Kolumne "Ende der Reise":Eintrittskarten für Venedig

Kolumne "Ende der Reise": Ob es bald am Canal Grande nicht mehr so voll ist wie auf diesem Bild? Kommt drauf an, ob das gestaffelte Eintrittsgeld für die Stadt seine Wirkung tut - und es auch kontrolliert wird.

Ob es bald am Canal Grande nicht mehr so voll ist wie auf diesem Bild? Kommt drauf an, ob das gestaffelte Eintrittsgeld für die Stadt seine Wirkung tut - und es auch kontrolliert wird.

(Foto: Arnulf Hettrich/Imago Images)

In die Lagunenstadt sollen künftig nur noch Tagesbesucher kommen, die sich angemeldet und Eintritt gezahlt haben. Aber wird es nach 30 Jahren der Ankündigungen diesmal wirklich ernst?

Glosse von Hans Gasser

Es heißt, die Deutschen lieben die Italiener, respektieren sie aber nicht. Und umgekehrt respektieren die Italiener die Deutschen, lieben sie aber nicht. Egal, was man von solchen Küchenweisheiten hält: Neben dem Essen, ihrem Sinn für Design und für das Alles-etwas-lockerer-Nehmen bewundern wir sie auf jeden Fall für die Kunst der Improvisation. Lange im Voraus planen, nun ja, das ist eher den Deutschen gegeben, während man in Italien, wenn es hart auf hart kommt, innerhalb kurzer Zeit und mit viel Gemeinsinn eine manchmal auch unkonventionelle Lösung des Problems findet.

Nun aber genug der Klischees. Denn die Dinge geraten in Bewegung, alte Gewissheiten werden erschüttert, es passiert nicht für möglich Gehaltenes. Und zwar in einer Stadt, die für sich genommen eine Realität gewordene Unmöglichkeit ist: Venedig. Dieses steinerne Gesamtkunstwerk im Wasser der Lagune will (und sollte) wohl fast jeder Erdenbewohner einmal im Leben gesehen haben. Deswegen wird die Stadt an vielen Tagen von mehr als 100 000 Gästen heimgesucht, was, man ahnt es, ihr auf Dauer nicht gut bekommt.

"Zubeißen und wegrennen" - die Schnelltouristen möchte man zurückdrängen

Um diesen "mordi e fuggi" (zubeißen und wegrennen) genannten Tourismus einzudämmen, diskutiert man seit mehr als 30 Jahren, wie man den Zugang zur Stadt beschränken könnte. Und seit 30 Jahren voller Ankündigungen passiert: nichts. Bis zum 1. Juli 2022.

An dem Tag verkündete die Stadtverwaltung, sie habe nun beschlossen, ab 16. Januar 2023 Eintrittsgebühren für die Serenissima zu verlangen, zwischen drei und zehn Euro, je nach Andrang. Zusätzlich müssen Tagesbesucher sich anmelden, sodass die Stadt sehen kann, wie viele Menschen reinwollen. Man wolle damit nicht Kasse machen, so der zuständige Stadtrat, sondern einen Ausgleich zwischen den Interessen der Bewohner, der Übernachtungsgäste und der Tagesbesucher schaffen.

So weit der Plan. Jetzt werden natürlich die Mäkler fragen: Eintritt für eine Stadt, wie soll das kontrolliert werden? Und wird es eine Tageshöchstzahl geben, nach der die Stadt dichtgemacht wird? Und wen bitte schrecken drei bis zehn Euro ab, wenn ein Cappuccino am Markusplatz gerne mal acht Euro kostet?

Derlei Details müssten noch fixiert werden, lässt der Stadtrat wissen und schiebt hinterher, man sei sich bewusst, dass nicht alles von Anfang an reibungslos funktionieren, man aber alles verbessern werde. Ah, da ist es wieder, das Genie der Improvisation!

Zur SZ-Startseite

SZ PlusUrlaub in Italien
:Die unbekannte Seite des Gardasees

Besondere Weine, Olivenöl und bewohnte Burgen: All das gibt es zwischen Salò und Desenzano - und doch ist das Hinterland selbst vielen Gardasee-Kennern unbekannt. Eine Entdeckungsreise.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: