Urteil zu verspäteten Flügen:Technische Probleme sind keine Entschuldigung

Auf dem Weg zur Startbahn streiken bei einem Flugzeug die Triebwerke. Die Airline sieht dies als "außergewöhnlichen Umstand" und verweigert den schließlich verspätet abgeflogenen Passagieren Ausgleichszahlungen für die Verspätung.

Sicherheit geht vor, niemand will erst in der Luft merken, dass die Triebwerke eines Flugzeugs nicht einwandfrei funktionieren. Wenn Techniker dies selbst kurz vor dem Start noch einmal genau kontrollieren wollen, nehmen Fluggäste gerne auch Verzögerungen beim Abflug in Kauf. Worauf sie allerdings nicht verzichten müssen, sind Ausgleichszahlungen für die Verspätung. Die hatte eine Airline verweigert - zu Unrecht, wie das Amtsgericht in Rüsselsheim (Az.: 3 C 739/II [36]) urteilte.

Die Maschine war bereits auf dem Weg zur Startbahn, als die Piloten eine mögliche Störung der Triebwerke bemerkten. Um das Flugzeug zum Terminal zurückzubringen, musste ein Flugzeugschlepper organisiert werden, das kostete zusätzlich Zeit. Erst mit dreistündiger Verspätung konnte die Maschine abheben.

Die Fluggesellschaft betrachtete den Defekt als "außergewöhnlichen Umstand" und wies den Anspruch der Passagiere auf Ausgleichszahlungen ab. Die Rüsselsheimer Richter sahen es ganz anders: Die EU-Verordnung Nr. 261/2004, die Passagierrechte bei Verspätungen und Annullierungen regelt, besage, dass "außergewöhnlichen Umstände" außerhalb des Verantwortungsbereichs der Fluggesellschaft liegen müssen. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Sabotage oder terroristische Handlungen Ursache des technischen Defektes sind. Doch weder das eine noch das andere konnte das Gericht beim vorliegenden Fall erkennen - die Airline muss also zahlen.

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