In den USA ist Bargeld nicht mehr so gern gesehen wie bei uns. Sogar eine Dose Cola am Kiosk wird mit der Kreditkarte bezahlt. So weit, so praktisch. Doch die Gebühren für das Bezahlen mit einer deutschen Karte kommen bald teurer als die Cola. Ein amerikanisches Bankkonto samt diverser Karten muss her, um ein Finanzdesaster abzuwenden.
In der Filiale kommt der Banker - seriös im Anzug, korrekter Haarschnitt - auf mich zu. Er streckt die Hand aus, strahlt übers ganze Gesicht und sagt: "Hi, wie geht's dir? Ich bin Nick. Und wie heißt du?" Äh, warum stellt sich der Kerl so salopp mit Vornamen vor? Haben wir uns schon mal irgendwo gesehen und dabei das offizielle Vorstellen versäumt? Neulich am Tresen während der Happy Hour? Oder wohnt er in der Nachbarschaft?
Nein, weder Nachbar noch Barbesucher: Es ist definitiv unsere erste Begegnung. Nick macht das nämlich mit allen Kunden, egal ob Frau oder Mann. Denn Nick arbeitet zwar in einer Bank, aber in einer amerikanischen, da ist das völlig normal. Zumindest für ihn. Ich hingegen bin verwirrt ob dieser unerwarteten Vertraulichkeit. Ich wollte doch nur ein Bankkonto, keinen neuen Bekannten.
Klar, im Englischen unterscheidet man nicht zwischen "Du" und "Sie". Doch dass in den USA immer und ständig nur der Vorname benutzt wird und ein Nachname für viele nicht zu existieren scheint, war für mich genauso neu wie die Erdbebenvorhersage in der Lokalzeitung. Und das in einem Land, in dem viele ein Problem mit meinem Vornamen haben. Nur Nick, der Bankberater, hat kein Problem.
Bea hier, Bea da - Nick plaudert munter drauflos. Mir dagegen holpert "Nick" noch mühsam über die Lippen. Es fühlt sich merkwürdig an, als würde ich mit einem alten Freund plaudern, der zufällig bei dieser Bank arbeitet. Redet er eigentlich genauso mit Kunden, die ihr Konto überziehen und ihre Schulden nicht zurückzahlen können? "Jack, mein Lieber, dein Haus bist du los. Aber wenn du Glück hast, Jackyboy, bleibt dir dein Auto."
Nick sollte nicht mein erster neuer Freund bleiben. "Hi, I'm Andy", meldet sich eine dynamisch klingende Stimme am Telefon. Ein Makler, der eine Wohnung im Angebot hat, die uns interessiert. Wir plaudern kurz und verabreden einen Termin. Später öffnet mir ein etwa 60-Jähriger, Typ Professor, die Tür. Ähem ... Andy? Bingo!