Unesco-Welterbe 2016:Sie wollen auch den Titel

Le Corbusier in Stuttgart, Vulkane in Frankreich und die letzte Zuflucht der Neandertaler: Die Unesco entscheidet in dieser Woche, welche Orte "Welterbe" werden. Die spannendsten Kandidaten.

Von Eva Dignös

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(Foto: AFP)

Mehr als 1000 einzigartige Orte auf der Welt hat die Unesco bereits zum Welterbe erklärt. Jetzt sollen weitere Kulturdenkmäler und Naturlandschaften hinzukommen: Seit Sonntag berät das Welterbekomitee in Istanbul, welche der 27 Bewerber die strengen Kriterien erfüllen. Ende der Woche soll die Entscheidung bekanntgegeben werden. Eine Chance haben nur Stätten "von außergewöhnlichem universellen Wert". Außerdem muss eines von zehn weiteren Kriterien erfüllt sein, "Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft" beispielsweise oder "einzigartiges Zeugnis einer untergegangenen Kultur". Die einzige Bewerbung aus Deutschland ist Teil eines internationalen Antrags, der Gebäude des schweizerisch-französischen Architekten Charles-Édouard Jeanneret-Gris (1887-1965), besser bekannt als Le Corbusier, zum Welterbe erklären lassen möchte. Neben Deutschland sind Argentinien, Belgien, Frankreich, Indien, Japan und die Schweiz beteiligt. Das Werk des Architekten sei ein Zeugnis der Globalisierung der Moderne, heißt es in der Begründung. Es ist allerdings nicht der erste Versuch: Der internationale Antrag wurde bereits zweimal abgelehnt. Im Bild: Die Dachterrasse der "Cité Radieuse", eines Hochhauses mit mehr als 300 Apartments, das Anfang der 50er Jahre nach einem Entwurf von Le Corbusier in Marseille gebaut wurde.

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(Foto: Franziska Kraufmann/dpa)

Le-Corbusier-Häuser in Stuttgart 1927 entstand in Stuttgart eine Mustersiedlung: Wie sollen wir künftig bauen und wohnen - das war die Frage, die 17 Architekten unter der künstlerischen Leitung von Ludwig Mies van der Rohe zu beantworten versuchten. In weniger als einem halben Jahr entstand die Weißenhofsiedlung mit 63 Wohnungen in 21 Gebäuden. Das Konzept: Häuser sollten nicht der Repräsentation dienen, sondern sich nach den Bedürfnissen der Bewohner richten, Luft und Licht bieten. Kein verschnörkelter Jugendstil mehr, stattdessen würfelförmige, schmucklose Gebäude mit großen Fenstern und Dachterrassen. Die Nationalsozialisten diffamierten die Siedlung als "Araberdorf", im Zweiten Weltkrieg wurde ein Teil der Häuser zerstört. Seit 1958 steht die Siedlung unter Denkmalschutz. Le Corbusier entwarf zwei Häuser für die Mustersiedlung. Sein Konzept war besonders radikal mit verschiebbaren Wänden und Einbauschränken aus Beton. In einem der Häuser ist heute das Weißenhofmuseum untergebracht. Alle deutschen Welterbestätten finden Sie auf dieser interaktiven Karte.

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(Foto: Pierre Soissons; Pierre Soissons)

Chaîne des Puys, Frankreich Die sanfte, grüne Hügellandschaft im französischen Zentralmassiv hatte es einst in sich: Die Erhebungen sind erloschene Vulkane, die Krater sind teilweise noch sichtbar. Über mehrere Jahrtausende waren sie aktiv, vor etwa 6000 Jahren gab es die letzten Eruptionen. Höchster Gipfel ist der Puy de Dôme mit 1465 Metern.

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(Foto: Reuters)

Gorham-Höhle, Gibraltar Sie gilt als eine Art letzte Zuflucht der Neandertaler: In der Höhle im Küstengebirge von Gibraltar fanden Forscher Relikte, die darauf hindeuten, dass in der Höhle auch noch Neandertaler lebten, als sich andernorts in Europa längst der Homo sapiens durchgesetzt hatte. Über mehrere Jahrtausende sollen der Homo neanderthalensis in der Höhle gelebt haben: Felsritzungen datierte man auf ein Alter von mindestens 39 000 Jahren, Werkzeugfunde sind 24 000 bis 28 000 Jahre alt. Damals lag die Höhle noch nicht direkt über dem Wasser. Der Meeresspiegel war niedriger, vor dem Höhleneingang erstreckte sich eine bewaldete Küstenlandschaft. Im Bild: Fast 40 000 Jahre alte Felsritzungen in der Gorham-Höhle.

