"Genau so stellt man sich Schweizer Bergidylle vor", sagt Jens Urbansky und schaut hinab ins Albula-Tal. Ein Tal wie aus dem Bilderbuch. Zusammen mit Freunden wollte der 40-jährige Hamburger einige Tage irgendwo in den Bergen entspannen und entschied sich für Heidis Heimat. Eigentlich ließ die Schweizer Autorin Johanna Spyri 1880 ihre weltberühmte Kindergeschichte vom Waisenmädchen Heidi und ihrem störrischen Almöhi im nahen Maienfeld spielen. Doch seitdem der Regisseur Franz Schnyder die Geschichte vor 50 Jahren erstmals im Albula-Tal zwischen Davos und St. Moritz verfilmen ließ, hegt die Region gewisse Ansprüche darauf, die eigentliche Heimat Heidis zu sein.
So wandern die Hamburger auf dem Heidi-Bergweg. Der idyllische Wanderweg führt entlang der Drehorte vom Gebirgsdorf Stuls mit seinem niedlichen, mittelalterlichen Kirchlein hinauf auf die Alm nach Falein, wo sich immer noch die Original-Heidihütte aus dem Filmklassiker befindet. Beim Anblick der Landschaft dauert es nicht lange, und den Hamburgern liegt beim Wandern das bekannte Heidi-Lied auf den Lippen: "Dunkle Tannen, grüne Wiesen im Sonnenschein. Heidi, Heidi, brauchst Du zum Glücklichsein. Holadio, holadio." Den Text kennen alle noch. Das Jodeln fällt den Norddeutschen schon etwas schwerer.
Über Wiesen und Almen, über Gebirgsbäche und durch dunkle Tannenwälder schlängelt sich der atemberaubende Pfad hinauf auf 1870 Meter zur Heidihütte, auf der die Bauernfamilie Schutz-Jenal Besuchern ein schmackhaftes Zvieri mit Bergkäse, Most und frischer Milch serviert. Ein Fotoalbum beweist, dass sich seit den Dreharbeiten hier kaum etwas verändert hat. "Regisseure haben einen guten Blick für besonders schöne und interessante Drehorte", sagt Jens Urbansky beim Anblick der malerisch gelegenen Hütte.
Viele Filmszenen drehte Franz Schnyder damals weiter unten im Tal, in den umliegenden Bergdörfern Latsch, Stuls und in Bergün. Auch hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Die Ortschaften sind nicht nur wegen ihrer mittelalterlichen romanischen Kirchen landesweit bekannt, sondern auch wegen ihrer malerischen Häuser im Engadiner Stil.
Bergün ist aber auch Eisenbahnfans aus aller Welt ein Begriff. Das Schweizer Bahndorf ist das Herzstück der berühmten Eisenbahnstrecke Albula/Bernina, die 2008 von der Unesco zum Welterbe ernannt wurde. Die Fahrt mit der Rhätischen Bahn von Bergün nach Preda ist bereits allein die Anreise ins Albula-Tal wert.
Spektakulär schlängelt sich die Bahn durch Kehrtunnel und über hohe Viadukte durch das Tal. Im Bahnmuseum Albula in Bergün gibt ein Modell im Maßstab 1:87 einen besseren Überblick über die oft verwirrende Linienführung. Parallel zur Bahnstrecke gibt es auch einen Bahnerlebnisweg, auf dem Schautafeln die Geschichte erklären.
Heidi-Bergweg und Bahnerlebnisweg: Themenwege hat das Albula-Tal in Hülle und Fülle. Nicht minder schön ist der Pfad von Preda zum Albula-Pass auf 2315 Meter Höhe. Der Weg führt vorbei an imposanten Wasserfällen und dem Palpuogna-Gebirgssee (im Bild), der 2007 in einer Umfrage des Schweizer Staatsfernsehens zum schönsten Fleck der Schweiz gewählt wurde. Der fast schon kitschig schöne See passt so herrlich in die perfekte Heidi-Kulisse.