Urlaubsfoto-Trends:Es geht noch mehr Selfie

Ein Koala macht ein Selfie

Mehr Technik führt nicht immer zu besseren Fotos - oft sind schöne Bilder auch eine Frage des Anwenders.

(Foto: REUTERS)

Die explosionsartige Verbreitung des teleskopartigen Selfie-Sticks war nur der erste Schritt. Wie lässt sich die Selbstinszenierung im Urlaub weiter steigern?

Von Sarah Schmidt

Der Selfie-Stick hat die Ich-zentrierte-Urlaubsfotografie auf ein neues Level gehoben. Mit Hilfe der Knips-Prothesen ist es endlich möglich, nicht mehr nur optisch verzerrte Riesennasen und Schmollmünder aufs Bild zu bekommen, sondern auch ein Stück des sehenswürdigen Hintergrunds. Vor Touristen-Attraktionen wie dem Louvre oder dem Kolosseum ist ein ganz neuer Wirtschaftszweig aus dem teuren Pflaster geschossen - der Vertrieb von Selfie-Sticks dürfte dort mittlerweile einen nennenswerten Anteil der Tourismusbranche ausmachen.

Angesichts der Milliarden Urlaubsfotos, die jeden Tag ins Internet schwappen, war allerdings klar, dass die Teleskopstangen nicht das ausfahrbare Ende der Foto-Gadget-Evolution sind. Sondern erst der Anfang. Je mehr Fotos bei Facebook, Instagram und Pinterest um Likes, Shares und Kommentare konkurrieren, desto schöner oder origineller muss schließlich das eigene Urlaubsbild sein.

Was gibt es also neues in der selbstreferenziellen Ich-Ich-Ich-Fotografie? Die Highlights im Überblick:

Das Giga-Selfie

Australien potenziert den Selfie-Spaß. Das ist dann nicht einfach nur mega, sondern gleich giga. "Giga-Selfie" - so nennt sich das neue Selbstporträt-Format, ersonnen vom australischen Tourismus-Büro. Dafür stellt sich der willige Tourist auf eine Markierung und löst per App eine Kamera aus, die gut 100 Meter entfernt ein Foto macht. Nun kann der Porträtierte nicht nur ein Selfie herunterladen, sondern gleich einen kleinen Video-Clip, der von der Nahaufnahme wegzoomt und die (selbstverständlich wunderschöne) australische Landschaft zeigt. Es handelt sich damit um den wohl längsten, wenn auch virtuellen Selfie-Stick der Welt.

Australien macht auch keinen Hehl daraus, mit diesem Angebot, das am 5. September zunächst an der Gold Coast südlich von Brisbane getestet werden soll, speziell Japaner ansprechen zu wollen. "Die Giga-Selfie-Kampagne wird dafür sorgen, dass in Japan mehr über Australien gesprochen wird, sobald die Leute ihre unglaublichen Urlaubserfahrungen mit Freunden und Familie teilen", zeigt sich der australische Tourismus-Manager John O'Sullivan überzeugt.

Blöd nur, dass das neue Hypermega-Selfie beim Herauszoomen wohl auch die langen Schlangen wartender Touristen zeigen wird, die auch ein gigaindividuelles Urlaubsbild aus exakt identischer Perspektive haben wollen.

Begleitet von der Selfie-Drohne

Total individuell werden hingegen die Fotos und Videos, die die Macher eines kleinen Geräts namens "Lily" versprechen. Es ist, so viel sei vorweggestellt, eine absolut sinnvolle Ergänzung für all jene, die mit vorgeschnallter Go-Pro-Kamera jede Sekunde ihres Urlaubs erfassen - bislang aber nur aus der eigenen Perspektive.

Das könnte nun Selfie-Drohne Lily ändern. Einfach in die Luft geworfen, folgt der Mini-Quadrocopter seinem Herrchen wie ein wohlerzogenes Hündchen und lässt diesen nicht mehr aus dem Kamera-Fokus.

Lenken ist nicht mehr notwendig. Sobald die Drohne realisiert, dass das Objekt der Beschattung sich ungewöhnlich bewegt, fliegt sie ein Stück näher: damit auch jedes Stolpern garantiert scharf ist. Von Februar 2016 an soll Lily, die fliegende Kamera, an die Frühbucher-Kunden ausgeliefert werden. Auf dass in naher Zukunft kleine Selfie-Monde ihren Sonnenkönig umkreisen.

Reisen mit Selfie-Fotograf

Geradezu revolutionär ist der Trend zum professionellen Reisefotografen. Setzt er doch auf mehr Mensch statt Technik. Plattformen wie Flytographer oder Shootmytravel vermitteln Fotografen am Urlaubsort. Die begleiten dann den Reisenden beim Stadtbummel, Sonnenbaden oder Sightseeing. Kostenpunkt: 250 Dollar aufwärts - je nach Dauer und Anzahl der Bilder.

Blöd ist der Gedanke nicht, hat der Selfie-Stick schließlich bewiesen, dass zusätzliches Gerät keineswegs zu schöneren Bildern führen muss.

Endlich dürfen wieder Profis ran, wenn es darum geht, den Köpper von der Segeljacht, den Kuss vor dem Eiffelturm oder die authentische Begegnung mit echten Einheimischen perfekt in Szene zu setzen.

Wie der Guardian berichtet, gibt es bereits erste Reiseanbieter, bei denen der Urlaubsfotograf zum Service mit dazugehört. Bei El Camino Travel etwa fährt ein Fotograf mit auf die Gruppenreise nach Kolumbien oder Nicaragua und versorgt die Teilnehmer jeden Morgen mit neuen Instagram-optimierten Fotos.

Wo das noch hinführen soll? Die Antwort ist: Fakecation. Am Ende retuschieren sich alle die perfekten Reisebilder zusammen - und haben dann endlich wieder Zeit, in Ruhe den Urlaub zu genießen.

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