme macht der Insel-Bundesstaat Hawaii. Hier dürfen Urlauber gegen Vorlage eines negativen Covid-19-Tests einreisen. Auch Peru hat die Grenzen wieder geöffnet, auch ist seit 1. November ist dort die Hauptattraktion Machu Picchu wieder zugänglich.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2020/ihe
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