Vorbereitungen auf den Fluglotsen-Streik:Vorgezogene Starts, kostenlose Getränke

Treten die Fluglotsen morgen tatsächlich ab sechs Uhr in den Streik, wären Hunderttausende Passagiere betroffen. Wie sich Airlines und Flughäfen auf diese Situation vorbereiten.

Nach Einschätzung des Deutschen Reiseverbands werden an einem durchschnittlichen Tag im August etwa 600.000 Fluggäste an deutschen Airports gezählt - ein Großteil von ihnen könnte dort hängen bleiben, wenn wegen des möglichen Streiks der Fluglotsen alle Starts und Landungen gestrichen und der Luftraum über Deutschland gesperrt würde. Wie sich die Fluggesellschaften und die Flughäfen auf diese Situation vorbereiten.

Vorgezogene Starts, spätere Landung

Mehrere Airlines haben ihre Flüge auf die frühen Morgenstunden des Dienstags vorgezogen. Nach Angaben des Flughafenverbands ADV genehmigten die Länder zusätzliche Nachtflüge nach Einzelfallprüfungen. Bei der Lufthansa sollen am Dienstag einige Maschinen nach Frankfurt, München und Düsseldorf früher starten, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Air Berlin hat bereits 22 Flüge auf 5.15 Uhr vorverlegt. "Es könnten noch weitere folgen", sagte eine Air-Berlin-Sprecherin.

Auch Condor hat andere Abflugzeiten für den Großteil seiner 38 Flüge in den Morgenstunden angekündigt. Tuifly zieht 17 Abflüge vor. Elf Maschinen davon, die in Hamburg, Stuttgart, München, Düsseldorf und Zweibrücken abheben, werden laut Tui wieder auf ihren ursprünglichen Zeitplan zurückgesetzt, falls der Streik abgesagt wird. Die übrigen sechs Maschinen starten in jedem Fall früher. Kunden würden von ihrem Veranstalter oder der Fluggesellschaft über ihre neuen Flugzeiten informiert, erklärt Condor-Sprecher Johannes Winter.

Reisende sollten sich auf den Internetseiten und über die Telefonhotlines über ihre Flugzeiten informieren. Die Maschinen sollen nach den Plänen der Airlines noch vor Streikbeginn abheben. "Wir befinden uns noch in Planungen", sagte die Sprecherin von Air Berlin. Um dem drohenden sechsstündigen Streik ab 6.00 Uhr am Dienstag auszuweichen, können auch Maschinen nach 12.00 Uhr verlegt werden. "Wenn es keinen Streik gibt, fliegen wir wahrscheinlich wieder zu den normalen Zeiten", sagte die Sprecherin.

Bis zu 40.000 gestrandete Passagiere in München

Der größte deutsche Flughafen in Frankfurt bereitet sich auch auf einen möglichen Fluglotsenstreik vor. "Die Feldbetten haben wir aber nicht rausgeholt", sagte ein Sprecher des Flughafenbetreibers Fraport. Bei einem Ausstand am Dienstag könnten die Reisenden davon ausgehen, noch am selben Tag weiterzukommen. Zusätzliches Personal und Versorgungsmaterial seien für den Notfall eingeplant. "Wir können schnell reagieren", sagte der Sprecher. Nach Angaben der Fraport könnten in Frankfurt 500 bis 600 Flüge betroffen sein.

Von einem möglichen Fluglotsenstreik am Dienstag wären am Münchner Flughafen bis zu 40.000 Passagiere betroffen. Wie ein Flughafensprecher mitteilte, könnten durch einen Streik bei der Flugsicherung im schlimmsten Fall alle rund 400 für Dienstagvormittag geplanten Starts und Landungen ausfallen.

Zusätzliche Sitzgelegenheiten, mehr Personal bei der Bahn

Auch die Flughäfen in NRW haben sich nach eigenen Angaben so gut vorbereitet wie dies eben möglich ist. All zu viel tun könnten sie allerdings nicht. "Wir tun alles, um den Passagieren den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten", sagte Thomas Kötter, Pressesprecher des Düsseldorfer Flughafens. Geplant seien 3000 zusätzliche Sitzgelegenheiten, kostenlose Getränke für die Wartenden und ein Unterhaltungsprogramm für Kinder. Außerdem seien einige Gastronomen bereit, Menüs zu deutlich günstigeren Preisen anzubieten.

Ob und wann die Passagiere dann wirklich fliegen könnten, liege allerdings nicht bei den Flughäfen. "Wir versuchen, alles möglich zu machen, aber die Entscheidung trifft die Airline", sagte Walter Römer, Sprecher des Köln-Bonner Flughafens. "Darauf haben wir keinen Einfluss."

Keine Garantie für planmäßigen Betrieb nach Streikende

Ab 12 Uhr werde langsam alles wieder in Gang kommen. Doch es gebe keine Garantie dafür, dass dann wirklich alle Flüge nach Plan starten könnten. Um allzu großen Ausfall zu verhindern, wurde in Köln die Abflugzeit einiger Maschinen bereits in die Nacht vorverlegt. "Das geht aber nur in begrenztem Umfang", so Römer, "da nicht 30 Flieger auf einmal starten können und die Maschinen den deutschen Luftraum bis spätestens 6 Uhr verlassen haben müssen."

In Düsseldorf und Dortmund ist eine Vorverlegung wegen der Nachtflugbeschränkung nicht möglich. Den Passagieren wird geraten, sich direkt bei der jeweiligen Fluggesellschaft oder dem Reiseveranstalter zu informieren. Zusätzlich bieten die Flughäfen Köln-Bonn und Düsseldorf Telefonhotlines an, die unter den Nummern 02203/404000 und 0211/4210 erreichbar sind.

Zusätzliches Personal am Flughafen Hamburg

Der Hamburger Flughafen ist auf einen drohenden Streik der Fluglotsen am Dienstag vorbereitet. "Durch die Aschewolken aus Island sind wir erprobt für Ausnahmesituationen", sagte eine Flughafen-Sprecherin in Hamburg. Sollte es zu dem Ausstand der Fluglotsen am Dienstag von 06.00 Uhr bis 12.00 Uhr kommen, wären davon in der Hansestadt 144 Flüge mit rund 15.000 Passagieren betroffen. Davon gehen 83 aus der Hansestadt ab, 61 Maschinen kommen an. 40 Flugzeuge seien reine Urlaubsflieger, sagte die Sprecherin.

Der Hamburger Flughafen will im Fall eines Streiks zusätzliches Personal in die Terminals schicken, um die Passagiere zu informieren. Das hatten die Mitarbeiter auch getan, als Aschewolken aus Island im vergangenen und diesem Jahr den Luftverkehr lahmlegten. Für die Versorgung der Passagiere ist gesorgt: "Die Gastronomie im Flughafen ist geöffnet", ergänzte die Sprecherin.

Deutsche Bahn bereitet sich auf Ansturm vor

Die Deutsche Bahn bereitet sich unterdessen auf einen möglichen Ansturm von Reisenden vor. "Wir werden alle Fahrzeuge einsetzen und das Personal kräftig aufstocken", sagte ein Sprecher. Die Bahn halte engen Kontakt zu den Fluggesellschaften. Für Lufthansa- und AirBerlin-Kunden besteht durch die "Good for Train"-Kooperation die Möglichkeit, das Flug- in ein Zugticket umzutauschen.

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