USA, Land der Fettnäpfchen:Miley Cyrus ist der Horror

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Komisch, gar keine Spinnendekoration an der Flagge ... (Foto: AFP)

In den USA fängt Halloween früher an, als unsere Autorin dachte. Angesagt sind Breaking-Bad-Ganzkörperanzüge samt Atemschutzmasken, äußerst knappe Twerking-Outfits à la Miley. Und für den Hund ein Riesenspinnen-Outfit.

Von Beate Wild, San Francisco

Vor ein paar Wochen war ich mit meiner Freundin Kimberly in einer Kneipe im Mission District verabredet. Schon beim Betreten fiel mir die 1880er-Jahre-Deko auf: Spinnweben, Kerzenleuchter, Totenköpfe, Schwarzlicht. Eine Gothic-Bar, jubelte ich innerlich, und fühlte mich in meine Teenagerzeit zurückversetzt. Doch Kimberly bereitete meiner Freude ein Ende: "Siehst du, überall dekorieren sie schon für Halloween."

Ich hatte mich auf die Euphorie eingestellt, mit der Halloween in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November in den USA gefeiert wird. Worauf ich aber nie gekommen wäre: dass die Leute schon vier bis fünf Wochen vorher anfangen, alles mit den typischen Accessoires zu dekorieren. In den darauffolgenden Tagen stellte ich fest, dass wirklich alle Leute Spinnenweben für eine geniale Deko-Idee halten: Klamottenläden, Friseure, Haushaltswarengeschäfte, Biomärkte, China-Restaurants, Waschsalons, Imbissbuden.

Das Zeug hängt auch in Privatwohnungen an den Fenstern. Im Haus gegenüber flattert außerdem ein weißes Gespenst im nächtlichen Fenster auf und ab, eine strombetriebene Installation. Was für ein Aufwand!

Schreien Sie nicht, der Hund wird nicht gefressen. Er hat gerade ganz viel Halloween-Spaß. Oder sein Herrchen. (Foto: AFP)

Auch wenn ich als Karnevalsmuffel anfangs skeptisch war, muss ich zugeben, dass ich immer mehr Gefallen an dem Spektakel finde. "Es geht hier übrigens nicht nur darum, verkleidet eine Party zu feiern", klärt mich Kimberly auf. Halloween stamme ursprünglich aus Irland und sei um 1830 von irischen Immigranten mit in die USA gebracht worden.

Ursprünglich sollten die Gespenster, Spinnweben, Skelette und schwarzen Katzen in den Fenstern böse Geister vertreiben. Das Aushöhlen von Kürbissen und Schnitzen von Fratzen komme ebenfalls aus Irland. "Der Legende nach geht der Brauch auf einen gewissen Jack zurück, der nach seinem Tod nicht in die Hölle durfte, weil er dem Teufel Streiche gespielt hat. So muss er bis heute mit seiner Laterne umherstreifen", erzählt Kimberly.

Heute bedeutet eine ausgehöhlte Kürbislaterne im Fenster eines Hauses, dass es hier Süßigkeiten gibt. Es ist ein Zeichen für die Kinder, dass sie dort am Halloween-Abend an die Tür klopfen dürfen, um "Trick or Treat" ("Süßes oder Saures") zu schmettern. Und was passiert, wenn einem die Süßigkeiten ausgehen?

Kimberly lacht. Dann müsse ich mich darauf einstellen, eingeseift zu werden. "Soaping" ist ein beliebter Streich, bei dem Fenster eingeschäumt werden, gleich ob es Haus-, Schau- oder Autofenster sind. Und süße Rache sei es, Autos, Fahrräder oder andere Gegenstände mit Klopapier einzuwickeln. Gerne würden auch Häuser mit Eiern, Tomaten und Farbbeuteln beworfen. Ich beschließe, meinen Süßigkeitenvorrat aufzustocken.

Zur Einstimmung auf den großen Tag empfiehlt mir Kimberly einen Gruseltrip. In San Francisco werden schon Tage vorher nächtliche Besuche auf der Gefängnisinsel Alcatraz angeboten, ebenso Geistertouren zu den schauerlichsten Ecken der Stadt oder Horrorabende auf einem Weingut. "Und dann brauchst du natürlich ein Kostüm", sagt Kimberly. Eine Halloween-Party ohne Verkleidung? Undenkbar!

Der 'Breaking Bad Hazmat Suit', hier im Angebot beim Kostümladen in Montebello, Kalifornien. (Foto: AFP)

Beim Streifzug durch die Kostümläden lerne ich: Am beliebtesten sind in diesem Jahr immer noch Figuren aus der Serie "Breaking Bad". Allen voran die gelben Schutzanzüge, gerne mit passender Gasmaske dazu (cool: auf die Stirn schieben; uncool: vor das Gesicht pressen). Ist das jemandem zu viel Verpackung oder erinnert zu sehr an die leider nicht fiktionalen Ebolafälle, der geht als Walter White, wie er in der ersten Staffel aufgetreten ist: nur mit weißer Unterhose und grünem Hemd bekleidet.

Viele wählten die Variante als Walter White alias "Heisenberg" mit Hut und Sonnenbrille. Es gebe sogar Spaßvögel, die sich als Héctor "Tio" Salamanca ausgeben, also im Rollstuhl und mit Beatmungsgerät. Auf diese Idee muss man erst einmal kommen.

Für Frauen empfiehlt der Händler ein "Game of Thrones"-Outfit: Mittelalterkleid und wallende blonde Perücke. Ebenfalls beliebt sei das offenbar in die Kategorie Horror einzustufende Twerking-Kostümchen von Miley Cyrus sowie der orangefarbene Gefängnisanzug aus der Netflix-Serie "Orange is the new black".

Miley Cyrus 2013 bei den MTV Video Music Awards mit Robin Thicke, beide in Arbeitskleidung. (Foto: AFP)

Für den Hund verkauft er übrigens Outfits als Riesenspinne, Hotdog oder dreiköpfiges Hundemonster. Hat man ein Baby, kann man es als mexikanischen Wrap, flauschiges Küken, Dalai Lama oder Yoda aus "Star Wars" verkleiden. Zum Knuddeln, nicht wahr?

Weil ich mich nicht entscheiden kann, gehe ich nach Hause und surfe im Netz. Dort finde ich ein älteres Halloween-Foto von Reality-Star Kim Kardashian. Das Grusel-Kostüm, das sie trägt, kenne ich vom Münchner Oktoberfest: Es ist ein Mini-Dirndl.

In der Kolumne "USA, Land der Fettnäpfchen" schreibt unsere Autorin Beate Wild aus San Francisco über alltägliche Sitten und Unsitten in den Vereinigten Staaten.

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