Wandern in Lappland:Im Farbrausch des Nordens

Der Herbst ist nur in Neuengland überwältigend? Wanderer bleiben lieber in Europa und touren durch Birkenwälder und über Fjells dorthin, wo Schweden, Finnland und Norwegen aufeinanderstoßen.

Von Hauke Bendt

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Wandern Wanderung in Lappland Eine Fjellwanderung von Abisko über Kilpisjärvi vorbei am Halti bis nach Norwegen.

Quelle: Hauke Bendt

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Es sind vier Grad unter dem Gefrierpunkt. Die Füße und die Nasenspitze sind kalt und der Atem steigt auf und gefriert an der dünnen Zeltwand. Der Herbst hatte sich schon länger angekündigt, nun ist er da. Die Tage werden schnell immer kürzer, dabei ist es noch nicht lange her, dass es nachts gar nicht dunkel wurde. Auf den Gipfeln ringsum der Hochebene fällt schon vereinzelt Neuschnee, nicht viel, aber doch genug, um gut sichtbar liegen zu bleiben. Zu dieser Jahreszeit ist es hier oben in Lappland besonders schön.

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Dicke, dunkle Wolken ziehen am Himmel vorbei. Sie werfen Schatten in die Landschaft, die sich schnell bewegen und ständig für neue Stimmungen sorgen. Immer wieder bricht die Sonne durch die Lücken, die Kontraste werden dann noch stärker. Die Farben scheinen zu explodieren, ein überwältigend schönes Lichtschauspiel. Sobald die Sonne den Boden erwärmt hat, riecht es nach trockenen Blättern, nach Flechten und Moos. Etwas tiefer unten, in den feuchten Tälern, da verströmen unzählige Pilze ihren Duft. Es ist die perfekte Zeit, um einen Rucksack zu packen und durch den Herbst zu streifen.

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Der wohl bekannteste Wanderweg im Norden von Skandinavien ist der Kungsleden. Dieser "Königspfad" verläuft durch Schweden und verbindet Hemavan im Süden und Abisko im Norden. Die Strecke ist 440 Kilometer lang, gut markiert und es gibt viele Hütten, die jeweils in Tagesmärschen zu erreichen sind. Aber: Diese gute Infrastruktur macht den "Weg der Könige" auch so beliebt. Und so hat man kaum eine Chance, mit sich und der großartigen Natur allein zu sein. Tagsüber trifft man viele andere Wanderer und wer nicht im Zelt schlafen will, sollte in den Hütten besser reservieren. Doch Lappland ist groß, erstreckt sich nicht nur über Schweden und hört auch nicht in Abisko auf.

Erst recht ist der Kungsleden nicht der einzige attraktive Wanderweg im hohen Norden: Daher wird hier der Nordkalottleden vorgestellt. Diese Tour führt zwar ebenfalls nach Abisko, dann allerdings noch weiter nach Norden, durch Finnland und bis nach Kautokeino in Norwegen.

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Der Weg ist insgesamt 800 Kilometer lang. Folgt man ihm komplett, überquert man 15 Mal die Grenzen zwischen Schweden, Norwegen und Finnland. Für die meisten wird die gesamte Strecke wohl zu weit sein, aber es lohnt sich durchaus, nur Teile zu laufen. Wandert man ihn etwa ab Abisko nordwärts, so kommt man durch genauso herrliche Landstriche wie weiter im Süden - hat aber die Chance, einige Tage keinen einzigen Menschen zu Gesicht zu bekommen. Wer die Einsamkeit mag, ist hier also besser aufgehoben. Die Blätter der Blaubeeren leuchten in der tief stehenden Sonne feuerrot. Wie riesige Teppiche bedecken sie die Weiten des Fjells.

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Auf norwegischer Seite passiert der Wanderer zuerst den Øvre Dividalen Nationalpark. Baumloses Fjell grenzt direkt an tiefe, mit dichtem Birkenwald bewachsene Täler. So grellgelb ist das Laub, dass es zu strahlen scheint.

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Der Fluss Anjavasselva strömt in einer tiefen Schlucht in den Divielva, von einer Hügelkuppe kann man auf das tosende Wasser hinabschauen. In den Hochebenen rastet der Wanderer immer wieder an großen Seen und je höher er kommt, desto weiter reicht der Blick.

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Nach einigen Tagen kreuzt die Route des Nordkalottleden immer wieder die Grenze zwischen Norwegen und Schweden, bis man schließlich zum Dreiländereck gelangt.

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Das sogenannte Treriksröset ist die Stelle, an der sich die drei Länder in einem Punkt treffen: Dort steht ein großer, gelber Grenzstein in einem See. Ein hölzerner Steg führt sowohl zu diesem Stein als auch um ihn herum. So kann man in wenigen Sekunden drei Landesgrenzen überqueren und zwei Mal die Zeitzone zu wechseln. Gleichzeitig hat man hier den nördlichsten Punkt Schwedens erreicht und das Land hinter sich gelassen. Wer noch weiter Richtung Norden will, läuft nun zunächst Richtung Osten und drei bis vier Tage durch Finnland, bevor dann wieder die Grenze zu Norwegen erreicht ist.

