Überbuchte Flieger:"Sie müssen leider unten bleiben!"

Pünktlich da und trotz Ticket nicht mitgekommen: Manche Flüge sind um bis zu 70 Prozent überbucht. Warum das so ist und wie sich Passagiere wehren können.

Daniela Dau und Lisa Sonnabend

Warum überbuchen Airlines?

Überbuchte Flieger, AP

Sind Flugzeuge komplett ausgebucht, fühlt man sich als Passagier manchmal wie eine Ölsardine.

(Foto: Foto: AP)

Fluggesellschaften überbuchen, weil sie davon ausgehen, dass nicht alle Passagiere, die ein Ticket haben, auch erscheinen. Bei diesen sogenannten No-Shows handelt es sich meistens um Business- oder First-Class-Kunden, da diese mit ihrem Ticket nicht an einen bestimmten Flug gebunden sind. Wenn das Meeting länger dauert, können sie einfach ohne Aufpreis eine spätere Maschine nehmen.

Allein im Jahr 2006 sind bei Lufthansa nach eigenen Angaben 4,7 Millionen Passagiere nicht zu ihrem Flug erschienen. Damit die Maschinen nicht mit leeren Plätzen herumfliegen und die Ticketpreise in einem akzeptablen Rahmen bleiben, werden gleich von vorneherein mehr Plätze als vorhanden verkauft. "570.000 Passagiere haben 2006 davon profitiert, dass andere ihren Flug nicht angetreten haben", sagt Boris Ogursky, Sprecher von Lufthansa.

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"Sie müssen leider unten bleiben!"

Wie viele Plätze geben Airlines zu viel aus?

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Überbucht wird bei den meisten Airlines - mit System.

(Foto: Foto: oh)

Die Fluggesellschaften nutzen spezielle Software-Programme, um je nach Reisedatum, Uhrzeit und Ziel das Nachfragemuster des jeweiligen Flugs zu berechnen. Davon abhängig wird die Überbuchungsrate festgelegt und laufend angepasst. "Unser Ziel ist, dass eines Tages kein Fluggast mehr von Überbuchung betroffen ist und eine optimale Auslastung erreicht wird", sagt Lufthansa-Sprecher Ogursky.

Damit zum Beispiel in einem Flieger beim Start alle 300 Sitzplätze besetzt sind, sind im Vorfeld oft bis zu 1400 Buchungen nötig - so viele Passagiere sagen bis zum Start ihren Flug wieder ab. Auf Strecken, die viele Geschäftskunden nutzen, werden bis zu 70 Prozent mehr Tickets ausgegeben, als es Sitze gibt. Überbucht werden vor allem Strecken, die eine Fluggesellschaft häufig im Programm hat.

Anders sieht es auf Flügen während der Ferienzeit oder während einer großen Messe aus, dann sagt meistens kaum jemand seinen Flug ab. Nach einem Bericht des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2005 bleiben in der EU jährlich 1,1 Millionen Passagiere wegen Überbuchungen auf der Strecke. Die Lufthansa kann nach eigenen Angaben im Schnitt lediglich elf von 10.000 Passagieren nicht mitnehmen, bei manchen US-Airlines sei das Verhältnis 14,3 zu 10.000.

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"Sie müssen leider unten bleiben!"

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Bei Überbuchung, heißt es, wird kein roter Teppich ausgerollt - alle Passagiere sind gleich.

(Foto: Foto: iStock)

Wer darf nicht mit?

Der Ernstfall: Die Maschine ist voll, manche Passagiere können nicht mit. Wer muss in so einem Fall auf dem Boden bleiben? Meist sucht die Airline zunächst einmal Freiwillige, die auch zu einem anderen Zeitpunkt fliegen können. In der Regel werden Gutscheine, Bargeld oder ein kostenloser Hotelaufenthalt als Entschädigung angeboten. "Man sollte sich unbedingt noch am Schalter schriftlich bestätigen lassen, dass man freiwillig nicht mitgeflogen ist", rät Birgit Zandke-Schaffhäuser, Juristische Leiterin bei der Schlichtungsstelle Mobilität. "Das wird manchmal nicht so gerne gemacht. Bleiben Sie hartnäckig!" Die Unterlagen helfen, wenn die Entschädigung zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird.

Finden sich nicht genug Freiwillige, behilft sich zum Beispiel die Lufthansa mit dem Prinzip "First come, first serve". "Wer zuerst eingecheckt hat", verspricht Lufthansa-Sprecher Ogursky, "der kommt auch mit."

Es soll allerdings schon vorgekommen sein, dass das Problem am Schalter mit hierarchischen Mitteln gelöst worden ist. Einen wichtigen Vielflieger aus der Business-Class wird keine Airline verärgern wollen. Und auch Gruppen haben bei rechtzeitigem Erscheinen meist gute Chancen auf Transport.

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"Sie müssen leider unten bleiben!"

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Passagiere, die nicht mitgekommen sind, haben Anspruch auf Entschädigung.

(Foto: Foto: ddp)

Was können am Boden gebliebene Passagiere tun?

Im Februar 2005 hat die EU die Rechte der Passagiere gestärkt. Sie haben Anspruch auf Entschädigung: Bei einer Kurzstrecke (unter 1500 Kilometern) erhält der Passagier 250 Euro, bei einer Mittelstrecke 400 Euro und bei einer Langstrecke (über 3500 Kilometer) 600 Euro.

Zusätzlich bekommen die Fluggäste in solchen Fällen den Betrag des Flugtickets erstattet oder eine Ersatzbeförderung im nächsten Flieger angeboten. Beträgt die Verspätung nicht mehr als zwei Stunden, verringert sich der Entschädigungsanspruch um die Hälfte.

Zudem haben nichtbeförderte Passagiere Anspruch auf Essen, Telefonate und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel. Wer jedoch die geforderte Eincheck-Zeit nicht einhält, kann kaum etwas tun, wenn er nicht mitkommt.

Die Schlichtungsstelle Mobilität rät deswegen, alle Belege der Hotel-, Taxi- oder Verpflegungskosten, die aufgrund von Nichtbeförderung entstanden sind, aufzubewahren, um den Schadensersatzanspruch besser durchsetzen zu können.

"Sie müssen leider unten bleiben!"

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Glück gehabt! Manchmal werden Passagiere auch "upgegradet".

(Foto: Foto: dpa)

Lesen Sie weiter: Wir müssen Sie downgraden ...

"Sie müssen leider unten bleiben!"

Wir müssen Sie downgraden ...

Das kann wirklich jedem passieren: Sie haben Business-Class gebucht und nun heißt es am Schalter: "Tut uns leid, wir müssen sie leider downgraden." Statt auf dem bequemen Sitz nehmen Sie in der engen Economy Class Platz. Entscheidet sich der Passagier für die Economy-Lösung, hat er Anspruch auf Entschädigung. Zwischen 200 und 1500 Euro gibt es, je nach Flugstrecke.

Es ist aber auch schon vorgekommen, dass Economy-Class-Patienten aus der völlig überfüllten "Holzklasse" in höhere Klassen "upgegradet" wurden - und dafür muss man natürlich nicht einmal den Ticketaufpreis bezahlen. Vielleicht haben ja Sie nächstes Mal so ein Glück!

Kurios, abenteuerlich, beängstigend: Welche Erlebnisse haben Sie auf Flugreisen schon gehabt? Schreiben Sie uns!

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