Urlaub ohne Eltern:Das erste Mal

Zelten in Deutschland, in Spanien von einer Klippe springen, durch Australien fahren: Jugendliche erzählen, wie sie ohne Eltern Urlaub machen - und was sie dabei voranbringt.

Protokolle von Annika Brohm und Monika Maier-Albang

Sina Semmler, 15, aus Hallgartenwar im Zeltlager in Spanien

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(Foto: Privat; Collage: SZ)

In den Sommerferien, jetzt im Juli, sind meine Freundin Mia und ich mit einem Jugendreiseanbieter nach Spanien gefahren. In Blanes in der Nähe von Lloret de Mar haben wir mit 60 anderen Jugendlichen auf einem Campingplatz übernachtet. Es wurde viel angeboten - und das haben wir auch genutzt: An einem Tag sind wir nach Barcelona gefahren, ein anderes Mal in den Pyrenäen durch ein Flussbett gewandert und Wasserfälle hinuntergerutscht. Und es gab diese Klippe in acht Metern Höhe, von der wir gesprungen sind. Das war ein tolles Gefühl, es geschafft zu haben!

Abends konnte man dann zum Feiern in eine der umliegenden Städte fahren. Wir sind einmal mitgegangen, in einen Club in Malgrat de Mar. Alkohol durften wir nicht trinken, das haben die Betreuer auch kontrolliert. Aber meine Eltern vertrauen mir da eh, sie kennen mich, sie kennen meine Freundin. Und wenn ich Mist gebaut hätte, dann hätte ich die Heimreise selbst zahlen müssen. Wir haben hin und wieder über Whatsapp geschrieben, vermisst habe ich meine Eltern aber eigentlich nicht. Es war ja nur eine Woche, und ich wusste, dass ich sie bald wiedersehe.

Für so eine Jugendreise würde ich mich jederzeit wieder entscheiden. Man hat Freiräume und muss sich um nichts kümmern. Als Nächstes fahre ich mit unserer Kirchengemeinde nach Taizé. Und für nächstes Jahr habe ich auch schon geplant: Da fliege ich mit einem Jugendverein nach Kenia, um beim Bau einer Schule zu helfen.

Hannah Imhoff, 19, aus Münchenist zweimal durch Deutschland gereist

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(Foto: Privat; Collage: SZ)

Urlaub ohne Eltern habe ich schon früh gemacht, auf dem Ponyhof. Aber richtig reisen, das ist ja etwas anderes. Ich war mit 16 zum ersten Mal ohne Erwachsene unterwegs, bin mit meiner Freundin Theana durch Deutschland gefahren. Die Idee hatten wir schon länger, aber unsere Eltern wollten uns vorher nicht alleine verreisen lassen. Warum Deutschland? Es gab ein günstiges Bahn-Angebot, das war ein Grund. Und wir wollten das Land, in dem wir leben, besser kennenlernen. Wir haben uns also eine Deutschlandkarte ausgedruckt und einerseits Orte ausgewählt, wo wir jemanden kannten. Und dazu Städte, die nett klingen. Dresden hat uns interessiert. Rostock auch, weil das Meer in der Nähe liegt und weil wir das Sonnenblumenhaus sehen wollten, wo damals die Ausländer angegriffen worden waren. Und Hamburg wegen der Roten Flora. Da waren wir dann ganz klischeehaft feiern.

Natürlich muss man mehr organisieren, wenn man ohne die Eltern verreist. Aber das macht ja Spaß. Und ein bisschen was übernimmt man sicher auch: Wir haben zum Beispiel an einer Free-Walking-Tour, einem kostenlosen Stadtrundgang, teilgenommen. Das kannte ich schon von einem Venedig-Besuch mit meiner Mutter. Wir übernachten anders: im Hostel, bei Bekannten. Nicht in einem Apartment, günstiger halt - wir haben geschaut, dass wir mit zehn Euro pro Tag hinkommen, ohne Fahrtkosten. Auf der ersten Deutschlandtour haben wir viel gezeltet. Auf der zweiten Deutschlandreise ein Jahr später war uns dann vor allem eines wichtig: nicht zelten! Das war so eine Schlepperei.

Ich glaube, es ist wichtig, dass man mit jemandem reist, den man mag, natürlich, der aber auch ähnliche Vorstellungen hat, finanziell und kulturell. Gerade bin ich wieder mit Theana unterwegs, in Spanien. Wir sind viel in Museen. Die sind für Schüler so gut wie immer kostenlos, man lernt Künstler der Stadt kennen und es ist auch wirklich etwas anderes, vor der Sixtinischen Madonna von Raffael zu stehen oder jetzt im Prado vor der dortigen Mona-Lisa-Version, anstatt diese Kunstwerke nur von Postkarten zu kennen. Beim Übernachten machen wir jetzt eine Mischung aus Airbnb und Bekannten. Das ist super. Du lernst nette Leute kennen und erfährst viel über die Gegend. Trotzdem ist es unverbindlicher, als bei Freunden von Freunden zu übernachten. Und man hat eine Küche, kann sich also selbst versorgen. Nur eines werden wir sicher nicht mehr machen: so ekligen Festival-Kartoffelbrei, wie wir ihn uns in Frankfurt im Hostel mit heißem Wasser aufgegossen hatten.

Ulrike Rasenberger, 19, aus Mittelheimhat Australien erkundet

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(Foto: Privat; Collage: SZ)

Reisen in die Ferne haben mich schon immer begeistert: Mit meinen Eltern habe ich vor einigen Jahren Urlaub in Südafrika gemacht; bei einem Schüleraustausch war ich in den USA. Allein in ein anderes Land gereist - ohne Betreuer, ohne Eltern und auf eigene Faust - bin ich zum ersten Mal vergangenes Jahr, nach dem Abitur. Gemeinsam mit meiner Freundin Karoline ging es für sechs Wochen nach Australien. Vorher haben wir am Fließband gearbeitet, um genug Geld für die Reise zu haben. Drei Wochen lang haben wir Abdeckungen für Stromkästen zusammengebaut und die fertigen Teile in Kartonagen verpackt. Geplant haben wir nicht viel. Wir haben noch von Deutschland aus ein Auto gemietet, die Route grob festgelegt - und dann war es auch schon so weit.

Wir hatten zuerst für eine Woche eine Gastfamilie, die Karoline von einem früheren Aufenthalt in Brisbane kannte. Als wir uns etwas eingelebt hatten, sind wir dann einfach losgefahren: die Ostküste entlang bis nach Cairns. Meine Eltern habe ich in der Zeit schon vermisst. Miteinander telefoniert haben wir aber selten. Sie wussten, dass ich gut angekommen bin - und dann war ich eigentlich ganz froh, mal etwas für mich machen zu können. Trotzdem wusste ich: Ich hätte mich immer melden können, wenn irgendetwas gewesen wäre oder nicht geklappt hätte.

Als wir kurz vor Weihnachten zurückgekommen sind, haben sich meine Eltern riesig gefreut. Und ich mich natürlich auch. Mir hat das Reisen sehr viel gebracht: Man traut sich danach viel mehr zu; man wird viel selbständiger und selbstbewusster - auch wenn man vorher schon selbstbewusst war. Aber zu wissen, dass man sich in einer anderen Sprache zurechtfinden muss und das auch kann, das ist etwas anderes. Meine Reisepläne für die nächsten Jahre: Ich will auf jeden Fall noch mal nach Südafrika, dann allerdings ohne meine Eltern. Mit ihnen ist das Reisen zwar ruhiger, organisierter und behüteter, alleine ist es immer etwas ungewiss - aber gerade deshalb das größere Abenteuer.

Patrick Ebert, 20, aus Ravensburg ist gerade in Asien unterwegs

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(Foto: Privat; Collage: SZ)

Als ich 13 Jahre alt war, hat mir mein Onkel begeistert von seiner Reise nach Australien erzählt. Seitdem stand für mich fest: Das will ich eines Tages auch mal machen. Mit meinen Eltern habe ich Europa nie verlassen. Umso größer war der Reiz, in die weite Ferne zu verreisen. Meinen Traum verwirklichen konnte ich aber erst einige Jahre später. Um mir die Reise leisten zu können, habe ich nach meinem Schulabschluss als Rettungssanitäter gearbeitet. Zwei Freunde haben sich meiner Planung spontan angeschlossen - und aus dem angedachten Aufenthalt in Australien wurde eine kleine Weltreise. Ende letzten Jahres ging es los: Unsere erste Station war Neuseeland, danach kamen Australien und Südostasien. Einem Freund ist mit der Zeit das Geld ausgegangen, der andere musste heim zum Studieren. Jetzt bin ich alleine unterwegs.

Eine meiner besten Erfahrungen habe ich in Vietnam gemacht. Dort habe ich mir ein altes Motorrad gekauft, ein richtiges Schrottding. Meine Eltern waren nicht sonderlich begeistert, schließlich ist Vietnam für seine abenteuerliche Verkehrslage bekannt. Trotzdem war es einfach ein tolles Gefühl, das Land auf diese Weise zu erkunden. Und weil ich zu Hause immer mal wieder Bescheid gegeben habe, dass es mir gut geht, haben sich nach einer Weile auch die Bedenken meiner Eltern gelegt.

So sehr ich die Freiheit momentan genieße, das Reisen ohne Eltern hat auch Schattenseiten: Man kann die schönen Erlebnisse nie richtig mit den Menschen teilen, die einem am Herzen liegen. Ein Familienurlaub, der gemeinsame Erinnerungen schafft, ist dann doch noch mal etwas anderes. In etwa zwei Monaten werde ich mich wieder auf den Weg nach Hause machen - gebucht habe ich meinen Rückflug allerdings noch nicht.

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