Verkehrschaos in Europa:Die dem Winter trotzen

In London, Paris und Frankfurt das gleiche Bild: Verschneite Landebahnen, vereiste Flugzeuge - und entnervte Passagiere. Doch es gibt auch Länder, die das Winterwetter erfolgreich meistern.

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Traveller sleep at the main terminal of Frankfurt's airport

Quelle: REUTERS

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In Frankfurt, London, und Paris das gleiche Bild: Verschneite Landebahnen, vereiste Flugzeuge - und entnervte Passagiere. Doch es gibt auch Länder, die den Winter 2010 erfolgreich meistern.

Der Dienstag begann für die in Frankfurt gestrandeten Reisenden wie der Montag aufgehört hatte: mit Warten. Denn bis circa 8:30 Uhr ging erst mal gar nichts auf den Start- und Landebahnen des größten deutschen Flughafens. Grund: Der Winterdienst kam nach den heftigen Schneefällen der Nacht mit dem Räumen nicht nach. Doch nicht nur das Drehkreuz des deutschen Luftverkehrs ist mit dem Winter 2010 überfordert:

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Quelle: AP

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Auch am Londoner Airport Heathrow campieren Dutzende Reisende, wo auch immer sie gerade ein Plätzchen finden. Mit Eis und Schnee stehen die britischen Verkehrsbetriebe bekanntermaßen auf Kriegsfuß: Wenn wegen Schneefalls die Züge mal wieder im Bahnhof bleiben müssen, wird gerne von wrong snow gesprochen. Und zehn Zentimeter falscher Schnee genügten dann in den vergangenen Tagen auch, um das Luftfahrt-Drehkreuz Europas zum Stillstand zu bringen.

FRANCE-WEATHER-SNOW

Quelle: AFP

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Mehr als 3000 Passagiere saßen zeitweilig am Pariser Großflughafen Charles de Gaulle fest. In Marseille sorgte neben dem Wetter ein Streik des Flughafenpersonals für Chaos. Air France beziffert die Kosten durch schneebedingte Ausfälle im Dezember allein für den Pariser Großraum auf 25 bis 35 Millionen Euro.

Doch nicht nur der französische Luftverkehr ist in diesen Tagen Spielball des Winterwetters:

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Die französischen Behörden halten Lkw und Busse an, Straßen im Norden des Landes sowie im Großraum Paris zu meiden. Und allgemein gilt die Empfehlung, Auto fahren sei derzeit nicht "ratsam".

Vielleicht sollten sich Deutsche, Briten und Franzosen ein Beispiel an ihren europäischen Nachbarn nehmen - denn nicht überall sorgen Schnee und Eis für Chaos und Stillstand:

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In Österreich und der Schweiz herrscht strikte Schneekettenpflicht für Lkw. Heiner Rogge, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes, gibt sich im Deutschlandfunk nachdenklich: "Darüber muss man in Deutschland an sich auch nachdenken."

Anhaltend wird unter Verkehrspolitikern diskutiert, bei Lastwagen zumindest die Winterreifenpflicht auf beide Achsen auszuweiten. "Die Winterreifenpflicht für die angetriebene Achse reicht nicht aus", sagt etwa der Grünen-Verkehrsexperte Winfried Hermann. Speditionsvertreter Rogge gibt sich auch kompromissbereit: "Wenn sich dadurch noch eine Verbesserung der Verkehrssicherheit ergeben kann, dann sind wir in keiner Weise dagegen."

Hermann setzt sich zudem dafür ein, dass die Bußgelder bei Verstößen gegen die Winterreifenpflicht bei Lkw deutlich erhöht werden. 40 bis 80 Euro seien angesichts des Gefährdungspotentials durch Lastwagen ein Witz. Auch hier wird in der Schweiz und Österreich härter durchgegriffen. Der CDU-Verkehrspolitiker Dirk Fischer forderte eine generelle Winterreifenpflicht und Bußgelder in dreistelliger Höhe. Zudem müsse es bei Schnee und Eis erweiterte Fahrverbote für Lkw auf Autobahnen geben.

Winter weather in sweden

Quelle: dpa

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Seit Airports wie London-Heathrow, Paris, Frankfurt oder München teilweise schließen müssen, steht das Telefon am Stockholmer Flughafen Arlanda nicht mehr still - alle bitten um Ratschläge. "Wir sind vermutlich der Flughafen, der die meisten Erfahrungen mit Winterverhältnissen hat", sagte ein Sprecher der Betreiberfirma Svedavia dem Handelsblatt.

Wie auf den Flughäfen von Oslo und Kopenhagen sind in Arlanda die Enteisungsanlagen von Oktober an im Einsatz - und wegen der Erfahrung mit bitterkalten Temperaturen ist dort stets genug Sand und Streusalz vorhanden. Den ausländischen Flughafenbetreibern können die Schweden unter anderem einen Spezialsand präsentieren, der regelmäßig auf die glatten Landebahnen gestreut wird.

Bei heftigen Schneefällen sind nach Angaben des Sprechers bis zu 30 Schneeräumfahrzeuge täglich im Einsatz - zudem beschäftigt Svedavia im Winter Landwirte, die mit ihren Traktoren helfen, die Schneemassen wegzuschaffen und einen geregelten Flugverkehr zu garantieren.

FINLAND-WEATHER-TRANSPORT

Quelle: AFP

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Aus Helsinki wird für Dezember 2010 eine Schneehöhe von 65 Zentimeter gemeldet - das ist sogar für die finnische Hauptstadt ein stattlicher Wert. Dennoch ist Flughafen-Sprecherin Annika Kala ruhig: "Es sieht so aus, als würde dieser Winter wieder hart werden. Aber wir sind gut vorbereitet."

In Helsinki setzt man auf eine Kombination aus guter Ausrüstung, Extrapersonal für die Räumung sowie eine gute Auslastung der drei Landebahnen. Während eine Bahn von Schnee und Eis befreit wird, können Flugzeuge auf den anderen starten und landen. Es ist laut Kala selten, dass zwei Landebahnen nicht nutzbar sind. Die letzte Komplettschließung des Flughafens Helsinki liegt sogar sieben Jahre zurück. Damals ging 30 Minuten nichts mehr - was für gestrandete Passagiere in Frankfurt, London und Paris wie Hohn klingen muss.

Ein eigener Snow Desk des Airports kontrolliert ständig die Wettervorhersagen, hält Kontakt zu den Fluglinien und plant den Einsatz des Personals. "Uns stehen 250 verschiedene Fahrzeuge zur Verfügung", sagte Sprecherin Kala der BBC. Dazu gehörten Schneepflüge, Kehrmaschinen sowie Gerätschaften, mit denen der Schnee von den Landebahnen geblasen werde. Zudem verfügt der Flughafen Helsinki über spezielle Instrumente, mit denen die Reibung der Oberfläche gemessen wird.

In Finnland ist man auf Temperaturen von minus 25 Grad vorbereitet, doch Annika Kala fürchtet weniger den beißenden Frost als Werte rund um den Gefrierpunkt. "Dann ist es feucht und es bildet sich Eis, das wir schnell entfernen müssen", erklärt sie. Dafür benutzen die Finnen Metallbürsten - und zur Not auch Chemikalien.

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Und auch die Kanadier kommen bestens mit widrigem Winterwetter zurecht: Am Toronto Pearson International Airport verfügt man nach eigenen Angaben über die größte Enteisungseinrichtung der Welt. "In einer durchschnittlichen Saison enteisen wir 10.500 Flugzeuge", sagte Sprecherin Patricia Krale dem Handelsblatt. Die Prozedur dauere zwei bis 19 Minuten und laut Krale können bis zu zwölf Flugzeuge gleichzeitig mit einer erhitzten Glykol-Wassermischung enteist werden.

© sueddeutsche.de/dpa/mati/jobr/gbr
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