Russland
"Solange du noch eine Packung Zigaretten in der Tasche hast, ist noch nicht alles verloren", sang Wiktor Zoi 1989. Der sowjetische Rockstar ist lange tot (Autounfall, nicht Lungenkrebs!), aber sein melancholisches Lied hat in Russland jeder im Ohr. Dabei sind Zigaretten per Gesetz aus Rundfunk, Theater und anderen öffentlichen Aufführungen, an denen Kinder teilnehmen könnten, verbannt.
Manchmal sieht man abends noch vereinzelt Raucher von Kiosk zu Kiosk gehen, den Kopf in die niedrigen Luken stecken und verzweifelt fragen: "Haben Sie Zigaretten?" Früher gab es sie noch stückweise. Heute ist der Verkauf von Tabakwaren streng reglementiert. Man bekommt sie nur in Supermärkten an der Kasse, wo sie nicht sichtbar präsentiert werden dürfen. Rauchen darf man noch auf der Straße, in der eigenen Wohnung oder im eigenen Auto; aber seit 2013 nicht mehr in Cafés und Restaurants, öffentlichen Gebäuden, in Zügen oder an Bahnhöfen.
Laut Gesundheitsministerium ist der Tabakkonsum um 17 Prozent zurückgegangen, seit das Gesetz gilt. Das staatliche Umfrageinstitut Wziom musste aber feststellen, dass unverändert 34 Prozent der Menschen in Russland rauchen. Jeder Dritte gibt an, sich nicht an das Gesetz zu halten. Solange eine Packung Marlboro umgerechnet nicht mehr als 1,50 Euro kostet, ist nach Wiktor Zois Maßstab in Russland noch nicht alles verloren.
Julian Hans