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(Foto: Javier Pérez González; Javier Pérez González/Conjunto Arqueológico Dólmenes de Antequera)

Megalithgräber in Antequera, Spanien Gigantische Steinblöcke, passgenau aneinandergefügt: Die in drei Hügeln verborgenen Grabkammern und Verbindungsgänge im andalusischen Antequera sind ein beeindruckendes Zeugnis prähistorischer Baukunst. Dolmen nennt man solche aus Steinblöcken errichteten Bauwerke. Die "Dolmen de Menga" und "Dolmen de Viera" sind wahrscheinlich etwa 5000 Jahre alt; "Tholos de El Romeral" etwas jünger.

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(Foto: Nicola & Reg Murphy)

Nelson's Dockyard, Antigua und Barbuda In der von der Natur geformten Bucht auf der Karibikinsel Antigua sind Schiffe sicher, selbst wenn ein Hurrikan tobt. Von 1671 an nutzten britische Seefahrer den Hafen, im Lauf der Jahrzehnte wurde er zu einem wichtigen Marinestützpunkt ausgebaut. Benannt ist die Anlage nach Horatio Nelson, jenem Admiral, dessen Statue hoch über dem Trafalgar Square in London thront. Nelson war einige Zeit auf Antigua stationiert. In Nelson's Dockyard sind restaurierte Werkstätten, Wohn- und Lagerhäuser aus dem 18. Jahrhundert zu sehen, auch die mächtigen Steinsäulen einer Werft stehen noch. Die Anlage, gelegen im Nelson's Dockyard National Park, wird nach wie vor als Yachthafen genutzt.

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(Foto: Fahriye Bayram)

Ani, Türkei Heute Geisterstadt, war Ani im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Armenien einst die Hauptstadt Armeniens und ein wichtiger Knotenpunkt auf der Seidenstraße. Bis zu 100 000 Menschen sollen in Ani gelebt haben. Seit 300 Jahren ist der Ort verlassen, geblieben sind einige wichtige Zeugnisse armenischer Architektur, vor allem Kirchen. Tausend sollen es früher einmal gewesen sein. Das größte Gebäude ist heute die Kathedrale der heiligen Jungfrau, eine Kreuzkuppelkirche, die um das Jahr 1000 nach Christus erbaut wurde.

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(Foto: Achilleas Savvopoulos/Hellenic Ministry of Culture and Sports)

Philippi, Griechenland Seinen Namen erhielt Philippi von Philipp II. von Makedonien, dem Vater Alexanders des Großen. Die antiken Ruinen, die dort zu sehen sind, stammen allerdings aus römischer Zeit, darunter eine Akropolis, ein Forum mit einigen Häusern und ein Theater. Der Apostel Paulus gründete in Philippi um das Jahr 50 eine christliche Gemeinde, die erste in Europa. Die Überreste mehrerer frühchristlicher Basiliken sind noch zu erkennen.

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(Foto: Department of National Parks, Th; Department of National Parks, Thailand)

Kaeng-Krachan-Nationalpark, Thailand Thailands größter Nationalpark ist die Heimat von Elefanten, Leoparden und Tigern, von Gibbons, Eisvögeln, Tapiren und mehreren Hundert Schmetterlingsarten. Besuchen kann man ihn zu Fuß auf zahlreichen Wanderwegen oder per Boot: Ein großer Stausee ist ein wichtiges Wasserreservoir des Landes.

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(Foto: Rajneesh Raj; Rajneesh Raj)

Nalanda, Indien Im indischen Nalanda lernten und lehrten einst bis zu 10 000 Studenten und tausend Professoren: Die Hochschule, die dort im fünften Jahrhundert gegründet wurde, war nicht nur die größte buddhistische Universität, sondern wohl der bedeutendste Bildungsort der gesamten antiken Welt. Auf einem zwölf Hektar großen Gelände standen zahlreiche Klöster und Tempel, von denen heute nur noch Ruinen zu sehen sind: Im 12. Jahrhundert wurde Nalanda im Zuge islamischer Eroberungszüge zerstört.

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