Urlaub 2009: Reisen in Krisenzeiten:Sie sind dann mal weg

Wer fährt am liebsten wohin und leistet sich dort was? Lohnt sich Last Minute und wie gehen Urlauber mit Terror und Krankheiten um? Fragen und Antworten zum Urlaub 2009

8 Bilder

Urlaub 2009 Reisen in Krisenzeiten, Tourismusverband Fischland-Darß-Zingst

Quelle: SZ

1 / 8

Es gab eindeutig schon bessere Rahmenbedingungen für die Tourismusbranche. Terroranschläge, neuartige Grippeviren und Flugzeugabstürze haben in diesem Jahr so manches Urlaubsziel in Misskredit gebracht. Richtig belastend aber ist wohl für die meisten, dass sie infolge der Wirtschaftskrise weniger Geld und vielleicht auch weniger Lust haben, ihr Erspartes für Sonne und Sand, Abenteuer und Bildung auszugeben. Ein Urlaubsland hat aber wohl auf jeden Fall von der unerquicklichen Situation profitiert: Deutschland. Acht Fragen und Antworten zur Urlaubssaison.

Bleiben die Urlauber 2009 lieber zu Hause?

Viele bleiben daheim, aber kaum einer bleibt zu Hause. Will heißen: Die Reiselust der Deutschen ist nahezu ungebrochen, aber sie erkunden noch mehr als in den vergangenen Jahren das eigene Land.

Gemäß der aktuellen Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) wurden in diesem Sommer 43,4 Millionen Reisen zu deutschen Urlaubszielen geplant. Das sind 3,4 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Somit führt 2009 mehr als jede zweite Reise mit mindestens einer Übernachtung ins eigene Land.

Besonders gefragt ist Urlaub an der Ost- und an der Nordsee; Bayern bleibt auch in diesem Sommer das beliebteste deutsche Urlaubsziel. Zwar klagen die bayerischen Hoteliers über geringeren Umsatz als im vergangenen, einem außergewöhnlich guten Tourismusjahr. Das liegt aber daran, dass wegen der Wirtschaftskrise weniger Gäste aus dem Ausland kommen.

Viele deutsche Urlauber haben zudem sehr spät gebucht, aus Unsicherheit über ihre persönliche wirtschaftliche Lage. Diese aber wurde letztlich offenbar wieder als besser eingeschätzt, was manchen Hoteliers und Reiseveranstaltern die Sommersaison einigermaßen gerettet hat.

haag Foto: Tourismusverband Fischland-Darß-Zingst

Urlaub 2009 Reisen in Krisenzeiten, ddp

Quelle: SZ

2 / 8

Wenn ins Ausland - wohin am liebsten?

Auch in wirtschaftlich unsicheren Zeiten ändern sich die Vorlieben der deutschen Urlauber kaum: Das beliebteste Reiseland für den Sommer ist nach wie vor Spanien, dahinter liegen Griechenland, die Türkei und Italien.

In diesem Jahr verzeichnet besonders die Türkei starke Zuwächse. Das liegt daran, dass die Deutschen noch mehr als sonst auf ihr Budget achten: Nirgends kann man das besser als in All-inclusive-Hotels, und in der Türkei funktionieren mehr als 80 Prozent der Hotels nach diesem Prinzip.

Aus diesem Grund zieht es auch viele nach Ägypten oder an die Schwarzmeerstrände Bulgariens.

Bei den Fernreisen kann die Dominikanische Republik punkten, auch Kuba und die Malediven. Mexiko und Südafrika laufen eher schlecht. Dagegen wollen viele nach Nordamerika.

Befördert wird der Traum von Freiheit durch relativ billige Transatlantikflüge. Der im Vergleich zum Euro günstige Dollar und das positive Image der Regierung von Barack Obama tun ein Übriges.

Auch Südamerika freut sich nach Jahren der Stagnation über mehr deutsche und europäische Touristen. Schlechter hingegen laufen die Geschäfte in China und Dubai.

haag Foto: Playa d'en Bossa/Ibiza, ddp

Urlaub 2009 Reisen in Krisenzeiten, ddp

Quelle: SZ

3 / 8

Welche Art von Reisen lieben die Deutschen?

Die Deutschen wollen Sicherheit, vor allem bei den Reiseausgaben. Deshalb buchen sie in diesem Sommer noch mehr All-inclusive-Urlaube als sonst. Das "Rundumsorglos-Paket" ist vor allem bei Familien beliebt. Im Urlaub wird die Kasse nicht weiter belastet, denn selbst das Eis für die Kinder ist oft schon im Reisepreis enthalten. "Jede zweite Pauschalreise ans Mittelmeer ist ein All-inclusive-Urlaub", bestätigt Tui-Sprecherin Susanne Stünckel.

Wer sich auch das nicht so richtig leisten kann, der sucht sich eher eine Ferienwohnung. "Insgesamt muss das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen", sagt Nicole Habrich vom Deutschen Tourismusverband. Die meisten fahren deshalb mit dem eigenen Auto in den Urlaub.

Für die Älteren scheint sich wenig zu ändern: Sie gehen gern auf Kreuzfahrt, und auch auf die eher teueren Studienreisen verzichten nur wenige. "Die Kreuzfahrt hat derzeit die höchste Zuwachsrate in der Tourismusbranche", sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband.

Laut Frano Ilic von Studiosus Reisen gibt es beim Studienreiseanbieter Studiosus im Vergleich zum Rekordjahr 2008 mit 101 800 Gästen in diesem Jahr einen leichten Teilnehmerrückgang.

suk Foto: Hotelanlage in Bodrum/Türkei, ddp

Urlaub 2009 Reisen in Krisenzeiten, iStock

Quelle: SZ

4 / 8

Wer leistet sich noch Luxus?

Krise? Welche Krise? Mit einem gut gefüllten Bankkonto reist es sich immer noch am bequemsten, egal wohin. Der Markt für Reiche ist klein, und "Geld ist vorhanden", wie Christoph Berner von der Agentur Designreisen sagt, die unter anderem Reservierungen für Weltraumflüge entgegennimmt.

Doch in den unteren Regionen bröckelt der exklusive Markt. Hotels und Fluglinien spüren vor allem, dass die Businessleute ausbleiben, die vor der Krise mit Geschäftsreisen und Tagungen soliden Grundumsatz garantierten. Das hat zu einer Rabattschlacht geführt, über die sich jetzt die Urlauber freuen können. Täglich hageln neue Sonderpreise in die Agenturen fürs Exquisite. Eigens eingestellte Hilfskräfte füttern die Buchungssysteme mit Rabatten.

Business-Class-Flüge nach Singapur, eine Sechs-Sterne-Suite in Dubai - 25 bis 30 Prozent Nachlass und Upgrades sind leicht drin. Abstriche in der Qualität der Hotels, etwa bei Service und Verpflegung, sind bei solchen Nachlässen aber nicht unwahrscheinlich.

Und nicht alle verschleudern ihre Zimmer und somit vielleicht ihren Ruf. Luxusreisende wollen unter sich sein und rümpfen die Nase über Schnäppchenjäger.

jt Foto: iStock

Urlaub 2009 Reisen in Krisenzeiten,

Quelle: SZ

5 / 8

Wer profitiert von der Krise?

Die deutschen Urlaubsorte, und zwar besonders jene an der Nord- und Ostsee-Küste, profitieren in diesem Jahr von der Krise. Denn diese verstärkt den schon seit Jahren zu beobachtenden Trend zum Urlaub im eigenen Land.

Spätestens seit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ist den Deutschen nämlich bewusst geworden, wie schön es auf den heimischen Bergen, an bayerischen Seen und in deutschen Städten sein kann. Und in diesem Jahr kommt der Sparzwang als weiterer Grund hinzu. An die Küste oder in die Berge kann man schließlich mit dem eigenen Auto reisen.

38 Prozent aller Reisen, die länger als fünf Tage dauern, führen inzwischen an ein inländisches Ziel. Für Tui, den Branchenprimus, ist Deutschland bereits zweitwichtigstes Zielland nach Spanien. Weil alle Reiseveranstalter sich schon vor Jahren auf den neuen Trend mit eigenen Katalogen - für Städtereisen oder Wellness-Urlaub - eingestellt haben, profitieren sie jetzt auch alle von der Leidenschaft für Deutschland.

Wie auch die rund 11.000 Reisebüros, die heute für mehr Menschen den Deutschland-Urlaub aus dem Katalog buchen, den sich die Reisenden früher eher eigenständig organisierten.

mth Foto: Wattenmeer bei Büsum, dpa

Urlaub 2009 Reisen in Krisenzeiten, dpa

Quelle: SZ

6 / 8

Was geben die Deutschen noch für ihren Urlaub aus?

Ihren Urlaub betrachten die Deutschen als eine Art Grundrecht, und das lassen sie sich immer noch etwas kosten. Die von der Reisebranche befürchtete Buchungsflaute ist ausgeblieben. "Die Touristik-Umsätze in den Reisebüros lagen im Juni sogar nur noch ganz knapp unter Vorjahr", teilt der Deutsche Reiseverband (DRV) mit.

Die Deutschen haben im vergangenen Jahr knapp 43 Milliarden Euro für Auslandsreisen ausgegeben - mehr als jede andere Nation. Diese Einzelheiten liefert eine Studie der Kieler Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR). Demnach gaben die Deutschen im Jahr 2008 pro Person im Schnitt 974 Euro für Auslandsreisen und knapp halb so viel, 525 Euro, für Inlandsreisen aus, weil dabei vor allem weniger Transportkosten anfallen. Im Schnitt ist jedem Deutschen das Reisen 834 Euro pro Jahr wert.

Die Herkunft aus Ost oder West spielt dabei kaum mehr eine Rolle. 1995 betrug das Budget der Ostdeutschen noch lediglich 71 Prozent des Betrags, den die Westdeutschen investierten. Die durchschnittlichen Reiseausgaben pro Person und Tag sind laut FUR insgesamt gestiegen, von 50 Euro im Jahr 1996 auf 67 Euro.

jt Foto: dpa

Urlaub 2009 Reisen in Krisenzeiten, dpa

Quelle: SZ

7 / 8

Lohnt es sich, die Buchung bis zuletzt aufzuschieben?

Noch vor einem Jahr wäre die Antwort ein klares Ja gewesen. Die großen Reiseveranstalter hatten viel zu hohe Flugzeug- und Hotel-Kapazitäten und waren froh, wenn sie die in letzter Minute wenigstens zum Nulltarif noch los wurden.

Inzwischen aber haben Tui, Thomas Cook & Co. Ballast abgeworfen und in dieser Saison viel knapper kalkuliert. Wen eine plötzliche Sehnsucht nach dem Mittelmeer überkommt, kann erleben, dass er keinen Flug mehr bekommt.

Anders sieht es bei den Hotels aus. Wer direkt bei einer Hotelkette bucht, hat beste Chancen auf ein Zimmer. Die Ferienhotels leiden ganz besonders unter der Wirtschaftskrise, denn vor allem die Gäste aus Großbritannien und Russland bleiben in diesem Jahr weg.

Kurzfristige Buchungen lohnen sich auch für Städtereisen. Die Hotels in den Städten leben normalerweise von den Geschäftsreisenden. Jetzt haben die Firmen aber Reisebudgets zusammengestrichen, und manches Haus bietet seine leeren Zimmer kurzfristig günstiger an.

Aber Vorsicht: Das Problem könnte der "Zubringer" sein, denn nicht nur Flugtickets sind knapp, sondern auch die Bahn leidet nicht unter mangelnder Nachfrage.

mth Foto: dpa

Urlaub 2009 Reisen in Krisenzeiten, Reuters

Quelle: SZ

8 / 8

Wie reagieren Urlauber auf Terror und Krankheiten?

Sehr vorsichtige Urlauber mussten zuletzt fast im Monatsrhythmus Reiseziele von der Liste der risikofreien Länder radieren. Denn Unruhen, Schweinegrippe und Terror bescherten auch Thailand, Mexiko und Mallorca zeitweise den Ruf von Krisengebieten.

Weil Urlauber statt zu vorsichtig aber doch eher vergesslich oder einfach lässig genug sind, halten die Zweifel am Paradies nie lange an - wenn es sie überhaupt gibt. Zwar rechnet Mexikos Tourismusminister wegen der negativen Berichte, als Ursprungsland der Schweinegrippe zu gelten, mit einem Verlust von umgerechnet drei Milliarden Euro. Doch werde laut Torsten Schäfer, Sprecher des Deutschen Reiseverbands, die Lust auf Reisen in die betroffenen Länder nur vorübergehend gebremst.

So brachten sogar die Anschläge vom 11. September 2001 den Tourismus in den USA nur kurz zum Erliegen. Auch Südostasien erholte sich von dem starken Gästerückgang nach der Sars-Epidemie 2003. Im Fall der Anschläge auf Mallorca scheint selbst die "kurzzeitige Delle" (Schäfer) auszubleiben. Die deutschen Reiseveranstalter haben ihre eilig eingerichteten 24-Stunden-Hotlines inzwischen wieder abgeschaltet.

dop Foto: Mallorca, Reuters

(Hans Gasser, Susanne Koch , Dominik Prantl, Jochen Temsch, Meithe Thiede, SZ vom 14./15./16.8.2009)

© sde
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: