Unglaubliche Gesetze:Benimm-Codes im Ausland

In Baltimore sind seit 1898 ärmellose Hemden im Park tabu, in Rom herrscht Tanzverbot auf der Spanischen Treppe: Welche Länder-Regeln der Tourist unbedingt kennen sollte.

Von Simone Kudla und Jean Pless

In französischen Zügen ist es verboten, zu küssen. In New York steht auf Flirts mit Fremden eine Geldstrafe von 25 Dollar. In London müssen Taxifahrer stets einen Strohballen im Kofferraum mitführen und der US-Bundesstaat Idaho untersagt, Forellen zu fischen und dabei auf einer Giraffe zu reiten. Solche und hunderte andere Gesetze, die Juristen als "dumb laws" bezeichnen, finden sich in Internetportalen, die meisten ohne Quellenangabe und damit auch ohne Anspruch, ernst genommen zu werden.

Spanische Treppe

Für die Modeschau "Donna sotto le stelle" macht die römische Sittenpolizei eine Ausnahmen. Dann nämlich ist das Verbot außer Kraft und es darf getanzt und gefeiert werden auf der Spanischen Treppe.

(Foto: Foto: dpa)

Ab ins Gefängnis wegen Oral-Sex

Tatsache sei aber, sagt Arne Schinkel, Chefredakteur der Online-Zeitschrift 123recht, dass insbesondere in den Vereinigten Staaten viele "unglaubliche Gesetze" gelten, die auch Urlauber in Bedrängnis bringen können: wie jenen Mann, der erst kürzlich aus dem Gefängnis frei kam, nachdem er 1995 in einem Motel bei New Orleans oralen Sex mit einer Reisebekanntschaft hatte. Das Statute 14.89 des Criminal Code von Louisiana verbietet solches Treiben, das auch in elf anderen Bundesstaaten noch immer unter Strafe steht.

Kaugummi-Tabu wird aufgeweicht

Andererseits dringen amerikanische Senatoren mitunter erfolgreich auf die Abschaffung von "dumb laws" in anderen Ländern: Bis Anfang des Jahres durften in Singapur keine Kaugummis gekaut werden. Dagegen opponierte die Firma Wrigley und brachte einen Senator dazu, seine Zustimmung zu einem Freihandelsabkommen zwischen den USA und dem Stadtstaat von der Lockerung des Gesetzes abhängig zu machen. Nun hat Singapur seinen Anti-Kau-Erlass entschärft, auch Reisenden droht kein Gefängnis mehr, sofern sie den Gummi nicht unmotiviert ausspucken.

Verbot für ärmellose Hemden

Richtig dumme Benimm-Gesetze würden in der Regel ohnehin nicht von Staaten, sondern meist von Kommunen erlassen, sagt Schinkel, oft seien sie hunderte Jahre alt "und nur nie gestrichen worden". So verbietet ein Act, den Marylands Hauptstadt Baltimore 1898 verfügt hat, in ärmellosen Hemden durch Parks zu laufen. Zehn Dollar Bußgeld stehen auf den Verstoß.

Fluchen unter Strafe

Neueren Datums, aber dafür rigider ist ein Gesetz der Stadt Sulphur in Louisiana: Es untersagt den Gebrauch jedweder "unangemessenen Sprache" beim Telefonieren. Insbesondere obszöne Andeutungen seien zu unterlassen.

Folgerichtig erscheint da, dass es Amerikanern und Gästen des Landes in vielen Gemeinden ebenfalls ausdrücklich verboten ist, öffentlich zu fluchen. Einen Dollar fordert etwa der West Virginia Code §61-8-15 von Männern und Frauen, die "profane Äußerungen" abgeben, obwohl sie eigentlich im "Alter der Einsicht" angelangt sind.

Tanzverbot auf der Spanischen Treppe

Die chronisch leere Stadtkasse Roms hätte wenig davon, wenn sie diesen Erlass nun eins zu eins übertrüge, und so verkündete dessen Polizei jüngst, ein altes Gesetz tatkräftiger umzusetzen: Es untersagt das Tanzen, Schreien, Essen und Kochen auf der Spanischen Treppe. Touristen, die diesen Tätigkeiten frönen, müssten mit einer Strafe von 25 bis 500 Euro rechnen, teilt das italienische Fremdenverkehrsamt ENIT mit. Niemand in Rom wolle Touristen schikanieren, allerdings habe das Treiben auf der Treppe "Auswüchse" angenommen. Sinn des Gesetzes sei daher, wieder "eine angenehme Atmosphäre herzustellen".

In der Tat überwacht die römische Polizei Touristenstätten seit geraumer Zeit mit Nachdruck. So ist es selbst an heißen Tagen nicht mehr möglich, im Trevi-Brunnen die Beine zu kühlen wie einst Anita Ekberg in "La Dolce Vita": "Wer das Wasser berührt, begeht eine Straftat", erklärt die Stadtverwaltung kategorisch.

Dass die Römer all ihre "dumb laws" rigide umsetzen würden, ist indes nicht überliefert: Nachdem der Trevi-Brunnen 1991 gereinigt worden war, untersagte die Verwaltung anfangs, Münzen einzuwerfen. Allerdings hielt sich niemand an das Verbot, und so sammelt die Stadt statt Bußgeldern weiterhin das Geld aus dem Brunnen: 100.000 Euro kommen so nach Angaben der Behörden im Jahr zusammen. Die Reisenden versprechen mit dem Geld ihre Wiederkehr.

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