USA: Überflugsrechte:Der gesperrte Himmel

Die USA verweigern unliebsamen Passagieren den Überflug. Wer auf der geheimen No-Fly-Liste steht, gilt auch in 10.000 Metern Höhe als Gefahr für die amerikanische Sicherheit - und wird umgeleitet.

Peter Blechschmidt

Air France Flug 438 geht nonstop von Paris nach Mexiko-Stadt. An Bord der Boeing 777 sitzt am 19. August dieses Jahres der belgische Jurist Paul-Emile Dupret. Er ist auf dem Weg zu einer Konferenz. Eine Stunde nach dem Start erhält Air France die Mitteilung der US-Luftfahrtbehörde, dass AF438 keine Überfluggenehmigung für US-amerikanisches Territorium bekommt.

Der gesperrte Himmel; AP

Eine Boeing 777 wurde jetzt von der US-Luftfahrtbehörde umgeleitet, weil ein unliebsamer Passagier an Bord war.

(Foto: Foto: AP)

Der direkte Weg nach Mexiko ist damit versperrt. Der Pilot muss außerhalb des amerikanischen Luftraums um Florida herum über den Golf von Mexiko fliegen. Die Flugzeit verlängert sich um 50 Minuten. Das kostet die Airline Treibstoff und viele Passagiere den Anschlussflug.

An Bord wird Monsieur Dupret von der Besatzung informiert, dass er die Ursache allen Übels ist. Dupret steht offenbar auf einer sogenannten No-Fly-Liste der US-Behörden. Darauf sind Personen vermerkt, deren Anwesenheit in den USA, aus welchen Gründen auch immer, unerwünscht ist. Nur - Dupret will ja gar nicht in die Vereinigten Staaten, nicht einmal für eine Zwischenlandung. Er will nur in 10.000 Metern Höhe über US-Gebiet hinwegfliegen. Doch selbst damit stellt Dupret in den Augen der US-Behörden offenbar eine Gefahr für die amerikanische Sicherheit dar.

Dupret ist Mitarbeiter der Fraktion der Linken (GUE/NGL) im Europaparlament. Er bezeichnet sich selbst als Menschenrechtler und entschiedenen Globalisierungsgegner. Doch er verfolge seine politischen Ziele ausschließlich mit friedlichen Mitteln, beteuerte der Jurist gegenüber der französischen kommunistischen Zeitung L'Humanité.

Nur aus seinem politischen Engagement sei zu erklären, dass er für die Amerikaner zur unerwünschten Person geworden sei. Niemand außerhalb der US-Sicherheitsbehörden weiß, wer auf einer No-Fly-Liste steht und wie man auf diese Liste kommt. Deswegen kann man sich normalerweise auch nicht dagegen wehren. Erst wenn man, wie Monsieur Dupret, plötzlich die Auswirkung zu spüren bekommt, erfährt man überhaupt von dieser Art der Datenspeicherung.

Im Juli vorigen Jahres schlossen die USA und die EU ein neues Abkommen über den Austausch von Flugpassagierdaten, der allerdings schon vorher in Folge des 11. September 2001 praktiziert worden war. Findet sich der Name eines gebuchten Passagiers auf der No-Fly-Liste, so wird die Airline informiert, die dem Kunden dann den Mitflug verweigert. Nach der Lesart des Bundesinnenministeriums in Berlin gilt dies jedoch nur für Reisende, die in den USA tatsächlich landen, nicht aber für Flüge, die US-Luftraum nur durchqueren.

Prominentestes Opfer ist Cat Stevens

Andere EU-Länder handhaben dies offenbar anders. Schon im April musste eine Air-France-Maschine auf dem Weg nach Mexiko ausweichen und in der Karibik sogar für einen Tankstopp zwischenlanden, weil die USA die Überfluggenehmigung verweigert hatten. In der Maschine saß der kolumbianische Journalist Hernando Calvo Ospina, ein scharfer Kritiker der amerikanischen Lateinamerika-Politik.

Bislang prominentestes Opfer der No-Fly-Listen wurde, soweit bekannt, im September 2004 der Sänger Cat Stevens, der sich vor Jahren in Yusuf Islam umbenannt hat. Sein Flug in die USA wurde nach Washington umgeleitet, wo er verhört und dann nach London zurückgeschickt wurde.

Air France hat inzwischen Vorsorge getroffen und Dupret mitgeteilt, er möge für die Rückkehr aus Lateinamerika bitte nicht den Direktflug Mexiko-Paris buchen.

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