Weitwanderwege:Sieben Touren, die Sie kennen sollten

Lesezeit: 8 min

Prozession auf historischer Pilgerroute in Japan

Eine Pilgerin in historischem Gewand auf dem Kumano-Kodo-Weg in Japan. Sie steht vor einem steinernen Buddha.

(Foto: Everett Kennedy Brown/picture-alliance/dpa)

Auf einem Pilgerweg in Japan, entlang der Steilküste in Tasmanien oder einmal rund um den Mont Blanc: Weitwanderwege gibt es auf allen Kontinenten. SZ-Autoren stellen sieben Touren vor.

Von SZ-Autoren

Blitze am Baum

Auf dem Kumano Kodo in Japan

Man kann sich mühen als Gast, und wird doch wenig verstehen: Kaum, was es mit dem dreibeinigen Raben, Yata-garasu, auf sich hat, der so etwas wie das Maskottchen des Pilgerwegs ist. Nicht, wie Shide funktionieren - gefaltete Zettel in Form von Blitzen. Sie werden an heiligen Orten entlang des Kumano Kodo an Bäumen zur rituellen Reinigung aufgehängt, weil hier Kami, Gottheiten, zugegen sind. Man kann all die Schreine und die Tore, die den Übergang zur spirituellen Welt symbolisieren, anschauen und sich erfreuen an der religiösen Vielfalt. Sie zu durchdringen, erfordert wohl Jahre - und das liegt nicht nur daran, dass man sich auf Englisch in der japanischen Provinz Wakayama nur mühsam unterhalten kann. Dieser Glaube ist dem christlich sozialisierten Westeuropäer einfach so fremd.

Aber schön sind sie, die abgelegenen, feuchten Kii-Berge mit ihren tiefen Wasserfällen und verwunschenen Wäldern. Mit etwas Kondition lassen sie sich durchwandern. Übernachtet wird in traditionellen Herbergen, ab und an mit Onsen. Der Wanderer kommt durch Dörfer, in denen die Alten noch ihre Gärten pflegen, während die Jungen in die Stadt abgewandert sind, kostet Algenspeisen und übt sich, den kompletten Fisch in der Suppe mit Stäbchen zu essen. Man taucht ein in eine vergangene und zugleich existente Welt.

Die frühesten der Pilgerrouten sind tausend Jahre alt. Auf dem mehrere hundert Kilometer umfassenden Wegenetz gibt es buddhistische Einflüsse, Shintoismus und Pfade, die Anhänger der synkretistischen Shugendo-Religion nutzen. Seit 2004 ist der Großteil der Routen Unesco-Welterbe, seit mehr als 20 Jahren unterhält die Region eine Partnerschaft zum Jakobsweg. Japanern, die in Europa unterwegs sind, mag das Orientierung geben. Trinität und Auferstehung nehmen es ja locker mit einem Schwarm dreibeiniger Raben auf. (de.visitwakayama.jp) Monika Maier-Albang

Wilde Küste

Der Freycinet Trail in Tasmanien

Australia Tasmania Wallaby in Freycinet National Park PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY KIJF0219

Ein Wallaby im Freycinet Nationalpark in Tasmanien.

(Foto: imago)

Die Wineglass Bay ist so schön wie ihr Name. Eine weiße Sandsichel, an die das türkisfarbene Meer brandet, eingefasst von steilen Hängen, auf denen rund gewaschene, gespaltene Felsen aus dem dichten Busch ragen. Für dieses Neid-Garantie-Foto trotten im Südsommer an manchen Tagen Tausende in einer Karawane zum Aussichtspunkt hoch.

Auf den anderen Wegen des Nationalparks dagegen wandert man meist allein. Vor allem, wenn man die Freycinet Experience bucht, einen der Great Walks of Australia. Am ersten Tag setzt einen das Boot nach Schouten Island über, wo sich die Gruppe auf dem Bear Hill warm läuft und ihr Abendessen angelt. Am zweiten Tag steigt man, teils über Felsen kraxelnd, auf den 580 Meter hohen Mount Graham, berauscht sich am Rundumblick und wandert in einem langen Bogen hinab in die Wineglass Bay. Ihr hübscher Name stammt übrigens aus der Zeit, als die Walfänger in der Bucht so viele Wale zusammentrieben und schlachteten, bis das Meer rot war. Die Knochen liegen noch unter dem Sand.

Richtig einsam wird's dann am dritten Tag. Auf einem Pfad, der auf keiner Karte eingezeichnet ist, führt der Guide über einen Kamm, 200 Meter über dem Pazifik. Zwischen Eukalypten, Kasuarinen und Teebäumen öffnen sich immer wieder Blicke auf die Klippen und das glitzernde Meer, Blauflügelkookaburras flattern auf, manchmal sieht man Robben und Wale. Oder Keilschwanzadler, die mit Seeadlern in wilden Flugmanövern die Krallen kreuzen. Nach einem langen Hatsch über den tatsächlich blendend weißen Friendly Beach kommt man wie jeden Abend zurück in die Lodge, die sich hinter dem Strand im Busch versteckt. Und schwärmt am Kamin bei Austern, Lachs und Sekt davon, wie wild und schön Tasmanien immer noch ist (freycinet.com.au; parks.tas.gov.au). Florian Sanktjohanser

Der Höchste

Einmal um den Mont Blanc

Weitwanderwege: Auf dem Weg um den Mont Blanc sieht man auch Steinböcke.

Auf dem Weg um den Mont Blanc sieht man auch Steinböcke.

(Foto: Michaela Schwinn)

Plötzlich steht er da, der Steinbock, vor perfekten Zick-Zack-Bergen mit Schneespitzen. Und man denkt: Schon wieder so ein Bilderbuch-Moment! Solche erlebt andauernd, wer auf der "Tour du Mont-Blanc" den höchsten Berg der Alpen umwandert. Etwa, wenn man sich nach einem langen Marsch auf einer Bank vor dem Nachtquartier niederlässt, nur die Kuhglocken bimmeln in der Ferne, sonst herrscht Stille. Wenn die Sonne dann langsam immer tiefer sinkt und die Felswände, die sich vor einem auftürmen, rosa-orange aufleuchten. Oder wenn man an einem Regentag völlig durchnässt in die Berghütte Alp Bovine stolpert und dort gerade ein dampfender Bratapfel aus dem Ofen geholt wird.

Aber die Ausblicke und kulinarischen Köstlichkeiten muss man sich erst einmal verdienen. 170 Kilometer geht es auf gut beschilderten Wegen durch drei Länder: Frankreich, Italien und Schweiz. Mehr als 9000 Höhenmeter muss man bergauf überwinden, etwa 8000 bergab. Der anspruchsvolle Weg führt über viele Pässe, so etwa über den Col des Fours mit 2665 Metern. Es geht immer entlang am Bergmassiv des Mont Blanc. Aber auch nach Tagen - zehn bis zwölf sollte man für die ganze Runde einplanen - sieht man sich nicht satt an den mächtigen Gipfeln, den Gletschern, den Bergseen, den Hängen voller Wildblumen.

Nicht ohne Grund zählt die "Tour du Mont-Blanc" zu den Klassikern der Fernwanderwege in den Alpen. Wirklich allein ist man deshalb fast nie und auch koreanische Reisegruppen scheinen die Region für sich entdeckt zu haben. Die Unterkünfte, die mal ein umgebauter Stall mit Bettenlager und ohne Dusche sein können, mal aber auch eine eigene Hütte mit Badezimmer, sollte man vorher buchen. (autourdumontblanc.com) Michaela Schwinn

27 Paar Schuhe

Der längste Weg führt durch Kanada

Hiker crosses a bridge over the Whiteshell River along the Trans Canada Trail Whiteshell Provincial

Die Brücke über den Whiteshell River können Wanderer auf dem Great Trail durch Kanada benutzen.

(Foto: imago/All Canada Photos)

Wer ihn gehen will, sollte Bärenspray und Insektenschutz einpacken. Vor allem aber sollte man Zeit mitbringen für den Great Trail, den längsten Wanderweg der Welt. So wie Dana Meise, 45, ein Mann aus Alberta: Zehn Jahre - mit Unterbrechungen - und 27 Paar Schuhe hat er gebraucht, um die 18 078 Kilometer vom Atlantik zum Pazifik und schließlich zum Arktischen Meer zu laufen, wo er 2018 seine Tour in Tuktoyaktuk beendet hat. Rechnet man die Wasserwege hinzu, misst der Great Trail sogar 24 134 Kilometer. Der Great Trail geht an Seen und Steilküsten entlang, auf alten Eisenbahnbrücken führt er über Schluchten, durch die Rocky Mountains, die Prärie und über den Dempster Highway. Besonders abenteuerlich ist der Itijjagiaq Trail auf der Baffininsel. Er verläuft ohne Markierungen auf den Wegen der Inuit von Iqaluit nach Kimmirut.

Die Idee zum Great Trail hatte die gemeinnützige Trans Canada Trail Foundation: Ein Radwanderweg sollte alle 13 Provinzen und Territorien des Landes verbinden, als Symbol für Kanadas Einheit. Nach 25 Jahren Bauzeit wurde er pünktlich zur 150-Jahr-Feier im Jahr 2017 eröffnet. Sportler, Künstler, Schriftsteller, Naturschützer, Firmen und Politiker unterstützten das Projekt, freiwillige Helfer legten die Wege an und halten sie instand.

Derzeit ist die Filmemacherin Dianne Whelan unterwegs, zu Fuß, mit dem Rad, im Kajak. Der Videoblog "500 Days in the Wild" zeigt ihre bisherigen Etappen. Dana Meise schob - weniger medientauglich - seinen voll beladenen Geländebuggy 21 000 Kilometer vor sich her. Wer wie er auch während des langen kanadischen Winters laufen will, kann Teile der Strecke auf Langlaufskiern und mit Schlittenhunden absolvieren. Oder, wenn die Füße nicht mehr wollen, mit dem Schneemobil (thegreattrail.ca). Ingrid Brunner

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema