Ungarn:Wein, Weite und Wellness

Auf der Suche nach mehr Touristen haben die Ungarn nun auch die heilende Kraft des Wassers entdeckt. Der Rebensaft gerät darüber aber keineswegs ins Hintertreffen.

Wenn Miklós mit seinem Fünfergespann über die Puszta sprengt, spenden ihm auch geübte Reiter unter den Zuschauern Beifall. Es ist schon ein Kunststück, sich im Galopp auf dem Rücken der zwei hinteren Pferde auf den Beinen zu halten. Mit seinem blauen Hosenrock und dem schwarze Wams ist Pferdehirt Miklós ein typischer Vertreter seiner Heimat, des Naturparks Hortobágy.

Ungarn: Ungarischer "Cowboy" aus der Puszta: Pferdehirten wie Miklós beherrschen ihr Pferd in allen Lagen.

Ungarischer "Cowboy" aus der Puszta: Pferdehirten wie Miklós beherrschen ihr Pferd in allen Lagen.

(Foto: Foto: dpa/gms)

Baumlos dehnt sich die Tiefebene im Nordosten Ungarns bis hin zum Horizont. In unregelmäßigen Abständen sind reetgedeckte Ställe zu sehen, die Zackelschafe beherbergen. Die Hörner der Böcke wirken wie kunstvoll gedrechselter Kopfschmuck. In der Steppe grasen Graurinder, ein wenig abseits ist ein hölzerner Ziehbrunnen zu sehen, an dem ein Schafhirte in seiner traditionellen weißen Tracht lehnt.

Die Klischees gibt es wirklich

All das wirkt wie eine Idylle voller Klischees, doch die Puszta ist tatsächlich so - jedenfalls manchmal. Hoch auf einer Pferdekutsche sitzend, genießen sechs Touristen aus Berlin die Aussicht, bis das Handy der Budapester Reiseleiterin sie mit einem schrill intonierten ungarischen Tanz von Johannes Brahms aus ihren Träumen reißt. "Det war der fünfte Tanz. Der jefällt mir besonders jut", amüsiert sich einer und bittet um Aufstellung zum Gruppenfoto.

In der Czárda am Rande des Parks brummt es um die Mittagszeit. Gläser mit feurigem Puszta-Cocktail, der mehr als nur ein Quäntchen Tokajer enthält, machen hier die Runde. "Immer trinken", rät der Wirt, "das ist reine Medizin." Anschließend gibt es Gulaschsuppe aus kleinen blanken Kupferkesseln. Die Czárda diente einst als Pferdewechselstation, auf der Kutscher und Fahrgäste während ihrer Reisen durch Wald und Feld für ein paar Stunden verschnauften.

Wellness in Hajdúszoboszló

Doch es gibt im Nordosten Ungarns noch mehr zu erleben als die traditionellen Sehenswürdigkeiten. Das Land versucht derzeit, den Trend der rückläufigen Besucherzahlen durch neue Attraktionen und Programme speziell im Wellness- und Gesundheitsbereich zu stoppen - zum Beispiel in Hajdúszoboszló.

Hinter diesem fast unaussprechlichen Namen verbirgt sich ein Badeort: Über eine Fläche von 30 Hektar verteilen sich große Becken mit Heilwasser. Die warmen, moorig-braunen Fluten eignen sich speziell zur Linderung rheumatischer Beschwerden. Rund um das Heilbad wurden zahlreiche Frischwasser-Pools geschaffen. Ein von Palmen gesäumter Sandstrand erinnert sogar an mediterrane Gestade.

Gesundheit in Grotten

Nur einen Steinwurf entfernt befindet sich ein anderer Badetempel, diesmal unter einer Felsenkuppel: "Wir sind am Wasser gebaut", lacht der Bademeister des Höhlenbads von Miskolc-Tapolca, das im Wortsinne "grotesk" ist: Hier reiht sich eine mit Thermalwasser gefüllte Grotte an die nächste. Die farbig angestrahlten bizarren Felsformen in den Nischen verleihen dem Bad eine geheimnisvolle Aura.

In diesem Teil Ungarns sprudelt, blubbert und zischt es vielerorts aus dem Boden. Wo nach Öl gebohrt wurde, stieß man nahezu überall auf Heilwasser. Deshalb werden nun Kur und Kultur unter einen Hut gebracht, frei nach dem Motto "Von der Puszta in die Therme".

Auch außerhalb der Puszta und der Heilbäder hat der Nordosten Ungarns einiges zu bieten - die landschaftliche Vielfalt ist groß. Flache Landstriche gehen nahtlos in sanft hügelige und dann bergige Regionen über. Auf Hecken- und Buschlandschaften folgen schattige Mischwälder.

Ungarns bester Wein

Interessant ist die Gegend um die Weinberge von Eger, wo Ungarns bester Rotwein, das "Erlauer Stierblut", angebaut und in den Gaststätten originalgetreu aus gläsernen Ballons ausgeschenkt wird.

Eger ist eine reizvolle Barockstadt. Von der Besatzung durch die Türken im 17. Jahrhundert zeugt ein 35 Meter hohes Minarett, das der Stadt ein exotisches Flair verleiht. Ein weiteres "Schatzkästchen" ist Hollokö, ein Dorf mit alten Häusern, die über Veranden voller Blumen geschnitzte Giebel verfügen. Das Dorf wurde bereits 1987 von der Unesco in die Liste der Weltkulturerbes aufgenommen. Den Tag in der Tiefebene und den Weinbergen lassen viele Urlauber in gemütlichen Lokalen ausklingen, in denen neben ungarischem Wein echter Palatschinken serviert wird - eine wahre Kalorienbombe.

Informationen: Ungarisches Tourismusamt, Neue Promenade 5, 10178 Berlin, Tel.: 030 / 243 14 60, Fax: 030 / 24 31 46 13

(sueddeutsche.de / dpa/gms)

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