Transalp 2007:Brennende Schenkel, pfeifende Lungen

Ein Mountainbike-Rennen über die Alpen, acht Tage, knapp 21.000 Höhenmeter. Auch wenn die Umstände luxuriöser sind als beim ersten Start vor zehn Jahren - die Herausforderung bleibt die gleiche.

Michael Neudecker

Warum, hm, warum, ja, sagt Jörg Waldmann, das sei eine gute Frage. Doch die Frage muss gestattet sein: Warum fährt einer, der von sich selbst sagt, er fahre nur dann gern Mountainbike, wenn es nicht regnet, warum fährt so einer bei einem Rennen über die Alpen mit, das die Veranstalter als das härteste Radrennen der Welt bezeichnen? Und zwar jedes Jahr, seit 1998?

Jörg Waldmann, 38, denkt eine Zeit lang nach. "Eigentlich", sagt er dann, "fragt man sich das jedes Mal schon am ersten Tag." Nun, warum also? "Beim ersten Mal wollte ich das ausprobieren, dann sind Freunde mitgefahren, und beim achten Mal hab' ich mir gedacht: Die Zehn könntest du jetzt auch noch voll machen."

Wenn die Transalp am 14. Juli in Mittenwald zum insgesamt zehnten Mal startet, wird Jörg Waldmann ein goldenes Trikot tragen. Es ist ein Geschenk der Veranstalter, weil er der Einzige ist, der seit dem ersten Start immer dabei war.

Die Regeln der heute unter dem etwas umständlichen Namen firmierenden Jeantex Bike Transalp - ein von Veranstalter und Sponsor entworfener Begriff - sind seit 1998 die selben geblieben: Ein Team besteht aus zwei Fahrern, die in einer gewissen Zeitspanne zwei Kontrollpunkte passieren müssen, teilnehmen darf jeder, sowohl Profi- als auch Hobbyradler.

Jörg Waldmann ist irgendetwas dazwischen, er ist IT-Ingenieur von Beruf, fährt aber jährlich mehr als 8000 Trainingskilometer mit dem Rad. Beim ersten Mal, das weiß er noch, ist er "irgendetwas zwischen 40. und 50." geworden, das war seine bisher beste Platzierung; er und sein Partner waren damals sogar zwischenzeitlich unter den Top15. Heute geht das nicht mehr: "Das Niveau ist deutlich höher als damals", sagt er, "früher war das ein Abenteuer, heute ist alles sehr professionell."

Das Abenteuer: Das ist natürlich der Grundgedanke bei einem Rennen wie der Transalp. Ein Rennen über die Alpen, acht Tage, acht Etappen, von Mittenwald über Mayrhofen und St.Vigil nach Folgaria am Gardasee, über das Pfitscherjoch, das Geiseljoch und den Passo Padon, insgesamt 628,36 Kilometer, bei jeder der Etappen zwischen 2000 und 3400 der insgesamt 20863 zu fahrenden Höhenmeter - gerade für Hobbysportler ist das eine enorme Herausforderung.

Doch Herausforderungen zu suchen, seine Grenzen zu testen, das ist beliebt heutzutage, weshalb die Transalp-Tour jährlich einen Anstieg der Teilnehmerzahlen vermeldet. Anfangs waren es 270 Teams, die mitfuhren, inzwischen treten weit mehr als 500 Teams aus 35 Nationen an, unter ihnen sind sogar Olympiateilnehmer.

Hinzu kommt der immer größer werdende Tross aus Begleitfahrzeugen. "Horror" nennt Jörg Waldmann das, weil auch viele Amateure Bekannte oder Verwandte mit Begleitfahrzeug und Ersatzrädern mitfahren lassen. Für Hans-Michael Krepold ist das allerdings selbstverständlich: Bei seiner ersten Teilnahme hat ihn das Begleitfahrzeug gerettet.

Brennende Schenkel, pfeifende Lungen

Krepold ist Münchner wie Waldmann, genauer gesagt: Gautinger, und er fährt 2007 zum fünften Mal mit. Beim ersten Mal bremste ihn ein Defekt an seinem Rad, hätte er kein zweites im Begleitfahrzeug dabeigehabt, hätte er aussteigen müssen. Natürlich helfen seine Begleiter auch anderen, wenn sie Hilfe benötigen. Das gibt auch Waldmann zu: "Das ist schon gut, es ist immer jemand da."

Krepold ist fasziniert davon "mit so vielen Menschen und dann auch noch echten Profis in einem Rennen zu fahren". Die Platzierung sei ihm dabei egal, "es geht um die Erlebnisse", sagt er.

Krepold spricht voller Begeisterung, wenn er von der Tour erzählt, er redet viel, und mit jedem seiner Sätze wird die Leidenschaft deutlicher, mit der er dieses Hobby betreibt. Das ist ja auch das Wichtigste für Veranstaltungen wie die Transalp: Die Leidenschaft der Teilnehmer. Das Startgeld beträgt immerhin 595 Euro.

Im Laufe der Jahre, sagt Jörg Waldmann, sei die Tour schon kommerzieller geworden. Es klingt nicht wie ein Vorwurf, schließlich hat die Professionalisierung der Organisation auch ihre guten Seiten: Bei der ersten Tour, erzählt er, hat er sich wie viele andere Teilnehmer ein paar Mal verfahren, weil an einigen Abzweigungen Schilder fehlten. "Dann ist man halt ins nächste Dorf gefahren und hat gefragt, wo es weitergeht", sagt er.

Heute wäre das undenkbar. Das Umfeld ist auf alles vorbereitet, jeden Abend, gleich nach der Pasta-Party, findet das "Briefing" statt, in dem die Etappe des folgenden Tages besprochen wird.

Wer möchte, kann in Hotels übernachten und mit Transfer-Service zur Strecke. "Früher haben wir einfach alle in Turnhallen geschlafen", sagt Waldmann und denkt dann doch, dass die Tour früher besser war, "heute ist alles ein bisschen zu professionell".

Ob er kommendes Jahr wieder mitfährt, weiß er noch nicht, sagt Waldmann, doch es klingt so, als könnte es heuer sein letztes Mal sein. Für Krepold dagegen steht das außer Frage: Die Transalp-Tour ist ein fester Bestandteil seines Kalenders. Man kann ihn durchaus verstehen: Wie kommerziell die Tour auch sein mag - die Herausforderung bleibt die gleiche.

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