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Am nordwestlichsten Zipfel Finnlands kommt der Wanderer am Halti vorbei, mit 1365 Metern der höchste Berg in Finnland. Allerdings verläuft die Grenze so über den Berg, dass sich der Gipfel auf norwegischer Seite befindet und Finnlands höchster Punkt somit unterhalb der Bergspitze liegt. Eigentlich hatten die Norweger 2016 überlegt, den Finnen diesen Gipfel zum 100. Geburtstag ihrer Verfassung zu schenken - der juristische Aufwand war ihnen dann doch zu groß.

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Die Wanderwege im hohen Norden sind nicht mit denen in den Alpen oder deutschen Mittelgebirgen zu vergleichen. Meist sind es nur schmale Trampelpfade, die je nach Landstrich recht spärlich mit roten, gelben oder orangenen Markierungen an Bäumen und Steinen gekennzeichnet sind. Da sich die Wegzeichen leicht in den sumpfigen Wiesen und den großen Geröllfeldern verlieren, gehören Karte und Kompass auf jeden Fall mit in den Rucksack.

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Besonders in den baumlosen Hochebenen mit ihren seichten Kuppen und den breiten Tälern kann man sich dennoch kaum verlaufen. Oft ist es möglich, viele Kilometer weit zu schauen und so das Gelände mit der Karte abzugleichen. Der Flussverlauf hin zu dem großen See und die Ansammlung bunter Hütten an dem Rentierzaun sind oft schon zu sehen, bevor man sie Stunden später erreicht. Der Wegverlauf ergibt sich meist sowieso aus der Topografie der Landschaft. Wer hier unterwegs ist, besteigt in der Regel ja keine Gipfel, sondern bleibt möglichst zwischen den Bergen. Unnötig steile oder sumpfige Passagen gilt es zu vermeiden, will man mit seinen Kräften haushalten und auch keine feuchten Füße bekommen. Besonders nasse Wiesen kann man schon von weitem an der Vegetation erkennen.

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Die Gräser sind länger und grüner und das weiße Wollgras wiegt sich im Wind. Die Norweger nennen die langstieligen Pflanzen mit ihren flauschig weißen Köpfen Snøull, Schneewolle. Wenn es geregnet hat, geben die Blüten ein jämmerliches Bild ab. Sie saugen sich voll Wasser und lassen ihre langen Haare in Strähnen herunter hängen.

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Es gibt viel Wasser in dieser Umgebung und es ist so sauber, dass in fast jedem Gewässer Fische schwimmen. Trinkwasser zu finden ist daher auch kein Problem. Viele Einheimische nehmen auf ihre Fjelltouren gar keine Flasche mit, sondern nur einen kleinen Becher, den sie sich in die Hosentasche stecken. Ständig passiert man große und kleine Seen oder überquert Bäche und Flüsse, aus denen man immer trinken kann. Brücken gibt es nur selten. Manchmal muss man eine Zeitlang suchen, um eine geeignete Stelle zum Queren zu finden. Aber häufig wird der Fluss irgendwo so breit und flach, dass man von Stein zu Stein balancierend das andere Ufer erreicht. Manchmal kommt man aber nicht umhin, die Stiefel auszuziehen und direkt durch das kalte Wasser zu waten.

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Quelle: Hauke Bendt

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Oft ziehen großen Rentierherden über die weiten Ebenen, nicht selten bis zu hundert Tiere. Jetzt im Herbst beginnt die Brunftzeit, in der die Männchen versuchen, mehrere weibliche Tiere um sich zu scharen. Nach der Paarungszeit werfen die Männchen ihre Geweihe ab. Im Gegensatz zu den Weibchen, die sich ihres Geweihs erst im Mai entledigen, nach der Geburt der Kälber. Die Rentiere des Weihnachtsmanns sind somit wohl allesamt weiblich.

Es gibt aber natürlich nicht nur Rentiere. Im Nationalpark Øvre Dividalen soll neben Braunbären und Wölfen auch die größte Vielfraß-Population in ganz Norwegen leben. Es braucht aber sehr viel Glück, um eines dieser scheuen Tiere zu sehen. Mancher mag es aber vermutlich auch als Glück empfinden, ihnen nicht zu begegnen.

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Gefährlicher als die Tierwelt ist hier draußen aber ohnehin das Wetter, es kann sich schnell ändern. War es tagsüber noch so warm, dass man ohne Jacke wanderte und die Mittagspause im weichen Moos liegend verbrachte, kann es nachts empfindlich kalt werden. Mit einem ausreichend dicken Schlafsack, einer Mütze und langen Unterhosen ist es aber halb so schlimm. Und wenn morgens rings um das Zelt alles von einer weißen Schicht Raureif überzogen ist, frühstückt man am besten gleich im Schlafsack.

Während die Sonne hinter den Hügeln hervorkommt, alles wieder in ein warmes, weiches Licht taucht und auch die Temperaturen langsam wieder ansteigen, schmecken ein heißer Kaffee und die Haferflocken mit Zimt und Zucker gleich doppelt so gut. Nur die vielen Blaubeeren, die noch überall in den Sträuchern hängen, die haben nach so einer Nacht ihren Geschmack verloren.

Online-/Digital-Grafik

Quelle: SZ-Grafik

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Informationen und Überblickskarten zur Wanderung auf dem Nordkalottleden finden Sie zum Beispiel auf outdoorseiten.net oder auf fjaellwanderung.de, Karten bekommen Wanderer zum Beispiel in der Geobuchhandlung, die schon mal einen Überblick über die Route bietet.

© SZ.de/kaeb/dd
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