Krieg in der Ukraine:Ist Fliegen jetzt noch sicher?

Krieg in der Ukraine: Derzeit findet kein Luftverkehr zwischen Russland und der EU statt. Das hat auch Auswirkungen vor allem auf Flüge nach Japan.

Derzeit findet kein Luftverkehr zwischen Russland und der EU statt. Das hat auch Auswirkungen vor allem auf Flüge nach Japan.

(Foto: Boris Roessler/dpa)

Als Reaktion auf die Sanktionen des Westens hat Russland seinen Luftraum für Fluggesellschaften aus 36 Ländern gesperrt. Was das für Reisende bedeutet.

Von Jens Flottau

Welche Sanktionen, die die Luftfahrt betreffen, gelten?

Die Europäische Union erlaubt keine Flüge russischer Flugzeuge nach Europa. Als Vergeltungsmaßnahme hat die russische Regierung den eigenen Luftraum für europäische Airlines gesperrt. Diese Entscheidung betrifft nicht nur Flüge von und nach Russland, sondern auch Überflüge durch den besonders wichtigen sibirischen Luftraum. Darüber hinaus haben alle westlichen Lieferanten Dienstleistungen für russische Airlines eingestellt. Diese bekommen keine Flugzeuge oder Ersatzteile mehr. Flugzeug-Leasingunternehmen mit Sitz in Europa haben Verträge für mehrere Hundert Maschinen, die in Russland fliegen, storniert. Die Reservierungssysteme Sabre und Amadeus haben Aeroflot aus dem Programm genommen.

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Welche Flüge sind von der Sperrung des Luftraums betroffen?

Es findet derzeit kein Luftverkehr zwischen Russland und der EU statt. Darüber hinaus müssen mehr oder weniger alle Airlines, die von Europa nach Asien fliegen, ihre Flugrouten umplanen. Sie müssen den russischen Luftraum entweder nördlich oder südlich umfliegen. Besonders problematisch ist das für Strecken von Europa nach Nord- und Ostasien, wie etwa die Verbindung von Frankfurt nach Tokio oder Shanghai. Aber auch amerikanische Airlines nutzten bislang den sibirischen Luftraum auf dem Weg nach Südostasien.

Wie viel länger sind die Flugzeiten?

Den größten Umweg muss nun Japan Airlines auf dem Flug von Tokio nach London einplanen. Die Route wird nun nicht mehr über Sibirien, sondern nach Osten über Alaska und Nordkanada geführt. Auf dem Weg nach Europa sind die Maschinen nun drei Stunden länger unterwegs, auf dem Rückweg sogar viereinhalb Stunden länger. Lufthansa verlegt die Strecke Frankfurt - Tokio nun südlich um Russland herum, was rund zwei Stunden längere Flugzeiten auf dem Rückflug bedeutet und etwa eineinhalb Stunden mehr auf dem Weg nach Asien. Qantas erhält den Nonstop-Flug von Darwin nach London, der auch auf kürzestem Weg je nach Wind gut 18 Stunden in der Luft ist, aufrecht. Nun ist die Boeing 787-9 eine weitere Stunde unterwegs, weil sie auf eine südliche Route über den Nahen Osten ausweichen muss.

Welche Airlines sind besonders betroffen?

Was die Überflüge angeht, sind es die japanischen Airlines und in Europa wohl Finnair. Sie waren alle gezwungen, etliche Strecken zumindest zeitweise aus dem Programm zu nehmen, weil sich die Flüge nicht mehr rechneten oder wegen der Distanz nicht mehr durchführbar waren. Finnair hat sich bei den Langstrecken wegen der geografischen Lage des Drehkreuzes Helsinki auf Asienverbindungen spezialisiert. Innerhalb Europas ist naturgemäß Ukraine International Airlines am gravierendsten betroffen. Aber auch Wizz Air und Ryanair haben bis zum Ausbruch des Krieges zahlreiche Flüge in der Ukraine angeboten. Bei Lufthansa macht das Geschäft in Russland und der Ukraine normalerweise nur ein Prozent des Umsatzes aus.

Gibt es genügend Platz auf den südlichen Luftstraßen für alle Flugzeuge?

Im Moment gibt es noch keine gravierenden Kapazitätsprobleme. Das liegt aber vor allem daran, dass der Verkehr zwischen Europa und Asien wegen der Corona-Pandemie derzeit nur einen Bruchteil des normalen Niveaus ausmacht. Lufthansa etwa fliegt etwa zehn Prozent der Kapazität, viele andere Airlines bewegen sich in ähnlichen Größenordnungen. Wenn nun aber immer mehr asiatische Länder langsam wieder ihren Luftraum öffnen, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Kapazität der Luftstraßen ein Problem wird, zumal wegen der Nachtflugbeschränkungen in Europa nur bestimmte Tageszeiten für die Flüge infrage kommen. Nicht zu vergessen ist auch, dass Russland nicht der einzige derzeit gesperrte Luftraum ist. Airlines meiden derzeit aus Sicherheitsgründen auch weiträumig die Ukraine und Moldau und umfliegen Afghanistan.

Was bedeutet die Krise in Sachen Flugpreise?

Die Kosten der Fluggesellschaften steigen, und sie werden versuchen, diese Kosten über höhere Preise an die Passagiere weiterzureichen. Der Grund sind aber weniger die längeren Flüge. Das viel größere Problem ist der stark und schnell steigende Ölpreis, der die Airlines nicht nur auf Asienflügen, sondern insgesamt belastet. Auch die höheren Kosten für Dienstleistungen und Gehälter machen sich bemerkbar. Ob höhere Ticketpreise am Ende durchsetzbar sind, hängt wie immer an Angebot und Nachfrage und ist schwer vorherzusehen. Im historischen Trend sind sie über die vergangenen Jahrzehnte gesunken. Allerdings hat Lufthansa zuletzt berichtet, sie habe höhere Preise erheben können.

Sind Flüge, die über Osteuropa gehen, sicher?

Nach allem, was man dazu wissen kann, ja. Der Luftraum über und nahe der Ukraine wird sowieso gemieden. Es gibt verschiedene Plattformen, über die Flugsicherheitsbehörden wie die European Union Aviation Safety Agency (Easa) und die Fluggesellschaften sicherheitsrelevante Informationen austauschen. Nach dem Abschuss des Malaysia-Airlines-Fluges MH17 über der Ukraine im Jahr 2014 gab es Bemühungen, das System zu verbessern.

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